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Nidwalden

«Ohne Rolf» hat Einiges mitzuteilen: «Wir sind sprachlos, aber mit 1000 Worten»

Das Zentralschweizer Komikerduo meldet sich zurück. Und das gleich mit einem Fernsehauftritt bei der SRF-Satireshow «Deville».
Das Duo «Ohne Rolf» kehrt auf die Bühne zurück. (Bild: PD)

Romano Cuonz

Christof Wolfisberg und Jonas Anderhub starteten die Karriere als «Ohne Rolf» in Stans. Ihr neues Stück nach Corona titeln sie «Jenseitig».

Bekanntheit erlangte «Ohne Rolf» in Nidwalden. Warum wurde gerade dieser kleine Kanton zur Startrampe für euch? Christof Wolfisberg: Ich bin da aufgewachsen und zur Schule gegangen. Wohl deshalb engagierte man uns mit unseren schrägen Plakatspielereien, den absurden Kalauern, Wortverdrehungen und pointierten Dialogen 1999 als Moderatoren für die Stanser Musiktage. Dort entdeckte uns das Publikum.Jonas Anderhub: Den Kindergarten besuchte ich im Nidwaldner Dorf Hergiswil, bevor wir nach Luzern zogen. Und in Nidwalden wurde von uns auch die Idee, wie man sie im Leben nur einmal hat und die auch heute noch funktioniert, lanciert. In Stans begann unsere Zusammenarbeit, die nun schon 21 Jahre Bestand hat!Corona führt bei vielen Kleinkünstlern zu Depressionen. Wie geht es «Ohne Rolf» in der Krise?Jonas Anderhub: Natürlich haben auch wir den Koller und wünschen uns Öffnungen. Ein grosses Glück aber ist, dass wir für 20 geplante und abgesagte Auftritte vom Kanton Corona-Entschädigungen erhielten. Damit kamen wir über die Runden.Christof Wolfisberg: Wir wissen, dass wir uns gegenüber weniger etablierten Kolleginnen und Kollegen in einer privilegierten Ausgangslage befinden. Auch wenn wir teilweise vom Ersparten zehren müssen:

Die Zwangspause kam und kommt uns sogar gelegen. Wir haben viel Zeit und wenig Ablenkung.

Sind zusammen mit Regisseur Dominique Müller intensiv am Erarbeiten unseres neuen nun schon 5. Stückes.Darf man euch bei der Probenarbeit im Luzerner Atelier ein wenig über die Schultern gucken?Jonas Anderhub: Noch bleiben die Türen zu. Doch so viel verraten wir: In «Seitenwechsel», unserem letzten Stück, starb ich, und Christof blieb am Schluss allein auf der Bühne. Traurig und einsam. Und genau da knüpft unsere neue Geschichte, die wir im Stück «Jenseitig» erzählen, an.Christof Wolfisberg: Was passiert mit den Zurückgebliebenen, wenn sie allein sind? Ein zeitloses Thema. Zwar kann man sich daran, gerade jetzt, wo es durch Corona noch mehr Aktualität erlangt hat, die Finger verbrennen. Doch wir führen es ad absurdum. Suchen die Komik am Ganzen. Anders gesagt: Wir möchten mit einer gewissen Leichtigkeit auf schwierige Themen schauen. Sie spannend herüberbringen. Im besten Fall poetisch.Euer einfaches Format und die Mischung aus absurdem Theater und philosophischem Kabarett haben bisher immer funktioniert. Gilt bei euch die Devise «never change a running system» auch beim aktuellen, heiklen Thema?Christof Wolfisberg: Wir setzen Vertrauen in unsere Plakate. Glauben, dass wir damit endlos Geschichten erzählen können. Es ist ein bestimmtes Genre. Und diesem bleiben wir treu. Das bedeutet aber nicht, dass wir darauf verzichten, immer auch neue Möglichkeiten auszuloten. Im letzten Programm beteiligten wir Zuschauer auf der Bühne. Auch diesmal darf man auf Überraschungen gespannt sein.Jonas Anderhub: Moderne Medien wie Videobeamer würden die Leute in einem Programm «Ohne Rolf» kaum goutieren. Wir bleiben bei Papier und Tinte. Die Magie besteht darin, dass das Publikum ständig mitlesen und auch mitdenken darf.Mit Proben befindet ihr euch in der Endphase. Am 21. April ist im Luzerner Kleintheater die Premiere angesagt. Glaubt ihr wirklich daran?Jonas Anderhub: Wir blicken gespannt nach Bern, ob und wann die 50er-Grenze für Theaterbesuche kommt. Schon dies wäre für uns ein positiver Entscheid. Auch wenn eine Premiere mit 50 Leuten nicht das Gleiche ist wie ein volles Kleintheater «Ohne Rolf». Wir sind ja stumm, brauchen also das Publikum für den Ton. Doch in der Haut des Bundesrates stecken möchte ich nicht. Es gibt so viele verschiedene Standpunkte.Was, wenn die Premiere und die Aufführungen in Luzern doch noch wackeln oder abgesagt werden?Jonas Anderhub: Nun, die Tour mit «Jenseitig» steht. Sollte die Premiere in Luzern ins Wasser fallen, würde sie halt später in Zürich oder St.Gallen stattfinden. Eines versprechen wir aber: Wir werden auf jeden Fall nach Luzern und in die Innerschweiz zurückkehren.Ich behaupte, dass «Ohne Rolf» momentan den Beifall des Publikums vermisst.Jonas Anderhub: Megaschön an unserem Beruf ist, dass wir ihn gerne ausüben und dafür erst noch viel Beifall erhalten. Obendrein noch Gagen oder gar Preise. Das ist schon ein Luxus. Wenn ich denke, dass sich das Spitalpersonal nach unermüdlichem Corona-Einsatz mit einem Klatschen vom Balkon begnügen muss, aber weder eine Lohnerhöhung noch einen Preis erhält! Ja, wir sind schon privilegiert.Stichwort Preise: Davon habt ihr wahrlich schon viele. Aber bedeuten Pokale vom Erfolg so verwöhnten Kleinkünstlern überhaupt noch etwas?Christof Wolfisberg: Unser wichtigster Preis war auch der erste: der Schweizer Innovationspreis SurPriX 2004. Damals wurden viele Veranstalter auf uns aufmerksam und von da an ging es aufwärts. Der Jury- und TV-Prix Pantheon 2007 war ein Türöffner für Deutschland. Heute sind Preise für uns vor allem dann wertvoll, wenn sie finanziell grosszügig dotiert sind. Das Geld kann man dann in die Produktion investieren. 2018 ermöglichte mir ein Ob- und Nidwaldner Werkbeitrag, ein eigenes Soloprojekt zu realisieren. Dieses habe ich nun schon 30-mal aufgeführt.Ein Wiedersehen mit «Ohne Rolf» gibt es schon am Sonntag. In «Devilles» TV-Late-Night-Show. Nervös?Jonas Anderhub: Ein bisschen Lampenfieber haben wir immer. Bei «Deville» bekommen wir drei Minuten. Dies ist für uns, die wir sonst an einem Abend während zweimal 45 Minuten ganze Geschichten erzählen, ein ungewohnt kurzes Format. Daran müssen wir hart arbeiten. Sich kurzzufassen ist unglaublich schwierig.Christof Wolfisberg: Jedenfalls kommt uns der Auftritt sehr gelegen. Wir können uns einem grossen Publikum zeigen und in Erinnerung rufen, dass es uns noch gibt. Leider fehlt uns auch da die wichtige Reaktion des Publikums. Man hört uns höchstens blättern. Unsere Darbietung wirkt wie ein Stummfilm. Es ist eine Herausforderung, unter solchen Bedingungen zu spielen. Unser Thema verraten wir nicht. Der Vorhang fällt erst am Sonntag spät abends.Als euch das Innerschweizer Atelier in New York zugesprochen wurde, habt ihr beschlossen, nach der Landung sieben Tage, 24 Stunden kein Wort zu sprechen. Hält man so etwas Verrücktes durch?Jonas Anderhub: Aufgrund dieser Aktion wurden wir nachträglich zu einem Aphasie-Experiment eingeladen. Prominente sollten einen Tag lang darauf verzichten, zu sprechen und über ihre Erfahrungen berichten. Mit einem soeben erschienene Buch will man die Öffentlichkeit auf die wenig bekannte Sprachstörung aufmerksam machen und Verständnis für die Situation der Betroffenen wecken. Wir hatten das Experiment auf eine Woche ausgedehnt. Hatten uns nur mit blauem und schwarzem Stift über Block und Papier unterhalten. Zugegeben: Ab und zu fielen wir aus der Rolle. Doch wir machten interessante Erfahrungen: Die Leute in der U-Bahn dachten wohl, dass wir gehörlos seien.Und: Hat die Übung für eure Arbeit etwas gebracht? Oder doch wenigstens Spass gemacht?Christof Wolfisberg: Spass gemacht ganz sicher. Wir haben die Form, die wir auf der Bühne praktizieren, für einmal im Alltag ausprobiert. Da ist stapelweise beschriebenes Papier entstanden.

