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Obwalden

Neuer Titlis-Marketingchef: «Ich habe eher zu viele als zu wenige Ideen»

Seit einem Monat schwingt Urs Egli das Marketing-Zepter bei den Titlisbahnen. Anstatt Kampagnen für indische und chinesische Touristen zu lancieren, kümmert er sich vorerst um Gäste aus der Schweiz, die den Titlis als Familiendestination neu entdecken.
Der abtretende Marketingchef der Titlisbahnen Peter Reinle (links) übergibt am Trübsee symbolisch das Maskottchen der Bahn, den Esel Schmuggli, an seinen Nachfolger Urs Egli. (Philipp Unterschütz (29. Juli 2020))
Visualisierung des Projekts Titlis 3020 mit der neuen Bergstation mit ausgebautem Turm. (Visualisierung Herzog & de Meuron)

Philipp Unterschütz

Philipp Unterschütz

Kein einziger Car auf dem Parkplatz der Titlisbahnen in Engelberg, kein Gewusel von indischen und chinesischen Reisegruppen vor dem Eingang. Die Zahl der Autos – sie kommen aus der ganzen Schweiz, auffallend viele aus der Romandie – würde vielleicht dem Besitzer einer Seilbahn in einem kleinen Wandergebiet Freude machen.

Für die Titlisbahnen sind es aber viel zu wenig – Corona hat auch dieses Tourismusunternehmen in eine schwierige Zeit gestürzt. An diesem Tag, als sich Engelberg wolkenverhangen präsentiert, ist es noch schlimmer. Die Gäste aus der Schweiz kommen im Gegensatz zu Gruppenreisenden, die oft Monate zuvor gebucht haben, nur bei gutem Wetter. «Uns fehlen dieses Jahr rund 60 Prozent oder 700'000 Fahrten», sagt Urs Egli.

«Das sind knapp 10 Prozent der ganzen Schweizer Bevölkerung; es ist unmöglich, den Verlust nur mit Gästen aus der Schweiz einzuholen.»

Der 43-jährige und gebürtige Luzerner Urs Egli ist seit 1. Juli Leiter Marketing bei den Titlisbahnen und tritt in grosse Fussstapfen. Sein Vorgänger Peter Reinle (60), der Ende Jahr vorzeitig in Pension geht, hat die touristische Welt am Titlis wesentlich mitgeprägt. Als Egli die Stelle erhielt, war die Welt noch eine andere. Der Start sei ihm gut geglückt, er habe ein gutes Team um sich – und vor allem: «Es ist ein Traumjob.»

Egli, der in Engelberg wohnt und seit 30 Jahren am Berg unterwegs ist – insbesondere als Freerider und Mountainbiker – kann hier seine Leidenschaft zum Beruf machen. «Mein Job ist es nicht, in Spitzenzeiten noch mehr Gäste anzuziehen, sondern den Berg auszulasten, wenn noch Kapazität da ist – und das ist hauptsächlich im Sommer und Herbst.»

Zuerst Kampagnen für die Schweiz, Fernost muss warten

Nach seinem Start befasste sich Urs Egli zuerst auch vornehmlich mit Sommerkampagnen, die vorallem auf die Schweiz und insbesondere die Westschweiz ausgelegt sind. Mit Fernost habe er sich noch gar nicht auseinandersetzen können. «Zum Glück haben wir den Schweizer Markt schon in den vergangenen Jahren immer mehr ausgebaut». Was den Bahnen Sorgen bereitet, freut allerdings die Schweizer Gäste. «Sie schätzen es, wegen Corona mehr Raum auf dem Titlis zu haben – und viele sehen erst jetzt, wie sehr wir in den letzten Jahren das Angebot für Familien ausgebaut haben», fasst Urs Egli zahlreiche Rückmeldungen zusammen.

Tatsächlich tummeln sich auch an diesem Tag viele Familien auf dem Schmuggler-&-Säumer-Weg rund um den Trübsee, auf dem Spielplatz vergnügen sich viele Kinder, bei vielen Feuerstellen riecht es verführerisch nach gebratenen Cervelats, und auch die Ruderboote und die Zipline sind gefragt. Doch eben, von Dichtestress keine Spur.

«Zwei Krisenjahre können wir verkraften»

Die Marketingexperten rechen damit, dass man in zwei Jahren wohl wieder gegen 90 Prozent der Vor-Coronazeit erreichen werde. Im Winter sei es gästemässig sowieso kein Problem, auch wenn auch für den Winter- und Skibetrieb noch Hygienemassnahmen gelten würden. «Das Unternehmen steht auf gesunden Beinen, zwei Krisenjahre können wir verkraften», betont Peter Reinle. Grundsätzlich rechne man damit, dass der Gruppentourismus stagnieren werde, sich dagegen der Individualtourismus auch aus Asien verstärke. «Individualreisende sind anspruchsvoller. Es ist schon eine Herausforderung, die verschiedenen Kulturen unter einen Hut zu bringen», ist sich Urs Egli bewusst.

«Ratschläge sind auch Schläge», meint der abtretende Marketingleiter mit einem Lachen, gibt seinem Nachfolger dann aber doch noch etwas auf den Weg. «Bleib Du selbst, geh viel auf den Berg und spüre ihn. Und hab den Mut, immer wieder was Neues auszuprobieren.» Kein Problem für Urs Egli. «Ich habe jetzt schon eher zu viele als zu wenige Ideen.» Riesenmöglichkeiten sehe er im Bereich Digitalisierung, Augmented Reality und natürlich auch im Gipfelprojekt Titlis 3020, zum Beispiel mit Panoramas. Fasziniert sei er auch von der Entstehung des Berges, also der Alpenfaltung. Auch da habe er bereits Ideen.

Was Marketing mit Eseln zu tun hat

Symbolisch überreicht Peter Reinle am Ufer des Trübsees seinem Nachfolger einen «Schmuggli» - ein Stoffesel, der längst zum beliebten Maskottchen der Titlisbahnen geworden ist. «Ich war lange genug der Esel, jetzt bist Du dran», lacht Reinle. Und schon stecken die beiden mittendrin in einer kleinen Philosophierunde über die Charaktereigenschaften von Eseln. «Es gibt viele Analogien mit unserem Job im Marketing», meint Urs Egli schmunzelnd.

«Sie sind beharrlich und gehen ihren Weg, und sie sind intelligent - ganz entgegen der landläufigen Meinung.»

Doch das Wichtigste, da sind sich die beiden einig, ist die Liebe zum Berg, zum Titlisgebiet, zu Engelberg. «Wir haben sehr viel gemeinsam», sagt Peter Reinle. «Was gibt es Schöneres, als auf den Ski oder dem Mountainbike hier unterwegs zu sein? Immer wenn mich etwas auf die Palme brachte, bin ich schnell auf die Ski und nachher war es besser», verrät er. Peter Reinle wird man auch in Zukunft im Titlisgebiet antreffen. Ab nächster Saison arbeitet er nämlich zum Plausch als Skilehrer für die Schweizer Skischule und wird den Titlisbahnen weiterhin für ausgewählte Projekte zur Verfügung stehen.

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