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Luzern

Pilzsaison: Bei ihm fliegen die Doppelgänger auf

Wer sich unsicher ist, ob die gefundenen Pilze essbar sind oder nicht, dem empfiehlt sich ein Gang zum Pilzkontrolleur René Zopp ins Natur-Museum in der Stadt Luzern. Zumal es geniessbare und falsche Eierschwämme gibt.
René Zopp begutachtet an diesem Abend rund 20 Kilogramm Pilze. (Bild: Pius Amrein, Luzern, 8. Oktober 2018)
Einige Besucher müssen viel Geduld mitbringen - eine Wartezeit von bis zu 30 Minuten ist heute angesagt. (Bild: Pius Amrein, Luzern, 8. Oktober 2018)
Um die Pilze einzuordnen, bleibt manchmal nur der Aufschnitt des Pilzes übrig. Réne Zopp scheut sich auch nicht davor, gleich ein Stück davon zu probieren. (Bild: Pius Amrein, Luzern, 8. Oktober 2018)
Klein und Gross schauen gerne bei Zopps Inspektion zu. (Bild: Pius Amrein, Luzern, 8. Oktober 2018)
Die genauen Strukturen des Pilzes werden betrachtet, um die Pilzart zu bestimmen. (Bild: Pius Amrein, Luzern, 8. Oktober 2018)
6 der 30 Kilogramm geprüften Pilze landen im Abfall. (Bild: Pius Amrein, Luzern, 8. Oktober 2018)

Chiara Zgraggen

Chiara Zgraggen

Chiara Zgraggen

Chiara Zgraggen

Chiara Zgraggen

Chiara Zgraggen

«Essbar, aber kein Super-Pilz»; «Den müssen Sie zwei Mal zwanzig Minuten abkochen»; «Alles unbrauchbar.» Diese Kommentare dringen Montag für Montag aus dem Kursraum im Natur-Museum Luzern. Die Stimme gehört René Zopp, der seit nunmehr 25 Jahren den Inhalt der Körbe der Pilzler kontrolliert. Zu seiner Tätigkeit sagt er: «Ich wurde Pilzkontrolleur, weil mein alter Mentor gestorben war. Da es nur zwei oder drei andere Kontrolleure in Luzern gab, hat man damals mich angefragt», erklärt der 64-Jährige, der hauptberuflich im Betagtenzentrum Viva Luzern als Koch arbeitet. Mit jungen 17 Jahren verliess er den Kanton Uri, «um mal rauszukommen», wie er sagt – und wurde im Kanton Luzern heimisch.

Dass er rund zwei Stunden später mehr als 30 Körbe voller Pilze kontrolliert haben wird, ahnt er noch nicht. Insgesamt wird er 20 Kilogramm in die Hände nehmen, um 6 davon wegzuwerfen.

Italiener mit Koffern voll Pilzen in der Kontrolle

Vor rund zwei Wochen berichteten wir an dieser Stelle über sogenannte Pilztouristen (Ausgabe vom 21. September). Wir fragen Zopp, ob ihn diese Pilzler stören? «Nein, das gab es schon früher. Aber einige interessante Erlebnisse hatte ich schon», sagt er und steht auf. «Mit so grossen Koffern», seine Arme gehen auseinander, «mit so grossen gefüllten Koffern kamen schon Leute aus Italien zu mir in die Kontrolle», erzählt Zopp.

Viel Zeit zum Erzählen bleibt jedoch nicht mehr – bereits zehn Pilzler warten vor der Tür darauf, ihre Fundstücke vom Experten prüfen zu lassen. Pünktlich um 17 Uhr strömen sie in den kleinen Unterrichtsraum im Natur-Museum Luzern.

