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Uri

Neues Urner Wahlsystem ist im Nationalrat umstritten – wird aber letztlich angenommen

Linke Bundesparlamentarier haben sich dagegen ausgesprochen, das Majorzwahlsystem im Kanton Uri auszuweiten. Dies allerdings ohne Erfolg.
Die Zürcher SP-Nationalrätin Céline Widmer sprach sich gegen das neue Urner Wahlsystem aus. (Bild: Peter Klaunzer/Keystone (Bern, 11. März 2020))
Bundesrätin Karin Keller-Sutter im Nationalratssaal. (Bild: Peter Klaunzer/Keystone (Bern, 11. März 2020))

Lucien Rahm

Lucien Rahm

Der Ständerat hat dem neuen Urner Wahlsystem bereits vergangene Woche zugestimmt. Am Mittwoch hat sich nun auch der Nationalrat dafür ausgesprochen – allerdings weitaus weniger deutlich als die kleine Kammer.

Die Zürcher SP-Nationalrätin Céline Widmer meldete während der Debatte im Namen der Minderheit, die sich in der vorberatenden staatspolitischen Kommission (SPK) mit 11 zu 13 Stimmen gegen die neue Verfassung ausgesprochen hatte, nochmals ihre Bedenken an. Das Bundesgericht habe bereits 2016 entschieden, «dass eine Majorzwahl für das Urner Kantonsparlament nur dann verfassungskonform ist, wenn in den Gemeinden mit drei oder mehr Sitzen im Kantonsparlament ein echtes Proporzverfahren besteht». Das neue Urner System gibt vor, dass in Gemeinden mit bis zu vier Landräten das Majorzwahlverfahren gilt. «Somit wäre die Sache eigentlich klar: Die vorliegende Verfassungsänderung ist bundesrechtswidrig», so Widmer.

Anders als bisher gelte das Majorzverfahren damit nicht nur in «vorwiegend ländlich geprägten und geografisch peripher gelegenen Gemeinden», sondern auch in grösseren Gemeinden in der «deutlich dichter besiedelten Talebene». Die Zugehörigkeit der Kandidaten zu einer bestimmten Partei spiele in Uri eine wesentliche Rolle, was ebenfalls gegen die Ausweitung des Majorzsystems spreche, sagte die Zürcher Nationalrätin weiter.

Neustes Bundesgerichtsurteil spreche für neue Urner Verfassung

Anderer Meinung war der Solothurner FDP-Nationalrat Kurt Fluri, der sich im Namen der SPK-Mehrheit an seine Parlamentskollegen wandte. Er berief sich auf ein neueres Urteil des Bundesgerichts, welches die Zulässigkeit des Majorzverfahrens im Kanton Graubünden behandelt. Im Entscheid vom vergangenen Juli halten die Bundesrichter fest, dass in Bündner Wahlkreisen mit weniger als 7000 Schweizer Einwohnern, in denen fünf Parlamentssitze und weniger zu wählen sind, die Majorzwahl möglich sei. Die betroffenen Gemeinden im Kanton Uri würden eine Wohnbevölkerung von höchstens 2000 Personen aufweisen, und höchstens vier Landratssitze seien dort zu besetzen. «Wir sind der Auffassung, dass das Urteil des Bundesgerichtes ein Grundsatzurteil ist», so Fluri. Die Kriterien für eine Zulassung von Majorzwahlen in Graubünden müssten daher auch im Kanton Uri anwendbar sein.

Auch Justizministerin Karin Keller-Sutter machte sich für die Urner Verfassungsänderung stark. Dafür spreche unter anderem ebenjenes Urteil des Bundesgerichtes zum Wahlverfahren im Kanton Graubünden. Nach Ansicht des Bundesrates relativiere dieser Entscheid «ganz klar» das Urteil zum Kanton Uri aus dem Jahr 2016. Alle Änderungen der Kantonsverfassungen seien zudem vom Justizdepartement sowie den vorberatenden Kommissionen geprüft worden. «Wir sind übereinstimmend zum Schluss gekommen, dass alle Änderungen bundesrechtskonform sind», so Keller-Sutter.

Ablehnung hätte für Uri weitreichende Konsequenzen gehabt

Mit 103 Ja- zu 88 Nein-Stimmen hat der Nationalrat den fünf neuen Kantonsverfassungen letztlich zugestimmt. Auch neue Verfassungen für die Kantone Tessin, Waadt, Wallis und Genf waren Teil des Geschäfts. Nebst den Fraktionen von SP und Grünen hat auch jene der Grünliberalen deren Genehmigung – wohl insbesondere aufgrund der neuen Urner Verfassung – abgelehnt.

Zu befinden hatte das Bundesparlament über das neue Urner Wahlprozedere, weil dadurch die Kantonsverfassung geändert werden muss. Einer solchen müssen auch National- und Ständerat zustimmen. Nach dem neuen System, das am vergangenen Urner Wahlsonntag bereits zur Anwendung gekommen ist, wird der Landrat nur noch in den vier grössten Gemeinden nach dem Proporzwahlsystem gewählt – und das neu nach dem Doppelten Pukelsheim. In allen anderen Gemeinden gilt nun das Majorzverfahren – neuerdings auch in Attinghausen, Flüelen, Seedorf und Silenen.

Hätte der Nationalrat die Verfassungsänderung abgelehnt, hätte das erhebliche Konsequenzen für das Kantonsparlament gehabt, welches die Urner Wahlbevölkerung am vergangenen Sonntag fast vollständig bestimmt hat. Der neue Landrat wäre mangels Rechtsgrundlage aufgehoben worden und hätte nach der alten Verfassung nochmals neu gewählt werden müssen.

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