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Uri

Simulator soll mehr Sicherheit für die Patienten schaffen

Die jungen Ärztinnen und Ärzte des Kantonsspitals Uri üben operative Eingriffe neu an einem dafür entwickelten Simulator. Der Selbstversuch zeigt, wie nahe der Realität sich die neueste Technologie befindet.
Dr. Müller Reid arbeitet am Laparoskopie-Simulator des Kantonsspitals Uri.  (Bild: Kristina Gysi (Altdorf, 4. Oktober 2021))
So ging das früher: Zum Üben musste oft ein Schwamm daran glauben.  (Bild: Kristina Gysi (Altdorf, 4. Oktober 2021))
Mit dem Operationssimulator können sich junge Ärztinnen und Ärzte eine Routine für verschiedene Eingriffe aneignen.  (Bild: Kristina Gysi (Altdorf, 4. Oktober 2021))
Andrea Müller Reid, Chefärztin Gynäkologie und Geburtshilfe am Kantonsspital Uri. (Bild: PD/ Urner Zeitung)

Kristina Gysi

 

Seit April dieses Jahres verfeinern die Ärztinnen und Ärzte des Kantonsspitals Uri (KSU) ihre operativen Fertigkeiten mittels neuester Technologie. Ein Operationssimulator ermöglicht ihnen, laparoskopische Eingriffe gezielt zu trainieren und so eine Routine zu entwickeln. Bei der Laparoskopie werden eine Kamera sowie die Operationsinstrumente mittels kleiner Schnitten in den Bauchraum eingeführt, um dort einen Eingriff vorzunehmen. Durch den Simulator der Marke LAP Mentor können Ärztinnen und Ärzte verschiedene Eingriffe mehrfach üben, bevor sie später am Menschen operieren. Ziel ist es, die Patientensicherheit durch die damit gewonnene Routine zu steigern.

Nur gerade zwei dieser sogenannten Laparoskopie-Simulatoren gibt es in der Schweiz. Der andere steht in Biel. Die Rarität hat vor allem einen Grund: Das Gerät ist teuer. So teuer, dass sich weder das Kantonsspital Uri noch die Dätwyler-Stiftung, die 75 Prozent davon finanziert hat, zum Betrag äussern wollen. Laut Dr. med. Andrea Müller Reid, Chefärztin Gynäkologie und Geburtshilfe am KSU, hat sich die Investition jedoch allemal gelohnt. Sie ist so begeistert vom neuen Gerät wie ein Modelleisenbahnbauer von seinem neuesten Streckenabschnitt.

Ein neuer Abschnitt ist diese Methode tatsächlich. Andrea Müller Reid zeigt, wie sie vor langer Zeit als junge Assistenzärztin Eingriffe geübt hat. Ein blasser Oberkörper aus Kunststoff mit einer Öffnung im Bauchbereich liegt auf dem Tisch. Darin ein Schwamm, der das Gewebe darstellen soll, das sie damals «zugenäht» hat. Man muss kein Profi sein, um zu merken, dass die Konsistenz des Schwamms wohl kaum jener des menschlichen Gewebes nahekommt. Umso faszinierender ist es, erstmals selbst am Operationssimulator zu stehen.

Es ist ein eher unscheinbares Gerät, nicht allzu gross mit einem Bildschirm auf Augenhöhe und einem Kubus-förmigen Körper. Daraus ragen zwei Stäbe mit scherenähnlichen Griffen – die Operationsinstrumente. Ein dritter Griff ist für die Kamera. In verschiedenen Tools können sich die lernenden Ärztinnen und Ärzte nun einen Eingriff verinnerlichen. Zum Beispiel die Eierstockentfernung. Dafür muss zuerst die Kamera ausgerichtet werden, damit die Gynäkologin einen guten Überblick über die Gebärmutter und die Eierstöcke hat. Schliesslich kommen die chirurgischen Instrumente zum Zug. Und das ist nun wirklich der Wahnsinn.

Greift man mit einer Zange nach dem Gewebe und zieht daran, spürt man den Widerstand in der Hand. Zieht man fester und verliert das Gewebe, gibt das Gerät nach. «Natürlich ist das nicht eins zu eins so, wie die Operation am Menschen», erklärt Andrea Müller Reid. «Aber durch die programmierte Haptik kommt es dem sehr nahe.» Auch die grafische Darstellung am Bildschirm ist täuschend echt. So echt, dass es Menschen mit sensiblen Mägen beim Anblick der leicht blutenden Gebärmutter mulmig werden könnte.

Andrea Müller Reid selbst war es, die sich für die Anschaffung des Operationssimulators eingesetzt hat. Als junge Assistenzärztin reiste sie häufig nach Zürich, um dort an einem ähnlichen, wenn auch viel einfacheren Gerät zu üben. Da die meisten Assistenzärztinnen und Assistenzärzte im KSU direkt von den Staatsexamen an die Operationstische kommen, fehlt es vielen an wertvoller Erfahrung. «Wir wollen ein System aufbauen, in dem diese Erfahrung gefördert werden kann und die Ärztinnen und Ärzte ihre Fertigkeiten festigen können, ohne direkt am Patienten tätig zu sein», sagt die Chefärztin.

Unter den Nutzenden hat sich ein Wettkampf entwickelt

Die Resonanz zum neuen Gerät sei durch und durch positiv. «Die Leute sind begeistert», sagt die Gynäkologin. In einer Liste können sich die jungen Ärztinnen und Ärzte einschreiben, die meisten bleiben jeweils eine halbe Stunde. «Sie kommen wirklich oft, manchmal auch zu zweit, um gemeinsam zu üben.» Da man den jeweiligen Fortschritt der Nutzerinnen und Nutzer einsehen kann, hat unter ihnen ein kleiner Wettkampf begonnen. Das erweist sich als nützlich für einen schnellen Lernprozess. Insgesamt zehn Module sind auf dem Gerät vorprogrammiert, fünf für chirurgische Eingriffe, weitere fünf für gynäkologische Operationen. Die Chefärztin sagt:

«Das System liesse sich durch andere Module erweitern, hier stellt sich aber die Kostenfrage.»

Den Simulator zu beschaffen, war zunächst nicht ganz einfach. Andrea Müller Reid startete bereits 2018 mit dem Projekt. Das KSU war dem gegenüber positiv eingestellt, aber die Finanzierung des teuren Simulationsgeräts war eine Herausforderung. «Schliesslich hatten wir grosses Glück und die Dätwyler Stiftung unterstützte das KSU bei der Beschaffung», so die Chefärztin. Dass sich ihr Engagement für dieses Projekt gelohnt hat, sieht man der Chefärztin an. Wahrlich faszinierend ist es zu sehen, welche Meisterstücke der Verstand der Wissenschaft und die Hand der Technik gemeinsam zu entwickeln vermögen.

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