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Luzern

«Ohne Staatsgelder müssten wir irgendwann bei der Redaktion sparen»: Das sagen hiesige Zeitungen zum Medienpaket

Das Medienpaket ist umstritten. Wieso brauchen die Zentralschweizer Zeitungen höhere Subventionen? Und müssten sie ihre Produkte bei einem Nein effektiv einstellen? Wir haben nachgefragt.
Nicht nur die gedruckten Zeitungen der Zentralschweiz sollen gefördert werden, sondern auch ihre Online-Inhalte. (Bild: Pius Amrein (1. März 2021))

Niels Jost

Niels Jost

Wer sich über das Geschehen in der Zentralschweiz informieren möchte, dem stehen diverse Medien zur Verfügung. Doch diese Vielfalt könnte verloren gehen, warnen die Befürwortenden des Mediengesetzes, das am 13. Februar an die Urne kommt. Werbeeinnahmen würden zu Tech-Giganten abwandern und immer weniger Leute seien bereit, für Inhalte zu bezahlen. Allein in den vergangenen 15 Jahren sind in unserer Region mehrere Titel verschwunden, etwa die «Obwalden und Nidwalden Zeitung», der «Wiggertaler Bote», der «Rigi Anzeiger» oder die «Zentralschweiz am Sonntag».

Bund und Parlament wollen hier Gegensteuer geben. Sie sehen sowohl bestehende Fördermittel (etwa günstigere Zustellung oder Ausbildung von Journalisten) als auch neue Massnahmen (etwa die Frühzustellung oder Online-Förderung) vor, wie diese Grafik zeigt:

Die Massnahmen seien so ausgelegt, dass sie insbesondere kleinen und mittleren Verlagen helfen würden. Das sieht die Gegnerschaft anders. Vor allem die drei grossen Player – Ringier, TX Group und CH Media, zu der auch diese Zeitung gehört – würden profitieren. Generell kritisiert sie die Unterstützung privater Unternehmen. Diese würden ihre Unabhängigkeit verlieren.

«Quatsch», sagt Raphael Aeschbacher vom Medienhaus Gisler 1843, welches das «Urner Wochenblatt» herausgibt. Die indirekte Medienförderung gebe es seit über 170 Jahren. «Vom Staat spüren wir keine Beeinflussung.» Aeschbacher hält es für legitim, den Journalismus zu fördern: «Medien leisten einen Beitrag zur Demokratie.»

Günstigere Zustellung läuft auf Nullsummenspiel heraus

Das «Urner Wochenblatt» würde primär von der vergünstigten Postzustellung und den Online-Fördermitteln profitieren. Dasselbe ist von den anderen Verlagen der Zentralschweiz zu hören, wie eine Umfrage unserer Zeitung zeigt. Bei den Posttaxen bezeichnen sie es jedoch als Nullsummenspiel. Bei einem Ja würde die Post den Verlagen zwar pro zugestellter Zeitung weniger verrechnen, gleichzeitig plant sie bis 2025 einen Preisaufschlag – unabhängig vom Ausgang der Abstimmung. «Die zusätzliche Förderung würde damit weggefressen», sagt Pascal Kaiser, Verleger der Küssnachter Lokalzeitung «Freier Schweizer». «Bei einem Nein tragen wir die Mehrkosten. Diese müssten wir früher oder später an die Abonnentinnen und Abonnenten weitergeben.»

Mehr Nutzen sehen die kleinen und mittelgrossen Verlage in der Online-Förderung. Das Geld würden sie für den Auf- respektive Ausbau ihres Onlineauftritts brauchen. «Das verschlingt wahnsinnig viele Ressourcen», erklärt Roland Meyer, Verlagsleiter des «Anzeigers vom Rottal». Die Ansprüche der Leserschaft seien sehr hoch. Zudem verändere sich die Technik rasant, was Neuinvestitionen nötig mache.

Beim «Boten der Urschweiz» sind die digitalen Angebote bereits stärker etabliert. Verlagsleiter Martin Schmidig sagt jedoch: «Aktuell gibt es kein digitales Modell im Journalismus, das in einer so kleinen Region wie der Zentralschweiz rentabel ist.» Dafür sei der Werbemarkt zu klein; die Online-Einnahmen könnten die Ausfälle beim Print nicht wettmachen. «Ohne Staatsgelder müssten wir irgendwann bei der Redaktion sparen oder die Abopreise erhöhen.»

Verleger sehen Vorlage auch kritisch

Die Umfrage zeigt: Alle Zentralschweizer Zeitungen unterstützen die Vorlage. Logisch, könnte man meinen, schliesslich winkt ihnen ein schöner Batzen. Doch es gibt auch kritische Stimmen. «Als Unternehmer widerstrebt es mir eigentlich, die Wirtschaft zu subventionieren», sagt Patrick Ineichen, Verwaltungsratspräsident der Surseer Woche AG. Aber: «Die Gesellschaft ist immer weniger bereit, für Journalismus zu bezahlen.» Dies sei aus demokratiepolitischer Sicht schlecht. Das Medienpaket könne hier finanziellen Druck von den Medien nehmen. Ineichen sieht es als Kompromiss: «Die Steuergelder fliessen in den Qualitätsjournalismus und kommen so den Bürgerinnen und Bürgern wieder zugute.»

Auch CH-Media-Verleger Peter Wanner sehe «aus liberaler Sicht» die direkte Medienförderung des Online-Bereichs kritisch. Zudem sei es ein Fehler, grosse Gratis-Onlineportale wie nau.ch oder watson.ch – Letzteres gehört zu CH Media – nicht zu fördern. Doch auch Wanner ist für die Vorlage. Er sagt: «Das Medienpaket ist ein Kompromiss.»

Zur Kritik der Gegnerschaft, es würden Steuergeschenke an millionenschwere Unternehmen gemacht, sagt er: «Das Geld landet nicht in meinem Sack.» Bei den CH-Media-Zeitungen würden die Fördermittel in drei Bereichen eingesetzt. Ein Teil komme der Kundschaft zugute, indem nicht jedes Jahr die Abopreise erhöht werden müssten. Investiert werde zudem in die digitale Infrastruktur. Mit dem Rest würden die rückläufigen Werbe- und Aboeinnahmen abgefedert.

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