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Nidwalden

Ausstellung auf dem Landenberg zeigt gebrochenes Idyll im Grossformat

Pascale Ettlins Gemälde ziehen den Betrachter magisch ins Bild. Sie zeigen eine Harmonie, die trügt.
Pascale Ettlin stellt auf dem Landenberg aus. (Marion Wannemacher, Obwaldner Zeitung)

Marion Wannemacher

Das kleine Mädchen im blauen Kleid steht am Rand des Waldes und betrachtet ihn. Zu sehen ist sie nur von hinten. Der Wald wirkt dicht und undurchdringlich, einen Weg hinein gibt es nicht. Was auf den ersten Blick wie eine Idylle wirkt, hat etwas Unheimliches. Was macht das Mädchen dort?

«Face à Face» heisst das Ölgemälde von Pascale Ettlin. Es gehört zu ihrer Ausstellung «Waldrausch» auf dem Landenberg. «Die Bilder erzählen von einer Welt, die den Anschein macht, dass sich Mensch und Natur in Harmonie miteinander verbinden. Doch der Schein trügt!» So beschreibt Christian Sidler, ehemaliger Obwaldner Kulturamtsleiter die Bilder der Künstlerin im Katalog. Er hielt auch die Laudatio auf sie.

Geschichten regen persönliches Kopfkino an

Kaum hat der Ausstellungsbesucher das Zeughaus betreten, ziehen ihn die Bilder magisch an. Die Geschichten mit offenem Ende regen das eigene Kopfkino an. Sie lassen Spielraum für Spekulationen. Fast immer bricht die Malerin bewusst mit der Idylle. Pascale Ettlin sagt:

«Meine Bilder sind ‹heimelig› und haben etwas, das nicht ganz stimmt.»

Die gebürtige Genferin arbeitet vorwiegend auf der Grundlage von Fotografien und abfotografierter Filmszenen, manchmal aus Thrillern. Beim Fotografieren stellt sie den Fokus gern mal auf unscharf. Die 51-Jährige malt grossformatig mit zum Teil hochverdünnten Ölfarben und erzielt damit eine aquarellartige Anmutung. Pascale Ettlins Bilder wirken nicht «böse», sie bergen auch einen positiven Ausdruck.

«Ich weiss, jeder hat seine gute Seite und seine schlechte Seite, aber es kann kippen», betont die Malerin. Sie selber vermutet den Hintergrund für ihre Motive in der eigenen Familienvergangenheit. Ihre Mutter wurde in Deutschland in die Zeit des Zweiten Weltkriegs geboren. Flucht, Verlust eines Geschwisters wegen Unterernährung, die späte Heimkehr des für die Mutter bis dahin unbekannten Vaters – geredet wurde kaum darüber. Das Verschweigen kann belasten, sich bis zur Belastung aufbauen. Pascale Ettlin glaubt:

«Ich glaube, ich habe weniger Vertrauen ins Leben als beispielsweise mein Mann.»

Als Quereinsteigerin kam die Mutter dreier Kinder zur Malerei. Gemalt habe sie schon als Kind. Trotzdem studierte sie nach der Matura an der Uni Genf Volkswirtschaft und Geografie, unterrichte und spezialisierte sich schliesslich zur Gesundheitsökonomin. Der Liebe wegen zügelte sie vor 20 Jahren nach Sarnen.

Spätberufen zur Kunst und zum Studium

Ihre künstlerische Karriere begann sie mit Ende 30 bei Heinz Gadient. Von 2011 bis 2017 studierte sie an der Kunsthochschule in Luzern. Geprägt habe sie der Kontakt zur englischen Künstlerin Rachel Lumsden in St.Gallen. Pascale Ettlin hat sich mittlerweile im Sarner Industriegebiet ein Atelier gemietet und in nur zweieinhalb Jahren 55 Bilder gemalt. Häufig trifft man sie im Kernwald mit der Kamera. Eines ihrer Bilder entstand an einem anderen Ort, zwischen Hoher Brücke und Paxmontana. Bei einem Hexenhäuschen lauert der Beobachter im tiefen Gebüsch. Was dort wohl als Nächstes passiert?

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