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Nidwalden

Nidwaldner Wildhüter: Wildbestände brauchen mehr Schutz

Nach 20 Jahren geht Hubert Käslin als Nidwaldner Wildhüter in den Ruhestand. Mehr Ruhe wünscht er sich aber vor allem fürs Wild.
20 Jahre war Hubert Käslin in Nidwalden mit seinem Hund Amos als Wildhüter unterwegs. (Bild: Romano Cuonz (Beckenried, 20. Dezember 2019))

Romano Cuonz

Der bald 65-jährige Beckenrieder Hubert Käslin hat in seinem Leben unglaublich viele Berufe ausgeübt. Zuerst machte er eine Lehre als Metzger. Später war er als Schiffsführer des Lastkahns «Fritz» und als Lastwagenchauffeur oder auch als Skilehrer auf Klewenalp tätig. Mit 25 Jahren absolvierte Käslin die Polizeischule und arbeitete fortan bei der Nidwaldner Verkehrs-, Sicherheits- und Seepolizei wie auch als Leiter der Bergrettung. Seinen eigentlichen Traumberuf fand er mit 45 Jahren: Als Nidwaldner Wildhüter! «Eines meiner schönsten Erlebnisse war, als mir Bundesrat Moritz Leuenberger nach der landesweit ersten Eidgenössischen Wildhüter Ausbildung das Brevet persönlich übergab», erinnert sich Käslin.

Hund Amos als treuer Begleiter

Wir treffen Hubert Käslin in einem Wald hoch über Beckenried. An seiner Seite ist – wie fast immer – der mittlerweile 14-jährige Hund Amos. «Bei meiner Arbeit als Wildhüter war ich nie allein, der Bayerische Gebirgsschweisshund hat mir bei gut 100 Suchen nach gefallenem Wild geholfen», lobt Käslin. Und streicht ihm übers Fell. Gerade letztes Jahr hätten ihn Jäger um Hilfe gebeten, weil Hirsche nach dem Schuss nicht mehr auffindbar waren. «Amos brauchte nur fünf Minuten, um sie zu finden», sagt Käslin. Nicht ohne Stolz. Solche Nachsuchen gehörten zu den Aufgaben eines Wildhüters. Wenn man die Tiere nicht finde, würden sie bis zum Frühjahr verludern. «Nicht selten entdeckten wir bei Kontrollgängen Rehe, die noch Schrotkugeln unter der ‹Decke› hatten», berichtet Käslin. So etwas tue einem Wildhüter im Herzen weh. «Am meisten Wild kommt jedoch nach wie vor auf Strassen um», weiss Käslin. Allein im letzten Jahr habe man gegen 40 Rehe nach Kollisionen suchen und von ihren Qualen erlösen müssen.

Bärentatzen oder Schneeschuhläufer?

Natürlich obliegt dem Wildhüter auch die genaue Beobachtung des Raubwildes. «In den letzten Jahren haben wir auf Nidwaldner Boden Spuren von Luchs, Wolf und einem Bär gefunden», sagt Hubert Käslin. «Auf dem Emmetter Radelfingboden konnte ich mich einem Luchs, der nachts bei einem Rehriss hockte, bis auf 30 Meter nähern», erzählt der Wildhüter. Wolf und Bär hingegen habe er nie gesehen.

Indessen: 2009 mussten Wildhüter auf Alp Unterlauelen erstmals protokollieren, mit welch brachialer Gewalt ein Wolf dort vier Schafe gerissen hatte. Zur Strecke bringen aber konnte die Wildhut das Tier nicht. Nicht einmal Nachtsichtgeräte halfen. «Heute ist es um den Wolf eher ruhiger geworden», stellt Käslin fest. Einen Bären aber hatten Pistenarbeiter im letzten Jahr im Jochpassgebiet beobachtet. «Riesige Abdrücke der Tatzen im Schnee liessen uns vorerst an Schneeschuhläufer glauben», entsinnt sich Käslin.

«Der Beruf ‹Wildhüter› sagt schon im Namen, dass wir aufs Wild acht geben, zu seinem Lebensraum Sorge tragen und die Artenvielfalt samt Grossraubwild fördern müssen», stellt Hubert Käslin fest. Mit den Jägern sei er in all den 20 Jahren konsequent und – so denke er – stets auch korrekt umgegangen. Kein Pardon gekannt habe er gegenüber Wilderern. Käslin dazu: «Wilderer wird es immer geben.» Nur: heute seien sie der Wildhut oft eine Nasenlänge voraus. Etwa mit Nachtsichtgeräten. Faire und korrekte Jäger dürften solche Geräte auf der Jagd nicht verwenden. Oftmals hege man als Wildhüter einen Verdacht. Jedoch: ohne handfeste Beweise werde kein Wildfrevler bestraft. «Einmal waren wir zu 100 Prozent sicher, dass zwei junge Jäger mit Pfeilbogen Tiere erlegt hatten, doch das Gericht befand, dass sie unschuldig seien», besinnt sich Käslin. Auch anonyme Drohungen habe er erhalten. Die schlimmste: «Du hast uns nun lange genug geplagt, dir können wir schon noch abhelfen!»

Gämsen brauchen Schonung

«Die Bestände von Hirsch, Reh und Fuchs sind in Nidwalden noch gut», sagt Hubert Käslin. Er muss es wissen, ist er doch Jahr für Jahr mehrmals als Wildzähler unterwegs. Grosse Sorgen aber bereitet dem abtretenden Wildhüter der rückläufige Bestand des Gamswilds. «Ich verstehe nicht, warum Nidwaldner Jäger, ganz im Gegensatz zu jenen in Nachbarkantonen, weiterhin zwei Tiere schiessen wollen», bedauert er. Hubert Käslins grösster Wunsch zum Abschied: «Wir müssen unsere Wildbestände mit Ruhezonen vor Hängegleitern, Bikern und Nachtwanderern wesentlich besser schützen.» Darum wird sich nun Käslins Nachfolger kümmern: In der Person des bisherigen Nidwaldner Kripochefs Ruedi Baumgartner ist dies ein sehr erfahrener Mann.

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