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Auslandschweizer Ruedi Wiedler: «Pilatus hat mein Leben geprägt»

Seine Abenteuer als unerschrockener Pilot auf den schwierigen Pisten in Peru gäben Stoff für einen Film her. Momentan arbeitet der Auslandschweizer Ruedi Wiedler in Stans bei den Pilatus Flugzeugwerken am PC-24.
Ruedi Wiedler bei seiner Arbeit bei den Pilatus-Werken im Rumpf eines PC-24. (Bild: Corinne Glanzmann (Stans, 12. Juni 2018))

«Dass ein Pilot ‹Nieten schletzt›, bringt manche Leute hier schon zum Staunen», sagt Ruedi Wiedler mit einem Schmunzeln an seinem temporären Arbeitsplatz bei den Pilatus Flugzeugwerken in Stans. Das ist angesichts der Situation des Auslandschweizers aber nicht überraschend. Wiedlers Leben darf man nämlich getrost als filmreif bezeichnen.

Der 63-Jährige, der auf dem Land in Horgen aufwuchs, und ursprünglich Autolackierer gelernt hatte, arbeitete bereits Anfang der 1980-er Jahre bei Pilatus, vertiefte seine Kenntnisse über Flugzeuge permanent und machte auch den Pilotenschein. Verwaltungsratspräsident Oscar J. Schwenk, damals Produktionschef, erinnert sich noch gut an den Moment, als Ruedi Wiedler in seinem Büro stand und sich mit seinem Vorhaben, nach Südamerika auszuwandern, verabschiedete: «Ich wünschte ihm alles Gute und dachte, dass er wohl bald wieder zu Pilatus zurückkommt. Was er in all den Jahren erreicht und wie viel er für sein Lebensziel gearbeitet hat, ist erstaunlich und freut mich für ihn sehr!»

Gefährliche Einsätze für die Anti-Drogenbehörde

Es war 1988, als Ruedi Wiedler nach Peru auswanderte und dort Flugzeuge flickte oder wartete. Irgendwann kaufte er einen schwer beschädigten Pilatus Porter PC-6 und baute diesen wieder komplett auf. Mit dem PC-6 machte er bis heute rund 10000 Flugstunden, erlebte unzählige Abenteuer und wurde zum gesuchten Piloten im Amazonas-Gebiet. «Ich wurde bekannt und habe mir einen Namen gemacht, weil ich mit den schwierigen, kurzen, glitschigen Pisten hoch oben in den Anden umgehen kann. Das braucht schon viel Erfahrung», erklärt Ruedi Wiedler. Junge Piloten hier in Europa hätten kaum mehr die Möglichkeit, solche Erfahrungen zu machen, weil die meisten Pisten sehr gut ausgebaut und sehr sicher seien. «Wer meint, es gebe hier noch wilde Pisten, darf gerne mal zu uns nach Peru kommen.»

Ruedi Wiedler lebt heute in Pucallpa, einer Stadt mit gut 200000 Einwohnern im Amazonasgebiet Perus. Dort führt er seine Firma Amazon Aviation Service, einen staatlich zertifizierten Unterhalts- und Verkaufsbetrieb für Flugzeuge und Helikopter, in dem bis 14 Personen arbeiten. Und natürlich hebt er ab: Bis 30 Prozent seiner Arbeitszeit ist er in der Luft. Zum Beispiel in einem PC-6 der internationalen, von den USA geführten, Anti-Drogenbehörde. «Nicht ungefährlich, dabei kann man durchaus auch mal beschossen werden. Wenn man eine Plantage mit Kokapflanzen überflogen hat, darf man einfach nie wenden und nochmals darüberfliegen», erzählt Ruedi Wiedler seelenruhig. Daneben nimmt auch die peruanische Armee seine Dienste in Anspruch. So wird er nach seiner Rückkehr aus der Schweiz auf einem von seiner Firma nach einem Unfall total revidierten PC-6 drei peruanische Luftwaffenpiloten ausbilden.

