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Obwalden

Lungerer Töffli-Teens helfen in der Coronakrise

In Lungern bieten Jugendliche mit Töffli einen besonderen Service an. Sie bringen Lebensmittel vom Dorfladen bis vor Wohnungstüren.
Die Lungerer Töffli-Schüler stehen mit ihren Mofas bereit für den Hauslieferdienst an ältere Leute. Links übergibt Fabienne Wallimann-Halter der Schülerin Lea Halter einen vorbereiteten Sack. (Bild: PD)

Romano Cuonz

Seit «SRF bi de Lüt» ins Leben des 2000-Seelen-Dorfes Lungern eintauchte, kennt man den in vielen Hinsichten besonderen Obwaldner Ort im ganzen Land. Ein erklärtes Ziel der beliebten Doku-Sendung: aufzuzeigen, was die Gemeinschaft in diesem Bergdorf im Innersten zusammenhält! Und eben dieser Tage– in der Coronakrise – liefern 15-jährige Jugendliche einen weiteren Beweis dafür, dass in Lungern keine und keiner allein gelassen wird.

Alles begann mit einem Telefonanruf der jungen Dorfladenleiterin Fabienne Wallimann-Halter an den Oberstufenschüler Sven Zumstein. In Lungern, wo wegen vieler gleicher Geschlechter die meisten Familien einen Beinamen haben, ist er als «z Bartlis Sven» bekannt. «Fabienne fragte mich, ob wir ‹Oberstüfeler› älteren Leuten, die das Haus nicht mehr verlassen sollten, Lebensmittel liefern könnten», erzählt Sven Zumstein. Und der Jugendliche, der im Herbst eine Zimmermannslehre beginnen will, liess sich nicht zweimal bitten. Er startete einen Chat an Klassenkameradinnen und Klassenkameraden. «Ich schrieb ihnen, was gefragt war, und da erklärten sich gleich 13 bereit, mitzumachen. Samt ihren Mofas!»

Eine Schülerin, die mit ihrem Mofa dabei ist, heisst Lea Halter, «Z Felder Tönels Lea». «Das funktioniert wunderbar», berichtet sie. Die Dorfladenleiterin Fabienne melde ihnen via Chat, wenn wieder telefonisch bestellte Lebensmittel bereitstehen. «Wer immer von uns, neben den Aufgaben beim Homeschooling, noch Kapazitäten hat, sagt zu», erklärt Lea Halter. Wenn man in den Laden eintrete, befolge man alle Hygienemassnahmen. «Abstand halten, Hände desinfizieren und wenig Kontakte», ver­sichert Lea Halter. Die Mofa-Boten lassen sich die Adresse geben und fahren dann zu den Häusern und Heimet der Kundinnen und Kunden. In Lungern kennt jeder jeden. «Wir läuten zweimal und stellen dann die Taschen vor die Haustür. Das Geld liegt meist schon im Briefkasten bereit», schildert Lea Halter.

Einmal habe ihr eine Frau vom Balkon zugerufen, dass im Briefkasten zum Dank noch ein Trinkgeld für sie deponiert sei. «Aber eigentlich arbeiten wir ja gratis», sagt die Schülerin, «weil wir in dieser Krise für unser Dorf auch etwas tun wollen.» Vor dem Virus haben die Jugendlichen zwar Respekt, aber keine Angst. «Regelmässig Händewaschen und im Laden Desinfektionsspray benutzen, das gehört jetzt einfach dazu», versichert auch Sven Zumstein.

Lob von Lehrern und dem Gemeindeschreiber

Seit zwei Jahren führt Fabienne Wallimann-Halter das Volg-­Lebensmittelgeschäft mit 40­-jähriger Familientradition. Die diplomierte Buchhalterin mit Managementausbildung sagt: «Die Feedbacks aus der Gemeinde sind grossartig, viele Leute bedanken sich bei uns für diese unermüdlichen Einsätze.» Auch die Klassenlehrer der initiativen Schülerinnen und Schüler – Fabio Küttel und Berti Kübler – seien stolz auf die Teens. «Sie unterstützen die Aktion», sagt Fabienne Wallimann.

Fabio Küttel etwa habe gelobt: «Die Jugendlichen lernen bei dieser Aktion viel fürs Leben.» Auch der Gemeindeschreiber Markus Bider habe sich beim Dorfladen gemeldet und seiner Freude über die Kreativität Ausdruck verliehen. «Er bot uns bei Bedarf Unterstützung mit motorisierten Helfern oder dem Schulbus nach Bürglen an», hält Fabienne Wallimann-Halter fest. Und sie fügt bei: «Für mich ist es gerade jetzt sehr schön, zu sehen, dass viele junge Leute für ihre Eltern, Nachbarn oder Freunde bei uns einkaufen.» Zwar biete man im Lungerer Dorfladen nicht von jedem Produkt sieben Sorten an, dafür sei alles stets verfügbar: «Immer auch Mehl oder WC-Papier», schmunzelt die Ladenleiterin.

Wenige Läden – grosse Dienstleistung

Im Traditionsdorf Lungern, wo man fernab von Grossverteilern oder Discountern lebt, nehmen die wenigen Lebensmittel­geschäfte noch einen grossen Stellenwert ein. Neben dem Volg-Dorfladen gibt es heute nur noch zwei weitere Geschäfte: die Bäckerei Sunnis und das Lebensmittelgeschäft Sonne in Obsee. Und beide bieten dieser Tage auch Hauslieferungen an. Bäckermeister Hans Vogler (z Sunnis) sagt: «Auch für uns ist eine solche Dienstleistung dieser Tage eine Selbstverständlichkeit.» Damit die Leute in der Produktion nicht noch zusätzlich belastet werden, macht sich der Chef persönlich oder auch eine Verkäuferin mit Brotwaren und Konditoreiprodukten auf den Weg zur Kundschaft. Genau gleich hält es der Laden Sonne in Obsee. Ruth Degelo bestätigt auf Anfrage: «Wir können auf mehrere Frauen zählen, die für uns freiwillig Lebensmittel zu älteren Kunden bringen.»

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