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Obwalden

Die Sarner brauchen am wenigsten Platz

Buochs ist die am stärksten zersiedelte Gemeinde der Kantone Obwalden und Nidwalden, in Kerns ist am wenigsten Land verbaut, und die Emmetter brauchen am meisten Platz. Dies sind nur einige Resultate einer Studie, die Lösungsansätze für den Landverbrauch liefern will.
Blick von der Deponie Stuechferich auf Kägiswil und Sarnen. (Bild Markus von Rotz (Sarnen, 5. Mai 2017))

Franziska Herger

Franziska Herger

Drei Viertel der Ob- und Nidwaldner lehnten am Sonntag die Zersiedelungsinitiative ab. Doch das Thema wird beide Kantone weiter beschäftigen. Das Raumplanungsgesetz will übergrosse Bauzonen verhindern. Die entsprechende Anpassung des Obwaldner Richtplans wird sich um ein Jahr verspäten, weshalb ab Mai keine neuen Bauzonen mehr geschaffen werden können, auch wenn andernorts Flächen ausgezont würden.

Der Nidwaldner Richtplan dagegen wurde vor einem Jahr vom Bund genehmigt – mit Vorbehalten. Das Siedlungsgebiet des Kantons sei zu gross, hiess es aus Bern. Neue Bauzonen sind daher nur bei gleichzeitiger Einzonung möglich. Doch wie zersiedelt sind eigentlich Ob- und Nidwalden? Die Antwort liefert Professor Jochen Jaeger von der Concordia Universität in Montreal, Mitautor des Buchs «Zersiedelung messen und begrenzen.» Es zeigt die Zersiedelung jeder einzelnen Gemeinde der Schweiz anhand der letzten verfügbaren Daten von 2010 in Durchsiedelungseinheiten (DSM) pro Quadratmeter. Das ergibt ein klares Bild: Buochs ist die am stärksten zersiedelte Gemeinde beider Kantone mit einem DSM von 12,4, Stansstad (9,9) und Stans (9,5) landen mit einigem Abstand auf Platz zwei und drei. Am wenigsten zersiedelt sind Wolfenschiessen (2,3) und Dallenwil (2,4), während sämtliche Obwaldner Gemeinden zwischen Alpnach (7,8) und Kerns (4,0) im Mittelfeld liegen.

Dallenwil und Hergiswil am kompaktesten gebaut

Was beruhigen mag: In beiden Kantonen erreicht keine Gemeinde einen «tiefroten» Durchsiedelungswert über 16, anders als etwa Horw (23,7), Emmen (22,6) oder Altdorf (18,7). Die Messung ist komplex und basiert auf drei Faktoren: Erstens dem Anteil der besiedelten Fläche an der Gemeindefläche abzüglich des unbewohnbaren Gebiets, etwa die Berge. Zweitens auf der Streuung der Siedlungsfläche, genannt ­Dispersion, also den Abständen zwischen den Gebäuden. Und drittens auf der Fläche, die ein Einwohner oder ein Arbeitsplatz im Schnitt einnimmt.

Nur alle drei Werte zusammen ergeben die Zersiedelung einer Gemeinde. Einzeln betrachtet kommt Buochs etwa beim Anteil der besiedelten Fläche mit 28,6 Prozent erst an vierter Stelle hinter Stans und Hergiswil (je rund 35 Prozent) und Stansstad (29,1 Prozent). Am wenigsten besiedelbare Fläche ist in Kerns aufgebraucht, mit 11 Prozent.

Ganz anders sieht es bei der Dispersion aus. Stand, Stansstad und Buochs liegen im Mittelfeld. Mit Abstand am zerstreutesten sind die Gebäude in Ennetmoos, am kompaktesten gebaut in Dallenwil und Hergiswil. Dies ist auch der Grund, warum Hergiswil laut Medienberichten vom vergangenen Sommer «die Zersiedelung im Griff» habe. Zwischen See und Pilatus «ist die Verdichtung die einzige Möglichkeit, die der Gemeinde noch bleibt», sagt Jochen Jaeger.

Trotzdem ist die Fläche, die eine Person in Anspruch nimmt, mit 155 Quadratmetern in Stans noch kleiner als in Hergiswil (174). In Buochs sind es 275. Am meisten Platz brauchen die Emmetter mit 437 Quadratmetern pro Person. In Obwalden brauchen die Sarner am wenigsten Platz (208 Quadratmeter pro Person), die Giswiler am meisten (361).

80er-Jahre: Zersiedelung in Buochs stieg um 70 Prozent

In Buochs hat die Zersiedelung auch mit Abstand am stärksten zugenommen. Zwischen 1980 und 1990 stieg sie um ganze 71 Prozent. 1885 war Buochs nach Stans, Ennetmoos und Stansstad noch die am wenigsten zersiedelte Gemeinde in Nid- und Obwalden. Heute stehen diese drei ­Gemeinden an der Spitze der Zersiedelungsskala. Markus von Holzen, stellvertretender Vorsteher des Nidwaldner Amts für Raumentwicklung, führt dies auf das starke Bevölkerungswachstum durch die Bodenmelioration des heutigen Flugplatzgeländes in den 20er-Jahren, die Eröffnung des Militärflugplatzes Buochs-Ennetbürgen 1935, die Gründung und das Wachstum der Pilatus-Flugzeugwerke ab den 40er-Jahren, den Anschluss der Luzern-Stans-Engelberg-Bahn Richtung Luzern 1965 und den Autobahnbau Richtung Luzern 1970 zurück. Mit zunehmenden Einwohnern und Arbeitsplätzen stieg die besiedelte Fläche stetig an.

Wenn möglich auf geringe Streuung achten

Die Studienautoren empfehlen verschiedene Strategien zur Begrenzung der Zersiedelung. Die wirksamste und wichtigste sei die Vermeidung zusätzlicher Siedlungsfläche. Dies entweder durch Rückzonungen von der Bauzone – die Studie räumt ein, dies sei «innenpolitisch schwierig durchsetzbar» – oder mindestens durch eine Festlegung des Siedlungsgebiets mittels sogenannter Siedlungsbegrenzungslinien. Sollen trotzdem zusätzliche Siedlungen gebaut werden, müsse die Streuung soweit wie möglich reduziert und der Anstieg der Flächeninanspruchnahme pro Person gestoppt werden. Verdichtung lasse sich durch Anpassung oder gleich Abschaffung der Ausnützungsziffern erreichen.

Vorläufig keine Einzonungen in Nidwalden

Der Richtplan sehe Siedlungsbegrenzungslinien (etwa zwischen und parallel zur Oberen Aastrasse und der Kettstrasse in Buochs bis zur Autobahn) und Siedlungstrenngürtel (etwa zwischen Buochs und Ennetbürgen im Bereich des Strandbads) vor, schreibt Markus von Holzen. Zudem werde im Rahmen der derzeit laufenden Anpassung der Bau- und Zonenreglemente und Zonenpläne in allen Gemeinden die Ausnützungsziffer durch eine Überbauungsziffer ersetzt, die statt der Geschossigkeit nur noch die maximal bebaubare Höhe und Grundfläche einer Parzelle vorgibt. «Von diesem Übergang erhoffen wir uns eine klare Wirkung in Sachen Verdichtung», so von Holzen.

Die nächste Nutzungsplanungsrevision bis 2023 werde zudem kantonsweit ohne zusätzliche Neueinzonungen umgesetzt, «was durch das kontinuierliche Wachstum der Bevölkerung und der Beschäftigten klar zu einer Verdichtung führen wird».

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