Die Schweiz ist teuer geworden

Doch warum arbeitet der gestandene Pilot und Firmeninhaber nun für zwei Monate bei Pilatus in Stans im Strukturbau für den neuen PC-24? Seine peruanische Frau Nayra und seine drei Kinder im Alter von 2, 7 und 12 Jahren hätten zwar den Schweizer Pass, seien aber noch nie hier gewesen, erklärt Ruedi Wiedler, der selber letztmals vor 14 Jahren in der Schweiz war. «Ich will, dass sie die Schweiz richtig fühlen und nicht nur Kurzferien mit Fondue und einigen Ausflügen erleben. Und sie sollten endlich meine Mutter kennen lernen.» Zwei seiner Kinder gehen deshalb auch in Obernau, Kriens, wo er am Weg Richtung Eigenthal ein Landhaus gemietet hat, in die Schule. «Weil ich aber nicht einfach die ganze Zeit herumsitzen wollte, habe ich mit Pilatus Kontakt aufgenommen. Ich wollte sehen, wie sich die Firma weiterentwickelt hat und insbesondere interessierte mich natürlich der PC-24.» Er habe immer sehr gerne an seine Zeit bei Pilatus zurückgedacht und die Firma für ihren Innovationsgeist bewundert.

Zudem koste der Aufenthalt in der Schweiz Tausende von Franken. Tatsächlich sei ihm aufgefallen, wie teuer die Schweiz geworden sei. Die Differenz zwischen Lohn und Lebenskosten sei sehr geschrumpft, zum Beispiel durch die stark gestiegenen Krankenkassenprämien. «Für Familien mit Kindern ist das Leben hier härter geworden. Trotzdem empfinden wir die Schweiz wie einen Mustergarten: sauber, freundlich und mit einem funktionierenden System.»

Die Pension ist noch weit entfernt

Dass Pilatus bekannt gegeben hat, die Produktion des ehrwürdigen PC-6 auf 2019 hin einzustellen, ist für einen wie Ruedi Wiedler schwer zu verdauen. «Die vielen Erlebnisse, die ich in den zahlreichen Flugstunden hatte, verbindet mich natürlich auch emotional mit dem PC-6.» Trotzdem verstehe er den Entscheid. Weil die Pisten überall besser geworden seien, brauche es den Flieger halt weniger und die Bestellungen aus Drittweltländern reichen eben nicht für eine grössere Serienproduktion. «Ich vermute aber, dass der Preis für gut erhaltene PC-6 nun steigen wird, schliesslich ist es halt doch ein Spezialflieger, der mit seinen Eigenschaften sogar als Ersatz für Helikopter dienen kann.» Für ihn selber sei ein Wechsel auf einen anderen Typ oder gar eine andere Marke kein Thema. «Pilatus hat mein Leben geprägt und ich spüre den PC-6 mittlerweile so gut, dass ich die unmöglichsten Dinge damit machen kann.»

Begeistert ist Ruedi Wiedler auch vom neuen Business Jet PC-24. «Ich könnte mir vorstellen, dieses Flugzeug in Peru zu verkaufen. Das Konzept ist geeignet für uns, das könnte auf offene Ohren stossen.» Das werde aber vom Endpreis abhängen, wenn die Serienproduktion mit Roboterfertigung richtig im Gang sei. Bei seiner Arbeit im Strukturbau sei höchste Präzision gefordert. «Da muss man permanent auf der Hut sein. In der ersten Woche musste auch ich als Fachmann ‹den Gurt etwas anziehen›, aber es lief schliesslich besser als gedacht», freut er sich.

Geflogen ist er noch nicht im PC-24. Ruedi Wiedler lächelt. «Wer weiss, das kommt vielleicht noch.» Zeit hat er ja noch. Während in seinem Alter viele an die nahende Pension denken, ist das für ihn noch weit weg. «Ich werde erst pensioniert, wenn ich in die Kiste falle.» So lange er die flugmedizinischen Untersuchungen schaffe, fliege er weiter. Die Untersuchungen alle sechs Monate seien übrigens streng, je älter desto härter. Ab 60 werde man richtig auseinander genommen. «Aber auch wenn der Luftraum immer enger wird und es nicht mehr so romantisch ist wie früher: Fliegen ist einfach ein pures Glücksgefühl», strahlt Ruedi Wiedler.

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