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Obwalden

«Ich meinti:» Immer noch kein Schnee!

Flugscham, Luftverpestung, SUV-Panzerwelle: Die Diskussionen rund um die Klimawerwärmung bringen Kolumnist Otto Leuenberger ins Grübeln. Dabei verbraucht er mit seinem Lebennsstil nur 2,3 Erden.
Kolumnist Otto Leuenberger.

Otto Leuenberger

Ich vermisse ihn. Wahrscheinlich bin ich nicht der Einzige. Gibt es Schöneres, als durch frisch verschneite Wiesen, über Wege zu streifen und Spuren zu hinterlassen? So Fusseindrücke schwerer Winterschuhe in einer wattierten und gedämpften Landschaft, das hat was.

Ja, das Wetter macht nicht mit. Nein, grundsätzlicher, es ist das Klima. Turbulent und mit viel Aufregung geht es zu und her, nicht erst in diesen Tagen. All die Feuer, Hochwasser, die Orkane, die Meereserwärmung. Ein grosses Gemenge. Flug-, Ferienreisen-, Kreuzfahrtscham, Luftverpestung, SUV-Panzerwelle, Fleisch-, Fischess-, Milchtrinkverzicht, Plastikvermüllung und, und, und. Endlos die Aufzählung von Konfliktzonen. Gross die Verunsicherung. Ich fühle mich schuldig und für vieles mitverantwortlich. Ehrlich gesagt: Mir wackelt der Kopf, und es stürmt das Hirn.

Jüngst wieder die jährliche Aufregung mit all dem Promi-­Schaulaufen am WEF im immerhin weiss verschneiten Davos. Klima und dessen Konsequenzen in aller Munde. Vor allem viel Trump mit gigantischem Tross, live übertragener Rückreise, beeindruckendem Auto-Korso samt Autobahnsperrung, kolossalem Entschweben in Kloten. Passte wie die Faust aufs Auge.

Und doch: Es soll eine alles Bisherige sprengende «1-Bil­lion-Bäume-pflanz-Initiative» geben. Halt der Show geschuldet. Allerdings, sogar der weltgrösste Vermögensver­walter argumentierte vor Ort unversehens erstaunlich klimafreundlich. Es gebe keinen anderen Weg als die Nachhaltigkeit, gerade als Investor. Schalmeienklänge, Lippenbekenntnisse? Bewegt sich doch was? Wir werden sehen.

Bin im Internet rumgesurft und hab ein bisschen recherchiert. Da gibt es auf der WWF-Website einen ganz persönlichen ökologischen Fussabdruckmesser. Durch 38 Fragen mit Anhäkeln und einem Klick auf «Auswerten». Das hat was Spielerisches und macht Spass. Wenn da am Schluss nur kein Keulenschlag droht, ein Absteller. Ich sei auf dem richtigen Weg, und es wären nur 2,3 Erden für meinen Lebensstil nötig. Damit läge ich unter dem schweizerischen Durchschnitt!

Verlegen wir uns halt einfach auf nichtmaterielle Lebens­welten, ganz ohne CO2-Ausstoss, ohne Abdruck. Das könnte zum Beispiel mehr Kopfkino sein, das Lesen, das Erleben, eben das Reisen im Kopf, schön von zu Hause aus. Mit Hilfe von 5G und der Cloud, jener sagenumwobenen Wolke, die über uns allen schweben soll. Ein schönes, liebliches Bild. Aber Achtung, da steckt doch eigentlich ein ominöses elektronisches Ungetüm dahinter. Irgendwo da draussen stehen Hallen voller Elektronik mit unglaub­lichem Energieverbrauch. Jede Google-Anfrage scheint so harmlos und verschlinge in Wirklichkeit unglaubliche Ressourcen, hab ich gelesen. Es gibt scheinbar kein Ent­rinnen. Kopf in den Sand stecken hilft auch nicht. Es scheint zum Verzweifeln.

Aber ich will mich auch nicht verrückt machen lassen. Wenn mal wieder die Aktualität mit all den Aufregern und Nachrichten zu bedrängend wird und ich mich überfordert fühle, lese ich einfach die News mit einwöchigem Verzug. Hab es mal ausprobiert. Ist ganz lustig und entspannt überraschend ungemein. Wirklich zu empfehlen. Und überhaupt: Das bisschen fehlender Schnee ist ja nicht so schlimm, sagt mein... Schöne Fasnacht – mit halt ein bisschen weniger Konfetti und Knallern. Versprochen.

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