Die Erfahrung, wie es einem ergeht, was man vermisst, wenn man nicht sprechen kann, war auch für uns neu.

Aber wir erkannten, dass bei unseren Dialogen viel Blabla dabei war. Daraus hätte man noch kein Bühnenstück machen können.Apropos New York: Wie hält es «Ohne Rolf» eigentlich mit fremdsprachigen Plakaten? Euer Format müsste doch auch Englisch funktionieren.Christof Wolfisberg: Englisch gibt es uns tatsächlich noch nicht. Aber wer weiss? Immerhin haben wir vor ein paar Jahren unser erstes Stück auf Chinesisch übersetzen lassen. Und wir stellten im fernen Asien fest: Es funktioniert tatsächlich. Auch eine französische Version gab es schon. Die haben wir in der Romandie zwanzigmal aufgeführt. All das macht Lust auf mehr. Vorläufig aber bleibt dies noch Zukunftsmusik. Unsere Tourneepläne in der Schweiz, in Deutschland und Österreich lassen uns da wenig Spielraum.Das Stück «Jenseitig» ist bald Gegenwart. Doch wie sieht die fernere Zukunft von «Ohne Rolf» aus?Christof Wolfisberg: Wir werden uns wie nach jeder Tournee fragen, ob wir noch Lust haben. Ob wir noch etwas Spannendes erzählen können. Wir sind im ständigen Austausch miteinander.Jonas Anderhub: Ja, es ist wichtig, dass wir uns nicht nur über «Ohne Rolf» definieren. Wenn wir zwischendurch auch eigene Projekte verfolgen, werden wir sogar inspirierender füreinander.Zum Schluss noch vier Begriffe und die Frage: Was fällt euch dazu spontan ein?Corona: Jonas Anderhub: Bitte nächster Begriff!Sprache:Jonas Anderhub: Wir sind sprachlos, aber mit 1000 Worten.Witz:Christof Wolfisberg: Überraschung.Leben: Christof Wolfisberg: Fähigkeit, mit Überraschungen umzugehen.

Am Sonntag, 21. März 2021, tritt das Komikerduo «Ohne Rolf» um 21.40 Uhr in der Late-Night-Show «Deville» auf SRF 1 auf. Die Premiere für das neue Programm «Jenseitig» ist im Kleintheater Luzern am 21. April geplant.

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