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Nidwalden

Nidwaldens «Mister ÖV» geht in Pension: «Die Grenze des Angebotsausbaus ist erreicht»

Hanspeter Schüpfer war fast drei Jahrzehnte für den Nidwaldner ÖV verantwortlich. Dabei kamen auch seltsame Rückmeldungen.
Der abtretende «Mister ÖV», Hanspeter Schüpfer, beim Bahnhof Stans. (Bild: Corinne Glanzmann (18. Februar 2020))

Matthias Piazza

Nach 27 Jahren geht Hanspeter Schüpfer (63) Ende März in Pension. Als Abteilungsleiter Strategie und Planung im Amt für Mobilität, wie seine Funktion am Schluss hiess, liefen beim gebürtigen Luzerner die Fäden des öffentlichen Verkehrs in Nidwalden zusammen.

Sie wohnen in der Stadt Luzern. Wie pendeln Sie zu Ihrem Arbeitsort bei der Baudirektion neben dem Bahnhof?Mit der Zentralbahn. Von Ennetbürgen, wo ich früher wohnte, nahm ich jeweils das Postauto oder das Velo. Dann gehören Sie ja einer Minderheit an, wenn man bedenkt, dass in Nidwalden nur 18 Prozent der Kilometer mit dem öffentlichen Verkehr zurückgelegt werden. Sind die Nidwaldner ÖV-Muffel?Mit 18 Prozent sind wir zwar unter dem Landesdurchschnitt. Aber im Vergleich zu anderen ländlichen Kantonen ist dieser Wert nicht schlecht. Das Auto hat halt gewisse Vorteile. Man kann jederzeit losfahren, es fährt von Tür zu Tür, und dies ohne umsteigen zu müssen. Man muss sich nicht nach einem Fahrplan richten, der auf dem Lande ohnehin nicht so dicht ist wie in der Stadt. Es hat sich ja was getan. 2005 betrug der ÖV-Anteil gerade mal 8 Prozent. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?Es bewegt sich in die richtige Richtung. Der Angebotsausbau in den vergangenen Jahren ist beachtenswert. Fuhr früher nur zweimal pro Stunde ein Zug je Richtung zwischen Luzern und Stans, sind es heute in der Hauptverkehrszeit vier. Die Postautos fahren zudem viel fleissiger, es wurden neue Linien geschaffen. Auch das Engagement des Kantons ist heute viel grösser. Zahlte er Mitte der 1990er-Jahre rund eine Million Franken an den öffentlichen Verkehr Nidwaldens, waren es im vergangenen Jahr fast sieben Millionen Franken. Die Postautos und Züge wurden moderner, mit Niederflureinstieg und Klimaanlage. Das wirkte sich auf die Nachfrage aus. Auf der Zugstrecke Luzern–Engelberg haben sich die Passagierzahlen in den vergangenen 20 Jahren verdoppelt. Für den Viertelstundentakt Hergiswil–Luzern werden wir vom Kanton Luzern mit seinen S-Bahnen im Halbstundentakt ein bisschen beneidet. Der ÖV steht ja auch immer in der Kritik. Welche Rückmeldungen bekommen Sie? Immer wieder kritisiert werden die schlechten Anschlüsse in Luzern. Wenn die S-Bahn, die in der Minute 40 in Stans abfährt, in Luzern ankommt, sind die Züge nach Basel und Bern schon weg. Da versuchen wir den Leuten zu erklären, dass das Fahrplankonstrukt nicht beliebig viel Spielraum zulässt. Die Zentralbahn-Verbindungen sind nach dem Luzern-Interlaken-Express ausgerichtet. Immer häufiger werden auch Einzelinteressen hervorgebracht. Ein Emmetter forderte beispielsweise einen Schnellbus nach Stans, weil ihm die Fahrt mit dem regulären Postauto mit einem Dutzend Stationen zu lange dauert. Aber der ÖV ist halt ein Massentransportmittel, das von der öffentlichen Hand mitfinanziert wird. Das muss man eben berücksichtigen. Ein Kostendeckungsgrad von teilweise unter 50 Prozent; Busse und Züge, die zu gewissen Tageszeiten fast leer herumfahren: Was sagen Sie zu solcher Kritik, die man auch immer wieder hört?Der öffentliche Verkehr dient auch der Erschliessung von abgelegenen und weniger stark besiedelten Gebieten. Darum braucht es auch unrentablere Verbindungen mit kleiner Nachfrage. Zudem erhöht ein Angebotsausbau auch die Nachfrage. Das konnten wir in der Vergangenheit immer wieder feststellen. 27 Jahre lang war der Nidwaldner ÖV Ihr «Kind». Was faszinierte Sie daran?Einerseits sind Eisenbahn und Bus schon an sich eine interessante Materie. In meiner Funktion im Amt für Mobilität Nidwalden war ich an der Schnittstelle vom Kanton, der das ÖV-Angebot mitfinanziert und bestellt, von Zentralbahn und Postauto und von der Bevölkerung, die Wünsche oder Kritik einbrachte. Wie wird sich der öffentliche Verkehr Ihrer Einschätzung nach weiterentwickeln? Die Mobilität nimmt laufend zu, insbesondere der Freizeitverkehr. Ob sich der ÖV-Anteil in Nidwalden dereinst auf 30 Prozent wird steigern können, ist fraglich. Bei einer Bevölkerung von gut 40000 Einwohnern ist die Grenze des Angebotsausbaus irgendwann erreicht. Ein Siebeneinhalb-Minuten-Takt zwischen Stans und Luzern wäre wohl ebenso unverhältnismässig wie ein Viertelstundentakt auf einer Nidwaldner Postautolinie.Welche Herausforderungen kommen auf Ihre Nachfolgerin zu?Die meisten Ausbauprojekte sind abgeschlossen. Nun geht es darum, diesen hohen Angebotsstandard auch halten zu können.Und noch zum Schluss: Was machen Sie nach Ihrer Pensionierung?Ich fröne meinen Hobbys Wandern, Velofahren, Lesen. Diese kamen bisher zu kurz.
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