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Obwalden

Obwaldner Jung Juizer spielen in Kinofilm von Erfolgsregisseurin mit

Das hat wohl sonst keiner in den Ferien erlebt: Die Jung Juizer durften in Deutschland bei einem Kinofilm über eine kleine Jüdin mitspielen. Schauspieler will aber kaum jemand von ihnen werden.
Andrea Rohrer (links unten) und Petra Vogler (rechts unten) mit «ihren» Jung Juizern. (Bild: Marion Wannemacher (Sachseln, 31. August 2018))
Die Jung Juizer Obwalden durften eine Rolle im Film "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl" übernehmen, hier bei den Dreharbeiten mit Regisseurin Caroline Link und dem Jodelgeschwistern Petra und Andrea Rohrer (mitte hinten). (Bild: PD)

Marion Wannemacher

Marion Wannemacher

Die grossen Sommerferien sind Geschichte, immer wieder aber werden Tobias, Nando, Jonas, Miryam, Liliane und wie sie alle heissen auf ihre Ferienerlebnisse angesprochen. Zwölf Kinder von den Obwaldner Jung Juizern durften in einem Kinofilm der deutschen Erfolgsregisseurin Carline Link (Nirgendwo in Afrika, Pünktchen und Anton, Jenseits der Stille) jodeln und mitspielen. Diese verfilmt das preisgekrönte Kinderbuch «Als Hitler das rosa Kaninchen stahl». Der Film soll 2019 vor Weihnachten in die Kinos kommen.

Über eine Zürcher Agentur und schliesslich den Jodelverband erhielten Andrea Rohrer und ihre Schwester Petra Vogler-Rohrer die Anfrage. Das Buch habe ihnen zunächst nichts gesagt, sie lasen es darum zuerst, um eine Entscheidung treffen zu können. Schnell beschlossen beide, mit «ihren» Kindern mitzumachen und stellten einen kleinen Chor aus je sechs Mädchen und Buben zusammen aus fast jedem Dorf in Obwalden.

So ganz klar war den beiden Sachsler Schwestern damals noch nicht, worauf sie sich eingelassen hatten. «Die Vorarbeit war riesig, die Vorgaben eng», erzählt Andrea Rohrer. Kein Kind mit Zahnspange durfte dabei sein, die Mädchen sollten lange Haare haben. Ausserdem wollte die Produktion der Bavaria Filmgesellschaft einen Haufen Papiere mit Personalangaben. Darunter ärztliche Gesundheitszeugnisse, ein Vorstellungsvideo von jedem Kind, eins von der Gruppe, von jedem Kind die genauen Körpermasse, um die Garderobe zusammenzustellen, und und und.

Schauspielern ist harte Arbeit

An einem Montagmorgen in den Ferien ging es dann endlich mit einem Kleinbus Richtung München. Für manchen war schon allein die Reise ein Abenteuer. «Ein Kind war noch nie im Ausland gewesen, brauchte überhaupt erst mal eine Identitätskarte», erzählt Andrea Rohrer. Auch im Hotel hatte noch nicht jeder geschlafen. Tobias Barmettler aus St. Niklausen: «Gut war’s, das Essen und das Buffet im Hotel zum Frühstück und auch das Bett.»

Dass Schauspielern harte Arbeit ist, wissen die Zwölf spätestens nach ihrem Engagement. «Also das Wiederholen, wenn sich jemand verspielt hat, das ist ja schon nervig gewesen», findet der elfjährige Tobias. Seine Chorkollegen stimmen ihm zu. Am ersten Drehtag drehten die Obwaldner Kinder ein Schulreisli in die Berge. Im Film geht es um Anna, eine kleine Jüdin, die mit ihrer Familie in die Schweiz flieht. Sie geht mit ihrer Klasse, in der sie sich fremd fühlt, auf eine Wanderung. Gedreht wurde diese Szene in den bayerischen Alpen bei Garmisch Partenkirchen. «Zehn Mal mussten die Kinder für diese Szene in der prallen Sonne den Berg hochwandern», erzählt Andrea Rohrer. «Es gab drei verschiedene Kameraeinstellungen.»

Sie mussten sich für Schuhe oder Barfuss entscheiden

Da der Film zur Zeit des Zweiten Weltkriegs spielt, trugen die Kinder authentisches Schuhwerk. «Sie mussten sich vor den Dreharbeiten entscheiden, ob sie barfuss spielen oder in Schuhen und durften dann nicht mehr wechseln», erzählt Vogler. «Das hätte sonst zu Fehlern im Schnitt geführt», erklärt Nando Rohrer aus Alpnach. Ohne Blasen ging diese Szene nicht ab. Wie viel Filmminuten werden wohl aus den acht Stunden Drehzeit? «Ich denke drei», sagt Petra Vogler. Nando jedenfalls fand die Picknick-Szene ganz lustig: «Ich ass immer wieder Käse und Brot», erzählt er schmunzelnd. Andere hatten es nicht so gut. «Ich musste immer wieder Brot stibitzen», sagt Liliane Rohrer aus Sachseln.

Im Crash-Kurs lernten die Obwaldner Kinder, was man beim Drehen machen soll und was man nicht darf. «Mäuschen, nicht in die Kamera schauen», habe Regisseurin Caroline Link zu Myriam Kathriner von der Schwendi gesagt. Sie hatte offensichtlich einen Narren an der Neunjährigen gefressen. Aber auch die anderen Kinder beeindruckten die Erfolgsregisseurin: «‹Sie sind einfach Kinder, so echt und natürlich›, sagte sie zu uns», erzählt Andrea Rohrer.

«Für die Kinder war es ein echtes Erlebnis»

Ja, streng sei es gewesen, bestätigen alle unisono. Nach dem ersten Drehtag fielen sie todmüde ins Bett, am nächsten Tag hiess es wieder zeitig antreten. Als es um halb zwei immer noch kein Mittagessen gegeben hatte, beschwerte sich Tobias bei Andrea: «Ich sage dir, wenn es jetzt nichts zu essen gibt, werde ich aber wütend, und meine Kollegen auch.» Als diese auf den Hunger der Kinder aufmerksam machte, hob die Regieassistentin erstaunt die Augenbrauen. Und dann habe es endlich eine Mittagspause gegeben. Beeindruckt zeigen sich Andrea Rohrer und Petra Vogler vom Filmcamp, in dem alle, ob Schauspieler oder kleinere Funktionsträger, miteinander im Freien am Tisch sassen.

Bei so viel Arbeit freuten sich die Kinder natürlich über das Unterhaltungsprogramm in Mittenwald. Ein Besuch in der Waldbadi oder eine Abfahrt mit der Go-Kart-Bahn machte allen Spass. Fazit von Andrea Rohrer nach der Reise: «Für die Kinder war es ein echtes Erlebnis. Die Leute vom Filmteam haben uns gezeigt, dass sie uns schätzen. Das macht den Eindruck, dass manches sehr anstrengend war, wieder wett.» Und wer will nach den Erlebnissen Schauspieler werden? Schweigen in der Runde. «Nein, das ist nicht mein Leben», sagt Tobias und spricht vielen aus der Seele.

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