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Obwalden

Après-Ski-Gedanken

Ruth Koch-Niederberger erzählt in ihrem «Ich meinti» vom Skifahren gestern und heute.
Ruth Koch-Niederberger

Ruth Koch-Niederberger

Dunkelblau glänzend standen sie da an der Stubenwand. Mit richtigem Kunststoffbelag. Die Metallkanten säuberlich mit Schrauben im Holz fixiert, die Schraubenrillen stramm in Fahrtrichtung ausgerichtet. Das waren meine ersten Skier, Marke Mathis, produziert in Giswil. Das Christkind hatte mir diese in die Stube gezaubert. Je zwei Backen und ein Drahtseil mit Zug dienten zur Befestigung der Leder-Skischuhe. So ausgerüstet erlernte ich am Hang vor und hinter dem Haus das Skifahren respektive das Aufstehen nach den Stürzen. Ich glitt ein paar Meter runter und stieg wieder hoch.

Schon im folgenden Winter begleitete ich meine älteren Geschwister auf den nahen Berg. Das hiess für uns, zuerst den Kilometer zur Seilbahn zurückzulegen. Dann ging es mit der Viererkabine steil hinauf. Die frecheren Kinder öffneten während der Fahrt die Türe, um den Ängstlicheren ihren Mut zu beweisen. Oben bediente die Bäuerin, in Rock, Wollstrümpfen sowie Endifinken die Seilbahn. Sie schimpfte mit den Frechen und zog den Fränkler für die Bahnfahrt ein.

Begeistert fuhren wir bis zum Abend mit dem Lift rauf, über die Bergmatten runter, rauf und runter. Kaum eine Pause gönnten wir uns. Damals konnte ich nie verstehen, wie die Erwachsenen schon um halb drei Uhr vor der Skihütte beim Kafi Schnaps sitzen wollten, wo sie doch noch hätten brettern können.

Todmüde machten wir uns vor dem Einnachten auf die Talabfahrt. Diese hatte es in sich, verlangte sie uns doch die letzten Kräfte ab: über Viehtriebwege, zwischen Stauden, Bäumen, über Wiesen, Mauern und Zäune, vorbei am bissig-bellenden Hund des Nachbarn und mit dem letzten Schwung vor unser Haus. Vorbei sind diese Zeiten. Der Lift musste mangels Schnees schon vor über 25 Jahren den Betrieb aufgeben. Talabfahrten bis auf 500 m.ü.M. runter sind nur noch an wenigen Tagen möglich, wenn überhaupt. Auch meine Präferenzen sind nicht mehr dieselben. Heute klebe ich gerne die Felle an die Tourenski und laufe durch die Bergwelt, ersteige die nahen Kreten oder Gipfel. Die Ruhe sowie die Landschaft belohnen mich für die Anstrengung. Manchmal – ich gebe es zu – geht die Tour nur bis zu einer Pistenbeiz. Dort geniesse ich einen Kafi Schnaps.

Bei einem solchen Aufstieg fängt man sich schon mal erstaunte Blicke von jüngeren Ski- und Snowboardfahrern ein. Einmal hielt ein vom Après-Ski gezeichneter Snowboarder sogar an. Er fragte erstaunt, was ich denn hier tue. Auf meine Antwort «hochlaufen» fragte er, ob es denn nicht viel schöner sei, runter zu fahren. Ich erklärte ihm, ich sei schon so oft runtergefahren, nun fände ich es interessanter hochzulaufen. Vielleicht komme es bei ihm später auch mal so. Er meinte, das sei eher unwahrscheinlich. Ungläubig fuhr er talwärts. Das war im letzten Winter. Wenn ich es mir recht überlege, stellt sich nicht die Frage, ob der Snowboarder in zwei, drei Jahrzehnten lieber runterfährt oder hochläuft. Die Frage lautet: Wird uns Frau Holle überhaupt noch mit Schnee beschenken? Sind wir zufrieden nur mit Après-Ski?

Ruth Koch-Niederberger, Kommunikationsfachfrau aus Kerns, äussert sich abwechselnd mit anderen Autoren zu einem selbst gewählten Thema.

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