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Zug

Neuheimer CVP-Kandidat nimmt Stellung zu Mitgliedschaft in Kirchengruppierung

Daniel Schillig (53), CVP-Kandidat für das Gemeindepräsidium, ist Mitglied einer fragwürdigen Organisation. Das kostete ihn in den 1990er-Jahren seine erste Politikkarriere. Aus dieser Zeit ist ein Vorwurf hängig, zu dem er nun erstmals Stellung bezieht.
Daniel Schillig (hier auf seinem Hof in Neuheim) sagt, er politisiere mit Menschenverstand. (Bild: Werner Schelbert (24. August 2018))

Raphael Biermayr

Ein Gemeindepräsidentschaftskandidat wird stärker beäugt als ein Gemeinderatskandidat. Diesen Eindruck kann man gewinnen, nimmt man die bevorstehenden Wahlen in Neuheim. Nachdem die CVP bekannt gegeben hatte, dass Daniel Schillig den amtierenden Gemeindepräsidenten Roger Bosshart (FDP) herausfordern wird, gingen bei unserer Zeitung mehrere Hinweise auf Schilligs Zugehörigkeit zur Universalen Kirche (UK) ein.

Das ist eine Gruppierung, die sich selbst in der Tradition des heiligen Franz von Assisi sieht, von der Fachstelle für Sektenfragen allerdings als «Organisation mit problematischen oder sektenhaften Aspekten» eingestuft wird. Manche dieser Hinweise stammen aus dem Dunstkreis der politischen Gegner FDP und SVP, andere von Privatpersonen.

Tatsächlich birgt dieses Thema mit Blick auf die Vergangenheit Brisanz: Der heute 53-jährige Schillig von den Freien Wählern Neuheim trat im Herbst 1996 als Schulpräsident zurück. Damals sorgte die Universale Kirche in der Schweiz über Wochen für negative Schlagzeilen. So wurde ein prominentes Mitglied in der Ostschweiz wegen der Verbreitung antisemitischer Inhalte, die dem UK-Gründer zugeschrieben wurden, verurteilt. Im Kanton Zug wurden derweil die Mitgliedschaften eines einflussreichen Anwalts sowie des Rektors des Untergymnasiums aufgedeckt. Der Erstgenannte trat später als Verwaltungsratspräsident von Nokia International zurück, der Letztgenannte wurde von seinen Führungsaufgaben entbunden, durfte aber Kantilehrer bleiben.

«Ich vertrete keine antisemitischen Positionen»

Diese Enthüllungen fielen in eine Zeit, in der Sekten in der Schweiz generell ein grosses Thema waren – Stichwort «Uriella» oder «Sonnentempler». Mittlerweile ist es ruhig um viele der obskuren Gemeinschaften geworden, auch um die UK. Mehreren Medienberichten zufolge sei ihre weltweite Anhängerzahl seither auf wenige hundert zurückgegangen. Schillig blieb einer davon, wie er auf eine schriftliche Anfrage unserer Zeitung bestätigt.

Er war also auch Teil der Universalen Kirche, als er 2014 wieder für den Gemeinderat kandidierte und schliesslich gewählt wurde – diesmal für die CVP. Deren Mitglieder seien gemäss Schillig damals wie heute über seine Situation im Bild gewesen und hätten an den Nominationsversammlungen offen darüber gesprochen. Das bestätigt der Ortsparteipräsident Walter Ulrich (siehe Box unten).

Unsere Zeitung hat Daniel Schillig einen Fragenkatalog im Zusammenhang mit der Universalen Kirche übermittelt. Die meisten Fragen zur Vergangenheit lässt er mit dem Verweis auf seine Privatsphäre unbeantwortet. Stellung bezieht er aber bezüglich des Vorwurfs von 1996, dass er sich nicht von der UK und deren antisemitischen Inhalten distanzierte. «Ich vertrete keine antisemitischen Positionen», stellt er klar. «Persönlich kenne und schätze ich jüdische Menschen, und es käme mir nicht im Traum in den Sinn, diese wegen ihrer Herkunft zu verurteilen. Ich erachte die Glaubensfreiheit als wichtiges Gut unserer Demokratie und respektiere diese für jeden Menschen, egal welcher Herkunft jemand ist.»

Schillig hat nie ein Geheimnis um seine – bislang 27-jährige – UK-Mitgliedschaft gemacht. Das zeigt auch die Tatsache, dass er als Referent der UK-Nebenorganisation «World Foundation for Natural Science» (WF) in Videos zu sehen ist, von denen manche im Internet leicht zu finden sind. Auf Anfrage nennt Schillig sechs Vorträge, die er an WF-Veranstaltungen gehalten habe. Sie betreffen zur Mehrheit landwirtschaftliche Themen sowie das «Erkennen des innewohnenden Potenzials jedes Menschen» in Bezug auf die Politik.

Das letztgenannte Thema ist im Zusammenhang mit einer Führungsfunktion zu sehen, die Schillig nach eigener Aussage bis zu seiner Rückkehr in den Neuheimer Gemeinderat in der WF innehatte: Leiter des Politikdepartements. Als solcher habe er «die Menschen ermutigt, am politischen Leben teilzunehmen, egal, welcher Partei sie angehörten». Ob er gegenwärtig Funktionen oder Leitungsfunktionen innehat, sagt er nicht. Gleiches gilt für die Frage nach der Hierarchie innerhalb der Universalen Kirche. Diese wird von Beobachtern mit Verweis auf Informationen von Aussteigern als äusserst streng und mit absolutem Gehorsam gegenüber der Lehre und den sogenannten Meistern beschrieben.

Darf es an Neuheims Schule WLAN geben?

Der vierfache Familienvater Schillig gilt – auch bei Vertretern der anderen Parteien – als pragmatischer und lösungsorientierter Gemeinderat. Dies trotz des wahrscheinlichen Umstands, dass er auch Geschäfte vertreten oder wenigstens Beschlüsse mittragen muss, die seinen persönlichen Überzeugungen zuwiderlaufen. Zwar sind manche Themen der UK respektive WF durchaus gesellschaftsfähig, wie etwa die Schädigung durch Rauchen oder die Verschmutzung der Meere. Doch die Organisation erachtet beispielsweise Krebs als Disharmonie des Körpers, in Mikrowellen erwärmte Lebensmittel als unbedingt krebserregend sowie Mobilfunkstrahlung als «grösste je von Menschen erzeugte Gefährdung für alles Leben und die gesamte Umwelt», wie es auf der WF-Website heisst.

Unter anderen Massnahmen sei deshalb WLAN an Schulen grundsätzlich zu verbieten. Wie steht Daniel Schillig zu diesem lebensnahen Thema, das auch Neuheim betrifft, wo die Schule WLAN anbietet? Er antwortet allgemein: «Auf der einen Seite ist technische Strahlung nicht bedenkenlos. Genau deshalb gibt es ja auch gesetzliche Grenzwerte, um die Menschen zu schützen. Auf der anderen Seite gibt es eine Entwicklung auf der Benutzerseite, der man sich nicht verschliessen sollte.» Als Gemeinderat packe er die sich stellenden Fragen stets mit gesundem Menschenverstand an.

Die Wähler werden am 7. Oktober entscheiden, ob sie ihm diesen nach wie vor bescheinigen.

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