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Obwalden

«Jetzt brauchen wir Weihnachten erst recht»: So bereiten sich die Kirchen in Nid- und Obwalden auf den Advent vor

Was ist Weihnachten ohne Kirche? Wenn es bei 30 Besuchern pro Gottesdienst bleibt, will die Katholische Kirche Stans diese an den Feiertagen absagen.
Pfarrer Thomas Meli in der Pfarrkirche in Alpnach.
(Bild: Pius Amrein (Alpnach, 27. November 2020))
Pfarrerin Silke Petermann in der reformierten Kirche in Stans.
(Bild: Pius Amrein (Stans, 27. November 2020))

Marion Wannemacher

Marion Wannemacher

«Das Angebot der Kirche ist gerade jetzt besonders beliebt. Doch in allen grösseren Pfarreien muss man Menschen abweisen. Das ist nicht im Sinn der Kirche», findet Melchior Betschart, Pfarradministrator von Stans und Leiter des Dekanats der Katholischen Kirche Nidwalden. Regelmässig komme es vor, dass die vom Bundesamt für Gesundheit vorgegebene Zahl von 30 Personen an Gottesdiensten erreicht werde. Die überzähligen Kirchgänger würden dann zum Oberen Beinhaus geschickt, wo ihnen eine kurze Besinnung und der Empfang der Kommunion ermöglicht werden.

Für Weihnachten kann sich Betschart dies nicht vorstellen. «Wenn sich an der Beschränkungszahl nichts ändert, ist es für grössere Pfarreien eine Option, Gottesdienste abzusagen», sagt er. «Die Besucherzahl von 30 wäre ein ganz kleiner Bruchteil der sonst üblichen Zahl derer, die an Weihnachten Familien-Gottesdienst, Christmette an Heiligabend oder Gottesdienste am 25. Dezember besuchen. Das wäre ja ungerecht», findet er. Auch zusätzliche Gottesdienste sind für Melchior Betschart keine Option. «Selbst wenn noch zwei mögliche Gottesdienste zusätzlich angeboten würden, könnten wir statt der sonst üblichen Gesamtzahl von 800 Kirchgängern nur 180 empfangen. Es gibt viele, die nur einmal im Jahr die Kirche besuchen, und das ist zu Weihnachten», ist sich der Pfarradministrator bewusst. Er sagt:

«Ohne Kirche ist nicht Weihnachten. Die Kirche einfach zu schliessen, das geht nicht.»

Ob es in Stans wirklich so weit kommt, ist noch nicht klar. Am Montag wird sich die Regierung im Kanton Nidwalden mit dem Dekanat zusammensetzen. Noch hofft Betschart auf eine Lockerung der Beschränkungszahl und erinnert daran, dass nach dem Lockdown ja auch Gottesdienste möglich waren, mit 1,5 Meter Abstand. «Und nun haben wir noch zusätzlich die Maskenpflicht.»

Keine Lockerung in Sicht

Die Nidwaldner Gesundheitsdirektorin Michèle Blöchliger geht davon aus, «dass weder der Kanton Nidwalden die Obergrenze von 30 Personen noch der Bundesrat die übergeordnete Limite von 50 Personen in absehbarer Zeit ändern werden». Dies lasse der aktuelle Verlauf der Pandemie auch bei leicht rückläufigen Zahlen nicht zu. Weiter sagt sie:

«Es ist dem Regierungsrat bewusst, dass gerade in der Weihnachtszeit das Bedürfnis der Menschen nach sozialen Kontakten und nach Nähe zu Gott besonders stark vorhanden ist.»

Daher werde der Regierungsrat gemeinsam mit dem Dekanat nach Lösungen suchen. «Mir persönlich wäre es ein Anliegen, dass vor allem alleinstehende Personen von alternativen Formaten eines Gottesdienstes oder einer Zeremonie profitieren könnten», betont sie.

Auch im Nachbarkanton stösst man mit der Dreissiger-Regel im Gottesdienst regelmässig an die Grenzen – so zum Beispiel in Alpnach. «Wir wollen nicht jedes Mal Leute abweisen, das können wir nicht mehr so machen», sagt Pfarrer Thomas Meli. Für die vier Adventssonntage bietet die Pfarrei Alpnach nun jeweils mit der «offenen Kirche» innerhalb von drei Stunden verschiedene Gottesdienste an, um Engpässe zu verhindern.

