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Obwalden

Bahn-Fusion von Engelberg, Melchsee-Frutt und Hasliberg: Projektleiter Niklaus Bleiker wehrt sich gegen vorschnelle Kritik

Laut Niklaus Bleiker hat die Studie über den Zusammenschluss von Engelberg, Frutt und Hasliberg nichts mit früheren Ideen zu tun.
Niklaus Bleiker zu Hause in Alpnach (Bild: Philipp Unterschütz (Alpnach, 23. Juli 2020))

Philipp Unterschütz

Philipp Unterschütz

Im Rahmen eines interkantonalen Projekts der Neuen Regionalpolitik wird seit Sommer 2018 eine Machbarkeitsstudie über einen Zusammenschluss der Regionen Engelberg-Titlis, Melchsee-Frutt und Meiringen-Hasliberg erarbeitet. Eine erste Potenzialanalyse hat die Kommission der Arbeitsgruppe, die im Wesentlichen aus Vertretern der drei Bahnen besteht, zu weiteren Abklärungsschritten veranlasst. Ein Zusammenschluss könne ein gewisses Wachstum, insbesondere durch Logiernächte auslösen, sagt die Studie.

Kaum wurde dies öffentlich, meldeten sich Kritiker zu Wort. Projektleiter Niklaus Bleiker, ehemaliger Regierungsrat von Obwalden, erklärt im Interview, warum er dieser Kritik wenig abgewinnen kann.

