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Obwalden

Obwalden im Energie-Clinch mit der Stadt Luzern

Wie viel ist das Kraftwerk Obermatt in Engelberg wert? Soll und kann der Kanton es von den EWL 2021 zurückkaufen? An einem Podium wurde ein Einblick in die Verhandlungen gegeben, die Katze blieb aber noch im Sack.
Mehrere Wege sind offen: Wohin soll es mit dem Kraftwerk Obermatt in Engelberg gehen? (Bild: OZ)
Stephan Marty, EWL. (Bild: Pius Amrein)
Obwaldens Baudirektor Josef Hess. (Bild: Corinne Glanzmann)

Markus von Rotz

Markus von Rotz

Markus von Rotz

Die entscheidende Frage stellte Geny Hess, Nachkomme von Strompionier Eugen Hess, zum Schluss eines Podiums in Engelberg: «Sollen wir nicht bis 2041 weiterhin billigen Strom beziehen und dann das Kraftwerk Obermatt gratis übernehmen?» Er könne sich nicht vorstellen, wie der Kanton Obwalden in der aktuellen finanziellen Lage dieses kaufen könne. Ein Werk, für das sein Urgrossvater, «Sager-Geni» genannt, seinerzeit das Fundament gelegt hat und das seit 1960 mit einer Konzession des Kantons Obwalden zu 90 Prozent der EWL (Energie Wasser Luzern) und damit der Stadt Luzern gehört und neben der Stadt auch Engelberg mit Strom versorgt. Produziert werden pro Jahr rund 135 Gigawattstunden – die übrigen EWL Werke produzieren zehn Prozent davon.

Diskutiert wurde das Thema vor rund hundert Personen am Donnerstagabend auf Einladung der CVP Engelberg, weil der Kanton das Stromkraftwerk 2021 vorzeitig zum Betriebswert kaufen könnte. Bis Juni 2019 müsste er die Kaufabsicht anmelden.

«Schwierig zu sagen, wer mehr Recht hat»

«Kaufen oder nicht, ja, das ist die Preisfrage», sagte Baudirektor Josef Hess. Es sei vieles denkbar, ein Rückkauf, eine andere Form der Beteiligung oder auch ein Zuwarten. Völlig offen ist nämlich im Moment der allfällige Rückkaufspreis. Je nach Rechnungsweise sprächen die beiden Seiten von einem «sehr hohen zweistelligen bis zu einem sehr tiefen einstelligen Millionenbetrag». Und ein zugezogener Obergutachter kam auf 500 Seiten zur Quintessenz: «Eigentlich haben beide Seiten Recht. Es ist somit schwierig zu sagen, wer mehr Recht hat. Darum wäre eine Kompromisslösung sinnvoll, und an einer solchen arbeiten und verhandeln wir. Und wir tun das so fair, dass wir uns auch einen ganzen Abend im gleichen Raum aushalten», sagte Josef Hess mit einem Seitenblick auf Stephan Marty, den Vorsitzenden der EWL-Geschäftsleitung. «Wir hoffen, dass wir bald zu einem Punkt kommen, wo wir eine Lösung präsentieren können», sagte Hess diplomatisch.

Solarstrom dürfte «massiv billiger» werden

Ein vergleichbares Werk zu bauen, würde heutzutage 200 bis 250 Millionen Franken kosten, schätzte Stephan Marty. Er wisse nicht, wer heute in einen liberalisierten Markt so viel Geld investieren würde. Es gebe auch sonst viele offene Fragen, die schwer zu beantworten seien. Etwa die: «Welche Wassermenge gibt es dereinst wegen des Klimawandels noch?» Anderseits sei er zutiefst überzeugt, dass die Welt der Stromproduktion in 40 Jahren «viel besser» aussehen werde. Solarstrom sei dannzumal «massiv billiger als die heutige Wasserkraft». Und in einem liberalisierten Markt sei der Absatz nicht mehr so sicher wie früher. «Ich bin froh, wenn wir heute den Preis für morgen voraussagen können. Dieser Markt ist viel dynamischer geworden».

Der Kanton Obwalden sei derzeit «in einer hervorragenden Ausgangslage», rechnete Marty vor. Dieser erhalte für seine 10-Prozent-Beteiligung am Werk 20 Prozent der Energie zu Gestehungskosten. «Das ist das klassische Modell aus der damaligen Monopolzeit.» Gleichzeitig lobte er auf Nachfrage von Gesprächsleiter und CVP-Kantonsrat Dominik Rohrer das aktuelle Besitzermodell. «Wir haben eine Aktiengesellschaft, die dem Staat gehört, welcher Sicherheit gewährleistet, und wir können gleichzeitig unternehmerisch agieren.»

In die Verhandlungskarten liessen sich Hess und Marty nicht blicken. Marty nannte den Kanton einen «perfekten Partner. Die Verhandlungen verlaufen sehr professionell und sachlich.» Die Schwierigkeit sei, dass man wie 1980 weit in die Zukunft schauen müsse: Damals hatte der Obwaldner Kantonsrat gegen den Willen der Regierung beschlossen, das Lungernsee-Kraftwerk von den Centralschweizerischen Kraftwerken zurückzukaufen und künftig selber zu betreiben.

Wie damals sind heute auch in Engelberg viel Emotionen mit dem Entscheid verbunden, mussten doch vor Jahrzehnten diverse juristische Hindernisse überwunden werden, damit die Stromversorgung für das aufstrebende Dorf Engelberg sichergestellt werden konnte, wie Historiker Mike Bacher aufzeigte. Auch weil der Kanton selbstherrlich via Gesetz die Stromverteilung auch für Engelberg ab 1961 zur alleinigen Kantonssache (Elektrizitätswerk Obwalden) erklärte und die damalige Pionierfamilie Hess vor vollendete Tatsachen stellte und brüskierte. Vor Bundesgericht gewann der Kanton dann allerdings. «Und genau weil das sehr emotional ist, ist es auch so schwierig, richtig zu entscheiden», sagte EWL-Chef Marty.

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