Marion Wannemacher
Marion Wannemacher
«Gut Ding will Weile haben», kommentierte Beat von Deschwanden, der Vertreter der Gemeindepräsidienkonferenz Obwalden, am Mittwoch an der Pressekonferenz in Kerns die Vorstellung des Konzepts für den neuen Zweckverband. Seit 2016 treiben viele Beteiligte das Projekt eines gemeinsamen Sozialdienstes für Obwalden voran. Bislang haben sich die Gemeinderäte der Obwaldner Gemeinden für dessen Schaffung ausgesprochen und ein entsprechendes Betriebskonzept genehmigt. Im Frühjahr 2022 wird darüber das Stimmvolk befinden. Die Zusammenlegung soll per 1. Juli 2023 erfolgen.
«Das aktuelle System mit sieben eigenständigen Sozialdiensten gelangt immer mehr an seine Grenzen», argumentierte Regula Gerig, Vertreterin der Konferenz der Sozialvorstehenden. Neben der demografischen Entwicklung hätten sich auch die Familiensysteme verändert. Kinder wohnten häufig nicht mehr in der Nähe ihrer Eltern, Leistungsdruck in der Schule und am Arbeitsplatz brächten Menschen in schwierige Situationen. Jede Gemeinde sei mit zahlreichen Aufgaben wie Beistandschaften, Einkommensverwaltungen, Sozialhilfe oder Pflegekindern konfrontiert. Die Obwaldner Gemeinden haben beschlossen, diese Thematik gemeinsam anzugehen.
Nach der Prüfung verschiedener Varianten hatten sich die Gemeinden geeinigt, den Fokus auf einen gemeinsamen Sozialdienst zu richten. Diesem sollen die persönliche und wirtschaftliche Hilfe, die Mandatsführung im Kindes- und Erwachsenenschutzrecht, das Alimentenwesen, die Pflegekinderaufsicht, die Kinderbetreuung sowie Kostengutsprachen im Zusammenhang mit Einrichtungen übertragen werden.
Durch die Zusammenlegung würde der neue Sozialdienst eine Grösse erreichen, die Schwankungen in der Anzahl der zu bearbeitenden Dossiers in jedem Bereich auffangen soll. Weiterhin soll jede einzelne Gemeinde für Jugend- und Altersarbeit und Integrationsförderung zuständig bleiben. Auch sollen die Gemeinden eine wichtige Rolle als Kontaktpunkt des neuen Sozialdienstes spielen. «Die Nähe zur Bevölkerung ist uns sehr wichtig. Menschen in schwierigen persönlichen oder wirtschaftlichen Situationen sollen sich nach wie vor bei der Gemeinde melden können», betonte Regula Gerig.
Möglicher Standort hängt auch von der geeigneten Immobilie ab
Zum Standort des neuen Sozialdienstes wollte Projektleiter Markus Zahno an der Medienorientierung nur so viel sagen: «Er muss zentral gelegen und mit dem öffentlichen Verkehr gut erreichbar sein.» Den Standort habe man noch nicht diskutiert, es brauche aber ein Objekt, das bezahlbar ist. Zahno sprach in diesem Zusammenhang von Sarnen, Sachseln und Alpnach. In Engelberg wird auch weiterhin ein Büroarbeitsplatz nötig sein, weil das Personal des gemeinsamen Sozialdienstes dort regelmässig vor Ort präsent sein soll.
Eine Projektgruppe aus Sozialvorstehern, Mitarbeitern aus dem Sozialwesen und Gemeindeschreibern hat in den vergangenen Monaten gemeinsam mit der Hochschule Luzern ein Betriebskonzept erarbeitet. Dieses umfasst personelle Ressourcen, Anforderungen an das Personal und Zuständigkeiten. Als Basis wollen die Gemeinden gemeinsam einen Zweckverband gründen.
Keine Einsparungen trotz Synergieeffekt
Ausgehend von den Fallzahlen per Ende 2019 wird es 19,2 Vollzeitstellen plus zwei Praktikumsstellen mit 160 Stellenprozent brauchen. Die Berechnungen gehen von rund 27 Mitarbeitern aus. Das bedeute laut Beat von Deschwanden, dass es keine Einsparungen von Ressourcen geben werde. Er argumentierte mit steigenden Anforderungen, die sich in den Pensen widerspiegeln. So sei auch nach bisherigem Modell davon auszugehen, dass die einzelnen Gemeinden nicht darum herumkämen, ihre Pensen auszubauen.
Für den Betrieb des neuen Sozialdienstes rechnen die Fachleute mit fixen Betriebskosten von rund 2,84 Millionen Franken pro Jahr. Diese sollen im Verhältnis der Einwohner unter den Gemeinden aufgeteilt werden. 2,38 Millionen Franken davon beträgt der Personalaufwand. Variable Kosten für Leistungen an Klienten werden nach Aufwand an die zuständigen Wohnsitzgemeinden verrechnet.
Anonymität kann in manchen Fällen auch ein Vorteil sein
Für den Klienten zeigten sich laut Markus Zahno Vorteile, wenn alle Dienstleistungen aus einer Hand kämen, aber nicht unbedingt von der gleichen Person bearbeitet würden. Er nannte das Beispiel einer Mutter, die in Trennung lebt. Sie habe vielleicht mit Alimenten-Inkasso und Besuchsrecht-Regelungen zu tun. Unter Umständen könne es eine Entlastung sein, wenn diese Bereiche nicht von der gleichen Person bearbeitet würden.
«Die Erreichbarkeit ist sicher grösser, weil die kleinen Sozialdienste nicht die ganze Zeit besetzt sind», nannte Zahno einen weiteren Vorteil. Die Anonymität sei für bestimmte Klienten sicher angenehmer. «Nach dem Motto: Es müssen ja nicht gleich alle wissen, dass ich zum Sozialdienst muss», so der Leiter des Sozialdienstes Sarnen.
Eine Herausforderung ergebe sich möglicherweise für die Mitarbeiter, sich auf das neue System einzustellen, antwortete Regula Gerig auf die Frage nach den Nachteilen. «Und natürlich auch für die Einwohner», ergänzte die Gemeinderätin aus Alpnach bewusst. «Es ändert sich etwas, das löst zunächst mal vielleicht auch Unsicherheiten aus.»