Sie haben sich schon als Regierungsrat mit dem Zusammenschluss auseinandergesetzt und ihn befürwortet. Jetzt sind Sie Projektleiter. Wo stehen Sie?Niklaus Bleiker: Da gibt es schon zwei Seiten. Persönlich meine ich, dass Zusammenschlüsse die einzige Chance für mittlere Skigebiete sind, längerfristig zu überleben. Als Projektleiter bin ich aber ergebnisoffen. Das zeigt auch die Zusammensetzung der Arbeitsgruppe, in der auch Vertreter sind, denen Umwelt- und Landschaftsschutz am Herzen liegt. Wir haben den Auftrag, Grundlagen zu liefern, entscheiden müssen letztlich aber die Bahnen.Sie haben etwas pikiert reagiert, als in unserer Zeitung Kritiker zu Wort kamen. Warum?Dass Kritiker auch zu Wort kommen, finde ich absolut richtig und legitim. Sie haben aber Zahlen, Linienführungen, Verkehr und Umwelt kritisiert, obwohl wir diesbezüglich noch gar nichts geprüft haben. Und sie stützten sich dabei auf das frühere Projekt Schneeparadies ab. Damit hat die Studie aber gar nichts zu tun, es wird nichts übernommen, ausser dem Verkehrskonzept, das aber überarbeitet wird. Sind denn die Kritiker nur Einzelfälle oder wie schätzen Sie die Stimmung ein? Wäre ein Zusammenschluss politisch denn überhaupt machbar?Es ist aus meiner Sicht nicht seriös, den Puls zu fühlen, bevor die Studie überhaupt vorliegt. Dass beispielsweise Anwohner in Kerns sich Gedanken über den Verkehr machen, ist naheliegend. Mit Kritik sollte man aber warten, bis wirklich Ergebnisse vorliegen und es auch etwas zu kritisieren gibt. Die Fakten zeigen auch, dass eine Nichtverbindung gerade die Melchsee-Frutt am härtesten treffen könnte. Dort erwirtschaftet die Bahn in einem ordentlichen Jahr zwar genug Gewinn, um das Minimum der Investitionen noch tragen zu können, aber nicht so viel, um grosse Rückstellungen tätigen zu können. Falls der in der Studie geschätzte Umsatzrückgang eintrifft, könnten sich die Zahlen verschlechtern, vor allem auch deshalb, weil die Sportbahnen kaum Einnahmen aus der Gastronomie und Hotellerie haben.Wie bewerten Sie denn diese Potenzialanalyse als ersten Teil der Machbarkeitsstudie?Ich war doch etwas überrascht, weil ich mit einem grösseren Potenzial gerechnet hatte. Eine unbestrittene Tatsache ist aber, dass die Pistenkilometer das Entscheidende sind, um Gäste in ein Gebiet zu bringen. Die Erfahrungen aus anderen Regionen beweisen: je mehr Pistenkilometer, desto länger die Aufenthaltsdauer. Es geht nicht mal darum, ob die Gäste die Möglichkeiten der Verbindung auch nutzen – das tun laut Studie nur gerade 25 Prozent. Zusammenschlüsse haben trotzdem die Aufenthaltsdauer verlängert. Wir wollen also nicht mehr Skifahrer anziehen, sondern wir wollen, dass sie länger bleiben. Ob man das potenzielle Wachstum als genügend erachtet, um Investitionen zu tätigen, werden dann die Bahnen entscheiden müssen. Ich betone aber, dass die Machbarkeitsstudie einzig den Verkehrsertrag der Bahnen untersucht. Die weitere Wertschöpfung wie Gastronomie oder Hotellerie beziehen wir gar nicht ein. Der Ausschuss der Bahnen hat aufgrund dieser ersten Potenzialabklärung auf jeden Fall beschlossen, das Projekt trotz der vorliegenden Potenzialzahlen weiter zu verfolgen.Warum werden denn diese ökonomischen Punkte zuerst angeschaut, bevor man sich fragt, ob ein Zusammenschluss aufgrund des Landschaftsschutzes überhaupt möglich ist?Das ist die Huhn-oder-Ei-Frage. Natürlich könnte man es auf beide Arten machen. Für uns ist es der realistischere Weg, vorsichtig das Potenzial einzuschätzen und dann eine mögliche Rentabilität zu berechnen. Bei einem Gesamtnutzen von 7 Millionen Franken können sich die Bahnen überlegen, welche Investition sinnvoll ist. Aus Sicht der Richtplanung wäre vieles möglich, wir sind in einem Gebiet mit touristischer Intensivnutzung. Die Fragen des Landschaftsschutzes sind aber anschliessend genau abzuklären. Sie sind extrem wichtig, nicht nur für die Gäste, sondern eben auch für die Bahnen und die Rentabilitätsberechnungen. Wenn sich zeigen würde, dass beispielsweise die kürzeste mögliche Verbindung aus ökologischen Gründen nicht machbar wäre, obwohl sie die frankenmässig günstigste wäre, müssten wohl höhere Investitionen von den Bahnen getätigt werden. Wäre damit die Rentabilität nicht mehr gewährleistet, würden sie im Ausschuss der Arbeitsgruppe wohl den Abbruch der Machbarkeitsstudie verlangen.Man hat bisher eher den Eindruck gehabt, die Bahnen begrüssen vordergründig den Zusammenschluss, ergreifen dann aber doch kaum eine Initiative.Die Bahnen müssen ja auch nicht den Lead übernehmen. Sie haben das Projekt im Sinne eines interkantonalen NRP-Projektes an uns übergeben, um eine Machbarkeitsstudie zu erhalten. Man darf nicht vergessen, die drei Bahnen arbeiten derzeit finanziell gut und der Leidensdruck ist momentan nicht so hoch. Man sollte aber den Zusammenschluss aus der Position der Stärke prüfen und angehen. Sollte das Resultat der Machbarkeitsstudie negativ sein, dann kann man wenigstens sagen, wir haben es zum ersten Mal gründlich abgeklärt. Ist das Resultat positiv, müssen die Bahnen daraus die für sie richtigen Schlüsse ziehen. In diesem Falle würde es wohl aus meiner Sicht am realistischsten sein, bei einer möglichen Umsetzung ein etappiertes Vorgehen zu wählen.
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