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Nidwalden

Hornkuh-Initiative: Warum Wendel Odermatt in Wolfenschiessen auf Hornkühe setzt

Die Hornkuh-Initiative wird sehr kontrovers diskutiert – auch in Ob- und Nidwalden. Sie scheint beinahe zur Gretchenfrage unter Landwirten zu werden. Wir haben zwei von ihnen besucht.
Wendel Odermatt, Wolfenschiessen, mit seinem Sohn Linus und der Kuh Eule.  (Bilder: Marion Wannemacher (9. November 2018))
Landwirt Martin Hug mit Kuh Debora.

Marion Wannemacher

Marion Wannemacher

Soll der Bund für Kühe mit Hörnern Beiträge zahlen? Bauern könnten aber weiterhin frei entscheiden, ob sie ihre Tiere enthornen wollen. Bald entscheiden auch Laien darüber. Dass diese Frage nicht einfach zu beantworten ist, zeigt die Position zweier Landwirte.

Wendel Odermatt, Landwirt und Gemeindepräsident,
parteilos, Wolfenschiessen

Seit mehr als zwanzig Jahren hat Familie Odermatt gehörnte Kühe. Sie führt den Bio-Milchwirtschaftsbetrieb im Lochrüti bereits in der vierten Generation. «Eigentlich hatte bereits mein Vater immer Kühe mit Hörnern», erzählt Wendel Odermatt. Im Zuge eines Stallumbaus vor zwanzig Jahren stellte er für kurze Zeit um auf hornlose Kühe. «Als ich aus dem Aufzuchtbetrieb sieben Kühe mit Hörnern übernahm, stellte ich fest, dass das gut geht.» Heute zählt der Bestand 38 Milchkühe, einen Stier, 12 Stück Jungvieh und 25 Stück Jungvieh im Aufzuchtbetrieb in Wiesenberg, es sind Brown Suisse und Schweizer Fleckvieh.

«Für mich war eine ‹richtige Kuh› schon immer eine mit Horn», sagt der 46-Jährige. Sohn Linus, der seine Maturaarbeit über das Thema geschrieben hat und sich nun nach der Matura zum Landwirt ausbilden lässt, stimmt ihm zu. Der 18-Jährige ist überzeugt: «Die Hörner haben verschiedene Funktionen. Sie dienen der Kommunikation und einer guten Rangordnung. Sogar mit der Verdauung haben sie zu tun. Über Mund- und Rachenraum steigen die Gase bis in den Hohlraum des Horns.» Es gebe sogar eine These, dass die Tatsache, ob Kühe über Hörner verfügten oder nicht, einen Einfluss auf die Milchqualität habe. Das sei aber nicht wirklich wissenschaftlich belegt, so der 18-Jährige.

Für Wendel Odermatt zählen allein die Fakten aus seinen Erfahrungen in seinem Betrieb: «Ich habe es probiert mit Hornkühen, es funktioniert wunderbar. Wir haben dadurch nicht mehr Verletzungen und Tierarztkosten als Betriebe mit hornlosen Kühen.» Allerdings räumt er ein, dass er selber auch nur eigene Aufzucht habe, dadurch gebe es weniger Probleme mit Rangkämpfen. Auch sei die Grösse seines Stalls laut Tierschutzverordnung für viel mehr Kühe nutzbar, als er tatsächlich besitze.

Seit zwanzig Jahren ohne Subventionen mit Hornkühen

Er werde in der Abstimmung klar mit Ja stimmen, bekundet Wendel Odermatt. Um Subventionen gehe es ihm dabei nicht, der Betrieb beweise dies seit zwanzig Jahren. «Ich möchte meine Meinung anderen nicht aufdrücken. Und ich finde, dass das Parlament es verpasst hat, auf der Verordnungsstufe die Initiative abzufangen oder mit einem Gegenvorschlag zu begrenzen. So etwas gehört nicht in die Verfassung, sonst würde die ja ein lustiges Konstrukt werden, wenn jeder ‹Peanut› (jede Kleinigkeit, Anmerkung der Redaktion) da rein kommt.» Wendel Odermatt hält fest: Ich werde mit Ja stimmen, weil Initiant Armin Capaul sein Recht wahrgenommen hat und es weitergezogen hat.» Sohn Linus sieht es genauso: «Ich stimme mit Ja aus dem gleichen Grund. Es gehört nicht in die Verfassung, ist aber eine gute Sache, weil in der gesamten Schweiz bislang vielleicht nur zehn Prozent aller Kühe Hörner haben. Schade finde ich einfach, dass unter den Landwirten derart engagiert gekämpft wird, obwohl die Initiative niemandem schadet.»

