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Engelbergs Talammann: «Wir sind so etwas wie Blutsbrüder»

Die Premiere des Freilichtspiels Winnetou II hat Alex Höchli tief beeindruckt. Als Talammann bewundert er seinen «indianischen Berufskollegen».
«Winnetou» Tom Volkers und Talammann Alex Höchli vor der Premiere. (Bild: Romano Cuonz (Engelberg, 6. Juli 2018))

Romano Cuonz

Alex Höchli wurde 1958 in Engelberg geboren. Schon als kleiner Bub und später als Schüler des Kollegiums las er Karl Mays Schmöker. Dass er später als Talammann und Kantonsrat einmal erleben würde, wie der leibhaftige Winnetou in Engelberg reitet, hätte er sich nie träumen lassen. Das sei für den Kurort ein richtiges High-End-Angebot, sagt er im Interview mit durchaus augenzwinkernden Fragen und Antworten.

Alex Höchli, wann sind Sie Winnetou erstmals begegnet?Als Schulbub durfte ich im Dorfkino Winnetou-Filme anschauen. Später habe ich dann die drei Winnetou-Bände und noch einige andere Bücher von Karl May gelesen. Obwohl wir zuhause eine Buchhandlung hatten, musste ich sie mir in der Kollegibibliothek beschaffen.Hätten Sie sich je vorstellen können, dass sie Winnetou dereinst im eigenen Dorf begegnen? Von Häuptling zu Häuptling sozusagen.Eigentlich ist in Engelberg alles möglich. Doch ein Spektakel wie die Winnetou-Freilichtspiele vor unserer Naturkulisse hätte ich mir niemals träumen lassen. Was ich auch nicht gewusst habe, obwohl ich Talammann bin: Dass es bei uns Ölvorkommen gibt!...und jetzt, wo dies eine Tatsache zu sein scheint?Da bin ich nur glücklich, dass der Bohrturm dann doch noch explodiert ist. Als Energiestadt haben wir in Engelberg schon ein bisschen andere Prioritäten als diesen «Ölmagnat» Emery Forster!Hat das Klosterdorf einen guten Draht zum grossen Manitou?Ganz offensichtlich. Zu Beginn der Premiere hat es wie aus Kübeln gegossen, während dem Spiel färbte die Abendsonne die Berge blutrot. Ein Geschenk der Natur.Und: Habt ihr Engelberger Ureinwohner mit Indianern neben den Tabakpfeifen auch noch anderes gemeinsam?Wir sind naturliebend und ebenso weise wie viele alte Indianer. Wie ihnen ist es uns wichtig, im Einklang mit der Natur zu leben und menschlich zu handeln. Winnetou und Old Shatterhand treten in diesem Stück für Integration und ein interkulturelles Zusammenleben ein. Ich meine: auch wir Engelberger arbeiten daran.Wie haben Sie und ihre Ratskollegen reagiert, als Tom Volkes und Florian Nyffeler ihnen ihr gewagtes Projekt erstmals vorstellten?Wir fragten uns schon, ob so etwas gut kommen könne. Es war ja eine Vision! Dann gab es viele Gespräche und Sitzungen, und von Seiten der Initianten eine riesige Arbeit, bis das Projekt dort war, wo es jetzt ist.Möchten Sie jetzt, wo Sie im Wilden Westen leben, nicht am liebsten an der Seite der Helden mithalten?Never say never again (lacht)! Aber ich kann nicht reiten und befürchte, dass meine alten Knochen da nicht mehr mitmachen würden.Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen einem Talammann und dem Häuptling der Apachen?Auch meine Ratskollegen und die ganze Talbevölkerung kämpfen für menschliche und demokratische Ideen. Da haben wir mit Winnetou einiges gemeinsam. Allerdings: Bei uns hat nicht nur der Häuptling das Sagen. Bei uns bestimmen der Gemeinderat und letztlich die ganze Talgemeinde. Zurück zum Stück ... ihr erster Eindruck nach der Premiere 2018.Ich möchte einfach allen gratulieren: Berufsschauspielern, Laiendarstellern und Komparsen. Wie da jede und jeder alles gegeben haben, ist grossartig. Die Aufführung ist ein schönes Gemeinschaftswerk vor einer einzigartigen Naturkulisse.Ihr Wunsch für sie alle?Wenig Regen und viel Publikum!Wie reagieren Dorfbewohner auf Indianerüberfälle?Sehr positiv. Viele Hotels, Gasthäuser und Lokale sind vom Winnetou-Fieber angesteckt und machen auch entsprechende Angebote. Ja, die Festspiele sind ein touristisches High-End-Angebot mit vielen zusätzlichen Übernachtungen.Was schätzt der «Talhäuptling» an den speziellen Feriengästen mit Federschmuck oder Cowboyhut am meisten?Für mich besonders schön ist, dass sie teils in unserem Bergdorf leben. Und dass man sich kennt. Viele von ihnen verbringen in Engelberg arbeitend ihre Ferien. Wir sind so etwas wie eine grosse Familie geworden. Da gibt es keine Stars mit Starallüren. Ja, selbst Winnetou und ich sind so etwas wie Blutsbrüder!
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