Marion Wannemacher
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Nein, sie bereuen ihre Entscheidung nicht. Auch wenn es Franzi Baier und Antonio Betzu im Moment nicht leicht haben, sind sie voller Zuversicht. Die neuen Pächter des Restaurants Gemsy in Melchsee-Frutt sagen:
«Wir dürfen zurzeit die Gäste des Frutt Mountain Resorts bewirten. Die paar, die kommen, geben uns die Chance, bis zum Sommer zu überleben.»
Nur genau zwei Wochen im Dezember war ihr Lokal offen.
Im Mai vergangenen Jahres hatten sie sich auf Anfrage um die Pacht beworben und sich seit September auf die Eröffnung vorbereitet. Beide arbeiteten vier Jahre im Service der Frutt Lodge beziehungsweise Family Lodge, zuletzt als Chef de Service. Die gebürtige Dresdnerin ist seit 17 Jahren in der Gastronomie tätig. Antonio Betzu arbeitete unter anderem als Restaurantmanager in London.
Kulinarische Spezialitäten aus der sardischen Heimat
Mit ihrem Konzept stossen sie in eine kulinarische Lücke. Antonio Betzu stammt gebürtig aus Sardinien und bietet italienische und sardische Spezialitäten an, darunter Moscardini, Moschuskraken in Tomaten-Sugo oder Fregola Sarda, kleine Pastakügelchen oder Gnocchetti Sardi. Mittlerweile mussten die beiden Pächter jedoch zwei von drei Köchen entlassen, im Team geblieben ist der Koch aus Betzus Heimat.
Froh ist das Paar um die Kurzarbeitsentschädigung. Entschädigungen für Coronahärtefälle gebe es für sie nicht, weil sie sich erst nach dem Stichdatum zur Betriebseröffnung entschlossen hatten. Trotzdem für beide kein Grund, den Kopf hängen zu lassen. Sie verkaufen ihre Menus über Take-away und gefrorene Portionen hausgemachter Pasta zu moderaten Preisen im Dorf-Lädeli. Diese kämen bei den Bewohnern der Ferienwohnungen gut an, betont Franzi Baier:
«Die positiven Feedbacks ermutigen uns.»
Die Idee dazu sei bei einer gemeinsamen Flasche Wein mit Isabel Kretz, der Geschäftsführern des Lädeli, entstanden.
Solidarität auf der Frutt wird gross geschrieben
Überhaupt zeigt sich das Paar angetan von der Solidarität auf der Frutt. «Als unsere Schneefräse stecken blieb, schleppte uns der Nachbar Philippe Boren vom ‹Posthuis› ab. Statt neu einzukaufen, kauft man sich hier oben die Ware gegenseitig ab, um sich zu unterstützen. Im Lädeli wird für alle Take-aways der Restaurants hier oben Werbung gemacht», berichtet Franzi Baier.
Auch hat sich das Ehepaar Lochmatter per Telefon nach ihnen erkundigt. Hanny und Fredy Lochmatter hatten das Hotel Gemsy 23 Jahre lang geführt und waren im Dezember 2016 in den Ruhestand gegangen. Zu ihrem Beschluss hatte der Verkauf des Hotels an die Frutt Resort AG beigetragen. Das Hotel wurde 1973 von Alois Baumann eröffnet und 1975 an Markus Reinhard verkauft. 1984 kaufte es Arnold Hess, der es 1993 komplett erneuerte und 2015 an die Frutt Resort AG verkaufte. Zwei Jahre nach deren Übernahme wurde es geschlossen und zu Beginn der Wintersaison an die Brüder Brian und Mike McCardell aus Kerns verpachtet.
Seit 2018 sind im Hotel Mitarbeiter der Frutt Resort AG untergebracht, es gibt keinen öffentlichen Hotelbetrieb mehr. Das Hotel ist dem Tunnel angeschlossen, der die beiden Gebäude des Frutt Mountain Resorts miteinander verbindet (ehemals Frutt Lodge und Family Lodge). Die Zusammenarbeit der Hotels soll künftig in der Ausrichtung des gastronomischen Angebots intensiviert werden. Das Frutt Mountain Resort wird von Kempinksi geführt und gehört ebenfalls der Frutt Resort AG. Hinter dieser steht unter anderem der chinesische Investor Yunfeng Gao.
Das deutsch-sardische Duo arbeitet engagiert am eigenen Traum. «In der Zwischenzeit entwickeln wir die Sommerkarte», berichtet Franzi Baier. Sie glauben an ihren Erfolg trotz Corona. Und sie haben noch grössere Ziele: «Wir wünschen uns, auch das Hotel irgendwann führen zu können, wenn es renoviert ist», sagt die 33-Jährige. Die Frutt lieben beide gleichermassen, wie Franzi Baier sagt:
«Wir wollen hier bleiben und hier alt werden.»