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Nidwalden

Nidwaldner ETH-Professor über Zwerge mit Riesen-Potenzial

Der Wolfenschiesser Markus Niederberger befasst sich mit grossen Möglichkeiten von Nanopartikeln. Zu finden sind sie fast überall.
Markus Niederberger spricht über die grosse Zukunft der winzigen Nanopartikel.Bild: Romano Cuonz (Stans, 21. Oktober 2019)

Romano Cuonz

«Nanopartikel sind Teilchen in der Grösse von bloss ein paar wenigen Millionstel-Millimetern, vielleicht deshalb wurde ihre Bedeutung lange unterschätzt», eröffnete Materialchemiker Markus Niederberger seinen Vortrag am vergangenen Montagabend im Kollegium St. Fidelis. Den aus Wolfenschiessen stammenden ETH- Professor nach Stans eingeladen hatte die Naturforschende Gesellschaft Ob- und Nidwalden (Nagon). «Wir bieten Wissenschaftlern immer wieder Gelegenheit, in ihrer Heimat über ihr Forschungsgebiet und ihre Tätigkeit zu berichten», erklärte Präsident Andreas Traber zu Beginn.

Markus Niederberger arbeitete nach der Matura in Stans vorerst im kalifornischen Santa Barbara, in Potsdam und am Max-Planck Institut. Heute ist der Materialwissenschaftler ETH Professor in Zürich. Kürzlich überreichte ihm diese die «Goldene Eule», ein Sympathiepreis für sehr engagierte und von den Studenten als besonders gut bewertete Dozenten. Zurzeit forscht Niederberger im «Department of Materials» mit kreativen Studenten aus zehn Nationen zu multifunktionalen Möglichkeiten der Nanotechnologie.

Kirchenfenster oder Autopneus

Zu Beginn seines Vortrags frappierte Markus Niederberger sein Publikum mit einem Bild: darauf zu sehen, nebeneinander ein Kirchenfenster, ein Auto-Pneu und eine Packung Jacobs-Kaffee. Seine provokative Frage dazu: «Was haben all diese Dinge mit Nanopartikeln zu tun?» Die Antwort: Nanometergrosse Goldpartikel verfärben sich, etwa bei der Herstellung von farbigem Glas von gelber zur roten Farbe. Das hätten sogar schon die Römer gewusst. In Autopneus befänden sich, in Form von schwarzem Russ, unzählige Nanopartikel. Und im Kaffee? Diesem mische man – wie vielen anderen pulverförmigen Lebensmitteln auch – Sand im winzigen Nanoformat bei, damit er nicht verklumpe. In der Tat: Solche Nanopartikel kommen – selbst wenn wir Menschen sie nur durch Mikroskope von höchster Qualität erkennen können – auf unserem Planeten überall und in riesigen Mengen vor. Sie schwimmen mit dem und im Wasser. Winderosion in Sandwüsten fegt sie weit über alles Land. Und bei Waldbränden oder Vulkanausbrüchen werden Unmengen an Nanopartikeln freigesetzt.

«Ja, die Natur produziert weit mehr und vielfältigere Nanopartikel als wir Wissenschaftler das je tun können», meinte Niederberger bescheiden. Der Begriff beschreibe eigentlich nur eine Grösse. Was immer man nehme und unter dem Mikroskop genauer betrachte: irgendwann gelange man in den fürs menschliche Auge unsichtbaren Nanometerbereich. Und Niederberger ergänzte: «Die Arbeit von uns Wissenschaftlern ist es nun, Materialien – von Metallen wie etwa Gold, Rost oder Russ – so zu transferieren, dass sie nur noch ein paar Nanometer gross sind», erläuterte der ETH-Professor.

Man könne praktisch alles, was es gebe, im Nanometerbereich herstellen. Und das Interessante dabei: In diesem Grössenbereich würden viele Materien – wie beispielsweise die rote Farbe von Gold demonstriere – ihre Eigenschaften wesentlich verändern. Weisse Farbe eigne sich plötzlich für Solarzellen. Schon heute stelle sie die Industrie in grossen Mengen her.

Arbeit an kommerziellem Erfolg

Auf die Frage, wo denn Nanopartikel heute vor allem zur Anwendung kämen, meinte Markus Niederberger: «Im Vordergrund stehen Fachbereiche wie die Medizin mit ganz neuen Wirkstoffträgern für Medikamente. Oder auch die Lebensmittelindustrie in mannigfachen Bereichen.» In Zukunft würde sich die Zahl der Anwendungen bestimmt noch vergrössern. Auch seine ETH- Studentengruppe stelle Nanopartikel selber her. «Ich hatte beispielsweise die Idee, dass wir für künftige Handys oder Tablets, die faltbar sein sollen, mittels Nanotechnologie flexible, dehnbare Batterien herstellen könnten», erzählt Niederberger. Einem Doktoranden sei es tatsächlich gelungen, einen Prototypen herzustellen. Niederberger dazu: «Natürlich würden wir wünschen, dass sich die Industrie für unsere Ergebnisse interessiert, aber bis es soweit ist, müssen wir grosse Arbeit leisten, damit wir noch viel besser werden.»

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