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Nidwalden

«Das Moderieren war immer mein Steckenpferd»: «Salomon-Sepp» aus Nidwalden ist die Stimme von Adelboden

Sepp Odermatt (64) war bei Skiherstellern und in der Bergbahnbranche engagiert. Seine Leidenschaft lebt er jedoch als Speaker bei Skirennen aus.
(Manuela Jans-Koch (Oberdorf, 8. Januar 2020))
Sepp Odermatt im Jahr 2001. (Alessandro Della Valle/Keystone)

Roger Rüegger

Roger Rüegger

Am Wochenende kommentierte Sepp Odermatt aus Oberdorf am Kuonisbergli in Adelboden, am kommenden Wochenende ist er Speaker am Lauberhorn und eine Woche später engagiert sich er sich auf der Streif in Kitzbühel. Seine Stimme kennt man auch als FCL-Reporter bei Radio Central/Sunshine.

«Sepp Odermatt hat in Adelboden als Speaker Kultstatus. Er kennt jeden Fahrer», sagte mir ein Kollege, der die Rennen auf dem Kuonisbergli oft besucht. Haben Sie nach dem furiosen Schweizer Sieg am Sonntag die richtigen Worte gefunden oder verschlug es auch Ihnen die Sprache?Die Siegerehrung mit Daniel Yule und danach die Nationalhymne zu hören, das war auch für einen Routinier wie mich ein emotionaler Moment.Wie erlebten Sie den zweiten Lauf?Als Tanguy Nef einfädelte, hatte ich ein Déjà-vu vom Vortag, als die Schweizer einer nach dem anderen nach hinten gespült wurde.Lange können Sie nicht davon zehren. Am Wochenende kommentieren Sie am Lauberhorn. Wo hört man Sie noch?Am Lauberhorn in Wengen kommentiere ich regelmässig. Dort sind wir zu dritt, es ist ein anderes Konzept. Ich bin für den Abschnitt in der Region Hundschopf zuständig. Aber ich war auch schon in Lenzerheide, St. Moritz und Crans-Montana im Einsatz. Wie es meine Zeit zulässt.Aufgewachsen sind Sie auf einer Alp im Wirzweli, praktisch auf der Skipiste. Machen Sie auf den Ski auch eine so gute Figur wie am Mikrofon?Als Junior bin ich Skirennen gefahren. Rennen im Kanton Nidwalden gewann ich einige. Meine Eltern waren Betriebsleiter eines Skilifts auf dem Gummen. Wenn die anderen Kinder für die Skirennen trainierten, musste ich am Skilift helfen. Karl Erb und Matthias Hüppi waren bekannte TV-Kommentatoren bei Skirennen. Ihre Stimme ist den Leuten ebenso vertraut. Wollten Sie das Kommentieren nie zum Beruf machen?In der Retrospektive würde ich heute den Schritt vielleicht wagen. Doch ich durfte ab 1975 immer gute Projekte leiten, allein bei Salomon 23 Jahre im Bereich Marketing und Rennsport. Damals fuhren Russi, Colombin, Hemmi, Müller und Erika Hess mit unseren Bindungen. Damals produzierte die Firma noch keine Ski?Erst ab 1990 begann Salomon mit der Herstellung von Ski. Meine Aufgabe war ab dann, eine Rennsportabteilung aufzubauen, die ich bis 1999 leitete. Daher auch mein Spitzname «Salomon-Sepp». Danach wechselte ich zur Firma Stöckli. Nach zehn Jahren als Business Coordinator, fand ich wieder zurück zu den Bergbahnen. Wäre dies nicht der Moment gewesen, als Speaker voll einzusteigen?Der Verwaltungsratspräsident der Bergbahnen Klewenalp holte mich 2008 als Direktor. Das Bergbahnvirus nahm ich mit der Muttermilch auf, also sagte ich zu. Mit meinem Engagement als Speaker bewegte ich mich als Chef der Bergbahnen jedoch am oberen Limit, wenn ich im Winter zwei Wochen abwesend war. Es blieb ein Hobby. Derzeit leite ich als Direktor noch den Verband Seilbahnen Schweiz. Im März werde ich jedoch offiziell pensioniert, werde aber bis im Herbst meinen Nachfolger einarbeiten.Das letzte Wort am Kuonisbergli ist deswegen aber nicht gesprochen?Nein! Die Tätigkeit will ich noch eine Weile aufrechterhalten, solange es die Gesundheit zulässt. Sportjournalisten nennen Sie ein wandelndes Lexikon. Sie wissen stets Geschichten über die Fahrer. Wie gehen Sie