Martin Uebelhart
Der Landrat hätte am Mittwoch die Notverordnung zur Zusatzfinanzierung von Härtefallmassnahmen für Unternehmen beraten sollen. Kurzfristig hat der Regierungsrat jedoch die Abtraktandierung des Geschäfts beantragt. Mit der Notverordnung vom 23. Februar habe der Kanton Nidwalden mehr Mittel und mehr Flexibilität beim Härtefallprogramm erhalten, sagte Landammann und Volkswirtschaftsdirektor Othmar Filliger in seiner Begründung für die Abtraktandierung. Das habe in der ersten Entscheidungsrunde von Ende Februar geholfen. Der Kanton hat 12,3 Millionen Franken an 120 Firmen ausbezahlt, was im Durchschnitt über 100'000 Franken pro Betrieb ergebe. Der Noterlass regelt, dass der Kanton die Härtefallhilfe zu 70 Prozent als nicht rückzahlbare Beiträge und zu 30 Prozent als Bürgschaft leisten muss. «Das Verhältnis 70 zu 30 hat in der ersten Entscheidungsrunde eingehalten werden können», hielt Filliger fest.
Am vergangenen Donnerstag habe die kantonale Entscheidungskommission festgestellt, dass das Verhältnis in Zukunft nicht mehr eingehalten werden könne. Zwei Gründe hätten zu dieser Erkenntnis geführt.
Zum einen würden die neuesten, in der Frühlings-Session vom Bundesparlament beschlossenen Anpassungen dazu führen, dass die Härtefall-Finanzhilfen in Zukunft aus zwei verschiedenen Gefässen erfolgen werden. Ein Topf mit 6 Milliarden Franken diene der Unterstützung von KMUs mit einem durchschnittlichen Jahresumsatz für 2018 und 2019 bis 5 Millionen Franken. Hier erfolge die Finanzierung zu 70 Prozent vom Bund und zu 30 Prozent durch die Kantone.
Es droht eine Ungleichbehandlung der Unternehmen
Der zweite Topf mit 3 Milliarden Franken sei für grosse Unternehmen bestimmt mit einem entsprechenden Umsatz von über 5 Millionen Franken. Dieser werde zu 100 Prozent vom Bund finanziert. Die Kantone hätten sämtliche Gesuche zu bearbeiten und zu verfügen. 99 Betriebe haben ausschliesslich nicht rückzahlbare Beiträge erhalten, 21 sowohl À-fonds-perdu-Beiträge als auch Bürgschaften, zeigte Filliger die bisherige Bilanz auf. «Aufgrund der ersten Entscheidungsrunde wissen wir, dass wir einige grosse Unternehmen in das zweite Gefäss transferieren werden», so der Landammann. Diese Firmen hätten einen weit überdurchschnittlich grossen Anteil an Bürgschaften erhalten, weil der Kanton die kleineren und mittleren Beiträge vollständig in Form von À-fonds-perdu-Beiträgen ausbezahlt habe. Wenn diese Bürgschaften aus dem ersten Gefäss weggingen, könnten sie nicht mehr im selben Umfang kompensiert werden. «Das Verhältnis 70 Prozent nicht rückzahlbare Beiträge zu 30 Prozent Bürgschaften im KMU-Topf lässt sich unmöglich aufrechterhalten», verdeutlicht Othmar Filliger auf Nachfrage. Selbst dann nicht, wenn in Zukunft nur noch Bürgschaften erteilt würden. Das würde aber eine grobe Ungleichbehandlung der Firmen der ersten Runde bedeuten würde. «Das geht nicht», befand Othmar Filliger im Landrat.
Positive Jahresergebnisse 2020 werden nicht mehr berücksichtigt
Der zweite Grund liegt in einer Anpassung bei der Bemessung der Finanzhilfe. Nach Absprache mit dem Regierungsrat habe die Entscheidungskommission beschlossen, die positiven Jahresergebnisse 2020 bei der Ermittlung vom minimalen Finanzbedarf nicht mehr zu berücksichtigen. Das führe zu Nachzahlungen. Weiter habe die Kommission festgelegt, dass jene Betriebe, die weiterhin geschlossen oder stark eingeschränkt seien – Gastronomie, Fitnessstudios, Reisebüros, Unternehmen aus der Eventbranche – für die Monate April und Mai Zuschläge erhielten. «Die Systemanpassung und die beiden monatlichen Zuschläge führen auf der Basis der bislang 170 verfügten Gesuche zu weiteren finanziellen Unterstützungen in der Grössenordnung von 3 Millionen Franken», zeigte Filliger die Auswirkungen auf.
Da wegen des geänderten Bundesrechts und der kantonalen Systemänderung das Verhältnis zwischen nicht rückzahlbaren Beiträgen und Bürgschaften nicht gehalten werden könne, kündigte der Landammann bereits für den Donnerstag eine neue Notverordnung an. Die Regierung werde diese zu einem späteren Zeitpunkt dem Landrat vorlegen.
«Cleverer Schachzug» der Regierung
Remo Zberg (FDP) Hergiswil, bezeichnete den kurzfristigen Antrag der Regierung auf Abtraktandierung als «sehr cleveren Schachzug». «Sie verhindert damit aber eine Diskussion über das Thema hier im Saal und damit auch eine Diskussion in der Öffentlichkeit. Die Entscheidungskommission habe offenbar auf Druck der Unternehmungen und der Politik eine Systemanpassung bei den Vergabekriterien vorgenommen. Das sei grundsätzlich ganz im Sinn und Geist der FDP-Fraktion. «Darum können wir nur hoffen, dass die neuen Kriterien in die richtige Richtung gehen», so Zberg. Besonders stossend an den heutigen Vorgaben sei, dass gut geführte Betriebe, die im vergangenen Jahr auf Ferien oder Ruhetage verzichtet hätten, Lehrlinge beschäftigten und generell unternehmerisch gut gearbeitet hätten von den Härtefallgeldern wenig oder gar nicht profitiert hätten.
Der Landrat genehmigte die Streichung des Geschäfts von der Traktandenliste einstimmig.