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Obwalden

Zersiedelung ein Risiko für Obwaldens Tourismus

Zum neunten Mal trafen sich führende Kräfte der Wirtschaft, über den trennenden Pass hinweg, zum verbindenden «Brünig Dialog». Im Mittelpunkt diesmal die Frage: «Was wollen unsere Gäste von morgen?»
Referent Daniel Müller (Mitte) mit Regierungsrat Daniel Wyler (links) und Adrian Studer, Amt für Wirtschaft. (Bild: Romano Cuonz (Lungern, 11. April 2009))

Romano Cuonz

«Ganz entscheidend ist die Feststellung, dass sich der Gast überhaupt nicht für Kantonsgrenzen interessiert, sondern vor allem für interessante Angebote und Möglichkeiten», hielt Obwaldens Volkswirtschaftsdirektor Daniel Wyler zur Eröffnung des neunten Wirtschaftstreffens Obwalden-Haslital Brienz fest. Dabei solle man Schlagwörter wie Zusammenschluss und Schneeparadies vorerst einmal vergessen. «Vielmehr geht es jetzt darum, fundierte Grundlagen zu erarbeiten, mit denen Behörden und Institutionen entscheiden können, was man für den künftigen Gast vernünftigerweise tun soll.»

Mehr als nur einen Fingerzeig für mögliche Zukunftsstrategien gab Senior Fellow Daniel Müller-Jentsch von Avenir Suisse. Im wohl provokativsten Referat stellte er die Frage, ob unsere Bergregionen eher in der Mitte der Schweiz gefangen seien oder durch ihre Zentrumslage auch Vorteile hätten. Die Vorteile überwogen. Fraglos eine Stärke seien die zentrale Lage und die Nähe zu Top-Destinationen wie Jungfrau, Titlis, Vierwaldstättersee. Dann auch ein vielfältiges Tourismusangebot, das vom Erlebnisraum Brünigpark im Fels über den Ballenberg bis zur Grimselwelt reiche.

Transitreisende zum Verweilen einladen

«Dass man hier von allem etwas hat, ein klares Profil jedoch fehlt, ist eine Schwäche», sagte Müller-Jentsch pointiert. Für viele Gäste bleibe die Region damit mehr ein Durchgangsgebiet denn eine eigene Destination. Zahlen belegen dies: Der chinesische Gast bleibt im Schnitt 1,1 Nächte in Obwalden, Inder und Koreaner 2,5. Einzig Schweizer buchen länger. Daniel Müller nannte auch Chancen und Risiken der Region Brünig beim Namen: Wenn sich die beiden Teilregionen noch mehr ergänzen und Synergien nutzen würden, könnten sie Transitreisende zum Verweilen einladen. Sich mit nahen Städten und andern Destinationen vermehrt zu vernetzen, wäre ebenfalls vielversprechend.

Als Risiko bezeichnete Müller-Jentsch – spezifisch für Obwalden – die fortschreitende Zersiedelung. Wenn die «weichen Standortqualitäten» wie etwa schöne Ortsbilder und Landschaften verschwänden, ginge auch die Attraktivität für fremde oder urbane Touristen verloren.

Der Referent prägte an diesem Abend ein für viele Besucher noch neues Schlagwort: «Hybrider Tourismus.» Danach sollen Berggebiete zur Basis für neue Arten von Dienstleistungen werden. Mit Raum, Ruhe und Authentizität würden sie einen Gegenpol zum «Dichtestress» bilden. «Hybrid» deshalb, weil hier Kombipakete zwischen boomenden Städten und doch eher stagnierendem Bergtourismus geschnürt werden. «Es gibt gute Beispiele von Orten im Berggebiet, die sich kreativen Unternehmern und ihren Firmen als Satellitenstandorte oder Schulungszentren anbieten», berichtete er. Dies mit der Kombination «Arbeit und Freizeit». Eine grosse Chance sieht der Vertreter von Avenir Suisse bei den bald 400000 Besitzern von Zweitwohnungen im Schweizer Berggebiet gibt. «Diese sind vermögend, gut gebildet, international vernetzt und dem Zweitwohnungsort emotional verbunden», unterstrich Müller-Jentsch.

Da gebe es in Obwalden und in der Region Brünig/Brienz noch viele untergenutzte Ressourcen. «Man könnte diese Know-how-Träger und Impulsgeber via Milizämter vermehrt in konkrete Projekte vor Ort einbinden.» Ja, warum nicht einen «Rat der Zweitwohnungsbesitzer» ins Leben rufen? Eine wesentliche Schlussfolgerung von Müller lautete:

«Aktive Gestaltung und innovative Ansätze sind genauso gefragt wie eine starke Vernetzung mit Städten und Destinationen im Umland.»

In diesem Punkt stimmte ihm Adrian Studer, Leiter des Berner Amtes für Wirtschaft, voll und ganz zu: «Dank dieser Dialoge über den Brünigpass hinweg sind sowohl die Vernetzung wie auch der Austausch zwischen Regionen besser geworden.»

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