an einen Einsatz heran?Mit einer fundamentalen Vorbereitung. Das begann schon bei den FIS-Skirennen in Dallenwil oder 1989 bei der Damen-Schweizer-Meisterschaft auf dem Stoos. Ich schrieb früher die Organisationen von FIS-Rennen in der ganzen Schweiz an und habe darum gebeten, man solle mir die Resultate zukommen lassen, damit ich an den Rennen etwas über die Fahrer zu erzählen habe. Ich legte mir von allen Fahrern Karteien an. Und wie gehen Sie heute vor?Jeder, der Weltcuprennen fährt, hat bei mir ein eigenes Blatt. Das ist auch mein Backup. Ich habe drei prall gefüllte Ordner angelegt. Je einen für die Speed- und Technik-Disziplinen und einen als Ergänzung. Für die Rennen in Adelboden holte ich mir am Dienstag die Startliste von Madonna di Campiglio, damit ich möglichst à jour bin. 75 Fahrer waren am Start, ich kontrollierte diese mit meinem Fundus und sah, dass mir zwei fehlten. So ergänzte ich meine Eintragungen mit den aktuellen Resultaten.Wer hat Ihr Talent als Speaker entdeckt?Das Moderieren war immer mein Steckenpferd. Ich kann mir alles merken, was ich gelesen habe. Als Kind hörte ich die Radiosendung «Sport und Musik». Auf meinem Schulweg kommentierte ich für mich jeweils Fussballspiele. Damals wollte ich ein Radioreporter wie Jean Pierre Gerwig werden. So einer sind Sie doch!Bei Radio Central/Sunshine bin ich freier Reporter. Das will ich auch weiterhin bleiben. Als das Lokalradio geboren wurde, berichtete ich über verschiedene Sportarten wie Waffenläufe oder auch Bergläufe. Jetzt widme ich mich im Radio aber ausschliesslich dem Fussball.Zurück in den Zielraum beim Skisport. Sie sind dieses Jahr auch in Kitzbühel engagiert. In welcher Funktion?Als technischer FIS-Delegierter in der Rennjury.Neckisch wäre, wenn Sie als Schweizer der Speaker der Streif wären. Wäre das eine Herausforderung für Sie?Es gab einmal eine offizielle Anfrage, die ich aber ablehnte. Nein, stellen Sie sich vor, ich begebe mich doch nicht in die Höhle des Löwen. Ausserdem haben wir Speaker ein tolles Verhältnis untereinander. Für einen solchen Einsatz hätten wohl viele Leute, richtigerweise, kein Verständnis gehabt.Sie sind derzeit der einzige Odermatt im Weltcup-Zirkus. Wie erlebten Sie letztes Jahr den jetzt verletzten Marco, als er auf dem Kuonisbergli punktete? Als er im Riesenslalom im zweiten Lauf die sechstschnellste Zeit hatte und vorübergehend führte, kochte der Kessel im Ziel. Letztlich wurde er hinter Gino Caviezel zehnter und damit zweitbester Schweizer. Das war für mich ein Highlight, da ich Marco von klein auf kenne. Als Speaker achte ich jedoch darauf, neutral zu kommentieren und nicht chauvinistisch zu wirken. Für meine faire Berichterstattung bedankte sich der mehrfache Olympiasieger, Weltmeister und Gesamtweltcup-Sieger Hermann Maier einmal persönlich.Das ist wie ein Ritterschlag. Was ist in Adelboden anders als an anderen Orten?

Ein DJ legt bei den Rennen das Lieblingsstück jedes Fahrers auf. Oder zumindest Musik, die zur Nation des Athleten passt. Als die Einspielung von Musik-Elementen angefangen hat, war dies eine Revolution im Skisport. Adelboden war der Vorreiter. Der damalige Tourismusdirektor Roland Lymann organisierte später sogar die Cheerleader des SC Bern, und es spielten auch Live-Bands. Heute sind viele Skirennen gleichzeitig Volksfest.

Und mittendrin Sie als Speaker. Trotz Halligalli kommen Ihre Informationen zur Geltung?

Ja, bis der Fahrer den Zielhang erreicht. Ab diesem Zeitpunkt sage ich nichts mehr. Wir überlassen den Fahrer seiner Musik, das Volk übernimmt ebenfalls, und der DJ fährt den Pegel hoch. Am Ende erfolgt dann die Zeitansage wieder von mir.

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