Matthias Piazza
Sie gehören wohl schon fast zum Nidwaldner Kulturgut. Wohl jeder, der regelmässig auf Nidwaldens Strassen unterwegs ist, oder sich öfters im Kanton aufhält, hat schon einmal einen Lastwagen mit der unverwechselbaren Farbkombination gesehen: die Kabine blau, hinten orange, darüber ein blauer Balken. Gabriel Transport AG schreibt seit einem halben Jahrhundert Nidwaldner Transportgeschichte.
Einige verbinden mit dem Familienunternehmen auch persönliche Erinnerungen. Denn rund ein Drittel des Umsatzes macht Gabriel Transport mit Umzügen – und das offenbar zur Zufriedenheit. «Es kommt immer wieder vor, dass uns dieselben Kunden nach ein paar Jahren wieder für den Zügeltransport beiziehen, wenn sie abermals die Wohnung wechseln», erzählt Marcel Gabriel stolz, der mit seinem Bruder Andi Gabriel das Familienunternehmen führt. «Oft kommt es auch vor, dass Zügelkunden von ihren Verwandten oder Freunden auf uns aufmerksam gemacht werden. Es läuft sehr viel über Mund-zu-Mund-Propaganda», erklärt er.
Die Verbundenheit des Unternehmens mit Nidwalden habe sich auch am Jubiläumsbrunch vom 18. August mit rund 300 Gästen gezeigt.
Zügeln: Aufwendig aber lukrativ
Umzüge seien nicht nur ein wichtiges Standbein, sondern auch ein Teil des Erfolgsmodells, ergänzt Andi Gabriel. «So können wir uns in der hart umkämpften Branche behaupten. Die meisten Transportunternehmen bieten keine Umzüge an.» Dies sei auch nicht weiter verwunderlich. «Beim Zügeln tritt man in die Privatsphäre der Kunden, da ist viel Fingerspitzengefühl und ein korrekter Umgang mit ihnen besonders wichtig, dafür werden unsere Mitarbeiter auch speziell geschult. Sie treffen manchmal auch auf menschliche Tragödien, zum Beispiel, wenn wir eine Wohnung auf Anordnung der Polizei räumen müssen.»
Je nach Grösse des Auftrages sind zwischen zwei und sechs Mitarbeiter mit dem Knochenjob beschäftigt. Für die Firma lohnt sich das Geschäft: «Zügeln ist für uns lukrativer als nur Stückgut zu transportieren», hält Andi Gabriel fest.
Doch auch beim Stückgut ist Gabriel ein Begriff in Nidwalden. Rund 300 Kunden, die meisten aus der Zentralschweiz, lassen ihre Ware durch ihn transportieren, viele schon seit Jahren. Wer will, kann auch die gesamte Logistik auslagern. Ein Autoindustrie-Zulieferer aus dem luzernischen Dierikon etwa überlässt die gesamte Beschaffung und Lagerung dem Familienunternehmen, das vor vier Jahren die Lagerfläche auf 14300 Quadratmeter erweiterte. Die Lagerung macht mittlerweile über zehn Prozent des Umsatzes aus. Dazu tragen nicht nur Firmen bei, sondern auch Private, die ihre Möbel einstellen.
Es begann als Drei-Mann-Betrieb in der Stadt Luzern
Die Erfolgsgeschichte startete am 1. August 1969 – allerdings nicht in Ennetbürgen, sondern in einem kleinen Lagerschuppen im Luzerner Rösslimatt-Quartier. Toni Gabriel (vor drei Jahren 82-jährig verstorben) gründete das Transportunternehmen, das zu Beginn ein Drei-Mann-Betrieb war. Es wurde grösser und siedelte sich 1981 am jetzigen Standort, in der Ennetbürger Herdern an.
Seit 1999 führen die Söhne Andi (55) und Marcel Gabriel (57) die Geschicke des Familienunternehmens. Doch auch zuvor halfen sie tatkräftig mit – und erlebten dabei auch die gewaltigen Veränderungen der vergangenen Jahrzehnte in der Transportbranche. Wie auf einem Basar sei es früher am Flughafen in Zürich zu- und hergegangen. «Handys gab’s damals noch nicht. Mit Zurufen erhielt mein Vater die Fracht für die Zentralschweiz», erinnert sich Andi Gabriel. Chauffeure mussten unterwegs eine Telefonkabine aufsuchen, wenn sie mit einem Disponenten sprechen wollten.
Markant zugenommen habe der Zeitdruck: «Früher belieferten wir Randregionen wie das Tessin oder das Wallis einmal pro Woche. Heutzutage wollen die Kunden nicht länger als einen Tag auf ihre Lieferung warten», weiss Andi Gabriel. «Ein Handwerker, der bis 17 Uhr einen Leim bestellt, erhält ihn am Folgetag.»
In die Ära der beiden Brüder fiel auch die Einführung der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) 2001, welche das Unternehmen jährlich rund eine halbe Million Franken koste, was einen beträchtlichen Teil am Umsatz ausmache.
Patrick Gabriel übernimmt das Steuer
Die Herausforderungen in der Branche halten Patrick Gabriel (26), der Sohn von Andi Gabriel, nicht davon ab, das Familienunternehmen in die dritte Generation zu führen. Seit vier Jahren ist er im Unternehmen, nächstes Jahr übernimmt er die Geschäftsleitung. Vater und Onkel werden kürzertreten.
Mit rund 50 Mitarbeitern, 30 Lastwagen und etwa 100 Tonnen transportierter Fracht täglich gilt Gabriel Transport als kleines Unternehmen. Genau dies ist für Patrick Gabriel auch das Erfolgsrezept, um sich gegen die Grossen der Branche behaupten zu können. «Als kleines Familienunternehmen sind wir unabhängiger, die Kommunikation ist einfacher. Das schätzen die Kunden und auch die Mitarbeiter, die teilweise schon seit Jahrzehnten bei uns arbeiten.»