Martin Hug, Landwirt und Kundenberater bei einer Bank, Alpnachstad

Auch der Neuhof ist ein Landwirtschaftsbetrieb in vierter Generation. Martin Hug führt den Vollerwerbsbetrieb gemeinsam mit seinen Eltern Walter und Rita und arbeitet als Kundenberater bei einer Bank. 30 Kühe, die meisten Original Braunvieh, hält er in Mutterkuhhaltung, produziert also Fleisch. «Ich habe die halbe Zeit meines Lebens Kühe mit Hörnern erlebt», erzählt der 36-Jährige. 2013 übernahm er den Betrieb aus der Hand seines Vaters Walter, der bereits damals seit über zehn Jahren das Vieh wieder enthornte. «Das bewirkte, dass wir auf die Laufstallhaltung einfacher umstellen konnten», erzählt er. Mit dem Umbau begann er direkt nach der Übernahme des Hofs. Auch aus arbeitstechnischen Gründen habe er umgestellt, aber hauptsächlich wegen des Tierwohls. «Früher gab es mehr Verletzungen bei den Tieren durch natürliche Rangkämpfe», sagt er. Er kenne Landwirte, die durch Kuhhörner ein Auge verloren oder andere Verletzungen erlitten. «Das gibt es heute nicht mehr», sagt er. «Am Verhalten der Tiere oder am Gesundheitszustand kann ich keinen Unterschied feststellen, ob sie Hörner haben oder nicht», sagt er.

In der zweiten bis dritten Lebenswoche werden die Kälbchen entweder vom Bauern, der einen Sachkundenachweis haben muss, oder vom Tierarzt unter Lokalanästhesie und Sedierung enthornt. «In diesem Alter ist das Horn eher wie eine Warze auf der Haut, die abgebrannt wird. Die Wunde wird desinfiziert und das Horn wächst nicht mehr», erklärt er. Rinder mit Hörnern bräuchten viel mehr Platz. Fast alle Tiere in Laufställen hätten keine. «Die mit Hörnern werden mehrheitlich im Anbindestall gehalten.»

Trotz Beiträge kaum mehr Hornkühe

Hug ist überzeugt, dass wegen der zu erwartenden Beiträge nicht mehr Bauern Hornkühe halten würden. «Sie müssten ja dann ihren Stall vergrössern. Die Beiträge würden sicher nicht so ausfallen, dass sie die Umbaukosten rechtfertigen würden.» Hug erkennt noch ein weiteres Problem: «Die Landwirtschaft hat wichtige Aufgaben. Sie ist zuständig für die Versorgung mit Lebensmitteln, die Pflege der Kulturlandschaft und den Erhalt der Artenvielfalt. Ob eine Kuh Hörner hat oder nicht, trägt zu all dem nichts bei.» Es sei auch eine Frage der Verteilung von Geldern. «Der Kuchen wird nicht grösser und dann fehlen Mittel für sinnvolle Zwecke», hält er fest.

«Ich finde Kühe mit Hörnern genau gleich schön wie solche ohne», sagt Martin Hug. «Weltweit ist die Laufstallhaltung eine zeitgerechte Nutztierhaltung. Wenn man auf diese setzt, kann man Hörner nicht brauchen.» Für ihn steht darum fest: «Ich stimme mit Nein, weil die Unterstützung von Kühen mit Hörnern weder den Tieren noch der Landwirtschaft was bringt und so nicht in die Verfassung gehört. Die Landwirtschaft hat wichtigere Aufgaben und sollte jeden Franken gezielt einsetzen.»

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