Mehrere kurze Gottesdienste in Alpnach für mehr Besucher

Ab 8 Uhr gibt es an den Adventssonntagen also jede halbe Stunde eine liturgische Feier mit Ministranten, liturgischem Gewand, Kreuzzeichen zu Beginn und Segensgebet zum Abschluss. Während um 8 Uhr und 9.30 Uhr Musik und Stille in die Besinnung führen sollen, stehen um 8.30 Uhr und 9 Uhr Bibeltexte im Vordergrund. Jeweils um 10 Uhr ist eine Eucharistie-Feier geplant, falls nötig noch einmal eine um 10.30 Uhr. «Während des ganzen Morgens betreut ein Seelsorge-Team das Chilekafi im Pfarreizentrum. Wer also keinen Platz findet, kann in der Wartezeit dort seinen Kaffee trinken», erklärt Meli.

Für Weihnachten gibt es in Alpnach verschiedene Szenarien, sowohl mit gelockerter Besucherzahl als auch mit gleichem Konzept wie an den Adventssonntagen. Ganz sicher aber wird es einen Stationenweg zur Weihnachtsgeschichte rund um die Kirche geben, als Ersatz für den Familien-Weihnachtsgottesdienst. Diesen können Besucher individuell begehen. Auch wenn alles dieses Jahr anders wird: Pfarrer Meli freut sich auf Weihnachten. Er sagt:

«Wir müssen innovativ sein und offen für Neues. Nur nichts machen ist schlimmer.»

Kein Weihnachtsmusical bei den Reformierten

Auch die Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Obwalden zeigt sich flexibel. «Wir mussten einige Veranstaltungen wie unser Weihnachtsmusical für Kinder oder den Seniorennachmittag im Advent absagen, haben aber nach Alternativen gesucht», erzählt Pfarrer Michael Candrian. Im Advent wird es nun zwei Kindertage geben, an denen Kleinkinder bis Oberstufenschüler ein Adventslicht basteln werden, das später an Gemeindemitglieder verteilt wird. «Wir wollen Vorfreude auf Weihnachten wecken und ein Zeichen senden, dass niemand allein ist», sagt Candrian.

Der Gottesdienst findet aus Platzgründen fast ausschliesslich in Sarnen statt, und zwar mit Voranmeldung auf der Website oder beim Sekretariat. «Wenn mehr als 30 Besucher kommen, wiederholen wir den Gottesdienst um 11 Uhr», erklärt der Pfarrer. Für den mit sonst 250 Personen am besten besuchten Gottesdienst am Heiligen Abend will man spätestens am 14. Dezember eine Regelung treffen.

Näher an der ursprünglichen Weihnachtsbotschaft

Als Seelsorger hat er besonders Menschen im Blick, die isoliert sind und sonst schon an Weihnachten unter Einsamkeit leiden. «Vielleicht kommen wir an diesen Weihnachten der ursprünglichen Botschaft, dass Jesus nicht in eine heile Welt kommt, ein bisschen näher», so Michael Candrian. Und weiter:

«Jetzt brauchen wir Weihnachten erst recht und feiern es.»

Seelsorge liegt auch Silke Petermann-Gysin, der Pfarrerin des evangelisch-reformierten Gemeindekreises Stans, sehr am Herzen. Sie nutzt die Zeit, die sich durch das Ausfallen von Anlässen ergibt, um Kontakte zu pflegen. Unterstützung findet sie bei ihrem Team. In der Adventszeit werden täglich von 15 bis 17 Uhr Mitarbeitende und Mitglieder des Gemeindeteams zum Gespräch im Foyer der evangelischen Kirche Stans bereit sein. Um die Zahl der Gottesdienstbesucher muss sich die Pfarrerin in der Adventszeit keine Gedanken machen. Denn in Stans kommen meistens weniger als dreissig Personen in den Gottesdienst.

Fortsetzungsgeschichte mit Schwarzenberger Krippenfiguren

Da am Heiligen Abend voraussichtlich nicht wie sonst im grossen gemeinsamen Rahmen gefeiert werden kann, versucht Petermann-Gysin ganz bewusst, verschiedene Begegnungen bereits im Advent anzubieten. Dazu gehört die «Offene Kirche als Herberge für die Seele». In der Kirche wird Iris Antonelli ihre Schwarzenberg-Figuren aufbauen. Sie symbolisieren den Weg durch den Advent, stellen die Weihnachtsgeschichte bildhaft dar und werden immer mal wieder verändert – eine Geschichte mit Fortsetzung, die pünktlich zu Weihnachten an der Krippe endet.

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