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Obwalden

«Schuälsträik fir Ruä i dä Bärgä!»

Romano Cuonz ärgert sich in seinem «Ich meinti» über laute Töffraser.
Romano Cuonz.

Romano Cuonz

So etwas habe ich zuvor noch nie erlebt! Nämlich: dass sogar einer der sonst so cool besonnenen Schweizer Postautochauffeure aufgebracht auf die Hupe drückt. Geschehen kürzlich auf der Ofenpassstrasse, als ein Pulk von sechs Töff-Rennmaschinen ihn in einer engen Kurve mit rasendem Tempo überholte und entgegenkommende Fahrzeuge zu brüskem Bremsen zwang. Doch sein Warnhupen beflügelte die Töffraser nur noch mehr. Wie Tom Lüthi lagen sie in die Kurven und jagten sich, in nachgerade höllischem Tempo, sich gegenseitig überholend, den Berg hoch.

Indessen: Man muss längst nicht mehr bis zum Ofen-, Grimsel- oder Klausenpass fahren, um derlei zu erleben. Auch der Sonnenberg in Sarnen, Stalden und der ganze Glaubenberg dürfen an Wochenenden – ja mittlerweile schon an jedem schönen Werktagabend – diese absolut ohrenbetäubende akustische Umweltverschmutzung «geniessen». Kommt dazu, dass solche Power-Maschinen nicht wenig CO2 ausstossen. Und all dies für eine Freizeitaktivität, die völlig sinnlos ist! Noch schlimmer: Töffraser setzen sich und andere Verkehrsteilnehmer bewusst einem immensen Risiko aus. Ein kleiner Fahrfehler bloss, und schon sind – wie gerade am letzten Wochenende wieder – Polizei- und Ambulanz samt Blaulicht und Sirene, und zuletzt gar noch die Rega mit dem Helikopter gefordert. Zum x-ten mal schon!

Chopper oder Low Rider, die entspannt und anständig, damit auch etwas leiser, über Pässe fahren, stören mich weniger. Da halte ich mich an die Devise «Leben und leben lassen». Aber, was für Menschen sind denn diese Raser, die einem ebenso egoistischen wie gefährlichen Hobby frönen? Eine erschreckende Antwort auf diese Frage habe ich im Internet unter www.toeff-forum.ch gefunden. Dort rät ein «Hans» all seinen Kollegen: «Wenn rase wötsch denn nimm eifach s nummerschild weg, denn hed die scheisspo***** kei glück ka, kotzt mi eifach a, diä ständig kontrolle ... stress wege jedem chline scheiss!» Und in diesem Ton geht es weiter. Kommentar überflüssig!

Im Bündnerland sagte mir jemand, dass die Polizei nicht über genügend Personal und gesetzliche Paragrafen verfüge, um diesem in der Bergwelt völlig deplatzierten Treiben ein Ende zu setzen. Natürlich gibt es ab und an Verzeigungen. In Zofingen zum Beispiel hat die Staatsanwaltschaft einem Mann, der mit einer Kawasaki Ninja ZX-6R im 9-Minuten-Takt gleich fünfmal durch den Boowald «blochte», eine Busse von 300 Franken aufgebrummt. Wegen unnötiger Lärmbelästigung! Selbst das Bundesgericht bestätigte das Urteil und fügte zum Bussgeld noch 3000 Franken Verfahrenskosten hinzu. Leider aber bleibt so etwas die Ausnahme.

Ich meinti: Das Thema «Töffverkehr in den Schweizer Bergen» gehört längst auf die politische Agenda. Zwar kann man bei uns selbst zwecklose Fahrten schwerlich verbieten. Bestimmt aber gäbe es Möglichkeiten, den motorisierten Individualverkehr – auch dem Wild zuliebe – zeitlich und lokal einzuschränken. Jedoch: Da will sich kaum ein Politiker die Finger verbrennen. Zwar haben sich im Wahlkampf 2019 – abgesehen von einer – alle Parteien einen grünen Anstrich gegeben. Beim Heizen, Fliegen und allenfalls Autofahren wollen sie den CO2-Ausstoss dem Klima zuliebe reduzieren. Aber doch nicht bei Töffs! Noch weniger unternehmen will die Politik gegen ihren unnötigen Lärm. Nicht einmal der Verkehrsclub der Schweiz, der vorgibt, sich für eine mensch- und umweltgerechte Mobilität einzusetzen, plant diesbezüglich etwas. Sollte sich in Sachen Töffraserei etwas bewegen, gäbe es wohl nur ein wirksames Mittel: Irgendein Gritli Amstalden müsste die Schwander Schule schwänzen und sich mit einem Transparent an den Strassenrand setzen. Auf diesem stünde etwa: «Schuälsträik fir Ruä i dä Bärgä!»

Romano Cuonz, Journalist und Schriftsteller aus Sarnen, äussert sich abwechselnd mit anderen Autoren zu einem selbst gewählten Thema.

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