«Solch einen Pilz habe ich noch nie gesehen. Deshalb dachte ich mir, ich müsse ihn einfach zeigen kommen», erklärt eine 60-jährige Frau ihre Anwesenheit. Ob sie ihn später verzehren kann, ist noch ungewiss. «Bereits als Kind war ich im Wald und habe Pilze gesammelt», sagt sie, die zum zweiten Mal ihren Fund dem Kontrolleur vorlegt. Sie bereite insbesondere gerne Pilzrahmsaucen zu. Aber nur, wenn sie sich sicher sei, um welchen Pilz es sich handle. «Sie hat mich bisher noch nicht vergiftet», versichert ihr Mann mit einem Lachen. René Zopp beugt sich über die Pilze und schnell wird klar: Ihre heute mitgebrachten Pilze darf sie bedenkenlos zubereiten.

«Solch einen Pilz habe ich noch nie gesehen. Deshalb dachte ich mir, ich müsse ihn einfach zeigen kommen»

Pilzlerin aus Luzern

Kurz darauf betritt eine ältere Frau den Raum und legt gut 50 vermeintliche Eierschwämme auf den Tisch. «Alles ungeniessbar», sagt der Fachmann knapp. Auf den ungläubigen Blick der Frau folgt die Erklärung. «Fast bei jedem Pilz gibt es einen Doppelgänger. So auch bei diesem», so der Experte. «Man nennt ihn sogar falschen Eierschwamm», führt er weiter aus. Ob man denn diesen falschen Eierschwamm nicht essen könne, will die Sammlerin wissen. «Durchaus – aber bei den ungeniessbaren Pilzen ist es wie bei Fleisch. Sie können ein Plätzli braten und verspeisen. Sie können aber auch Karton braten und essen.» Enttäuscht verlässt die ältere Dame mit einem leeren Weidenkorb den Raum. Die Zeit rennt, der Abfallkorb füllt sich. Bei den meisten sind die Körbe nach der Überprüfung durch den Experten leichter geworden.

Pilzverein hat Nachwuchsprobleme

René Zopp wird später im Pilzverein Luzern den Anwesenden erklären, wie man falsche Eierschwämme von richtigen unterscheidet. Dafür ist der Verein unter anderem da. Besucht wird er vorwiegend von älteren Semestern. «Es stimmt schon, dass die meisten Mitglieder im Pilzverein älter sind. Aber das Interesse der Jungen ist da», ist Zopp sich sicher.

Diese Aussage wird rasch bestätigt. Sogleich konsultieren zwei knapp volljährige Männer die Kontrollstelle. «Als wir im Wald waren, haben wir diese speziellen Pilze entdeckt. Wir sind da, weil wir wissen wollen, um welche Art von Pilz es sich handelt. Nicht, weil wir ihn essen wollen», erzählen sie. Der seltene Fund der beiden überrascht gar René Zopp. Auch diese Pilze will er den Vereinsmitgliedern zeigen – und lädt die beiden prompt ein, ebenfalls mit von der Partie zu sein. Sowieso rät Zopp allen Pilz-Anfängern, einem Pilzverein beizutreten, weil da Wissen vermittelt wird und gemeinsame Exkursionen stattfinden.

Steinpilze landen gerne auf den Tellern

Zum Schluss der Kontrollstunde betritt eine junge Frau den Raum. «Ich habe das erste Mal Pilze gesammelt. Der Fund ist aber wahrscheinlich eher nichts», sagt sie bescheiden. Als René Zopp ihr mitteilt, dass sie Steinpilze und Marronen vor sich hat, ist die Freude über den ersten und sogleich erfolgreichen Fund gross. «Dann gibt es heute mal wieder mein Lieblingsessen – Steinpilzrisotto», sagt sie noch auf der Türschwelle. Etliche Körbe voller Pilze wurden heute begutachtet. Erstaunlich, wie schnell René Zopp erkennt, um welche Pilzart es sich handelt. Vor allem angesichts dessen, dass es in Europa über 10000 Grosspilze gibt.

Welcher ist Zopps Lieblingspilz? «Grundsätzlich gibt es einige Pilzarten, die ich gerne mag. Darunter Steinpilze oder Schopftintlinge. Oft dörre ich die Pilze. Einige verschenke ich an Weihnachten. Und die anderen werden einem Risotto beigegeben.»

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