Beatrice Vogel
In Emmen kam es im letzten Jahr zu vielen personellen Wechseln. Drei neue Gemeinderäte sind im Amt: Bildungsdirektor Brahim Aakti (SP), Finanzdirektor Patrick Schnellmann (CVP) und Gemeindepräsidentin Ramona Gut-Rogger (FDP). Und die Leitung des Finanzdepartements hat neu der ehemalige FDP-Einwohnerrat Thomas Bühler inne.
Die Gemeinde Emmen ist in finanzieller Hinsicht nicht auf Rosen gebettet. Viel Lob haben die Finanzchefs in den letzten Jahren nicht geerntet. Warum tun Sie sich das an?Thomas Bühler schmunzelt. Er zeigt auf eine Kaffeetasse, auf der geschrieben steht: «Einer muss den Job ja machen». Die Tasse habe ich von einer Partei als Abschiedsgeschenk aus dem Einwohnerrat erhalten. Klar, die Zahlen sind nicht rosig. Fachlich gesehen ist es aber ein spannendes Wirkungsfeld. Die Finanzen sind in der Gemeinde ein Schlüsseldepartement. Ich habe Einblick in alle Bereiche, was die Arbeit sehr vielseitig macht.
Sie haben sich als Präsident der Rechnungs- und Geschäftsprüfungskommission regelmässig mit den Emmer Finanzen befasst. Was bringt Ihnen diese Erfahrung?Ich kenne bereits alle Papiere, die ich jetzt selbst erstelle. Und ich kannte schon die meisten Kadermitarbeiter. So konnte ich mich schon früh einbringen. Ein grosser Vorteil ist auch, dass ich die Mechanismen und Befindlichkeiten in der Politik kenne und jetzt jene in der Verwaltung kennen lerne. Was die Kommunikation zwischen den beiden Seiten betrifft, sehe ich mich als Brückenbauer.
Was hat Sie bei Ihrem Stellenantritt überrascht?Vor allem, dass das Gärtchendenken der einzelnen Departemente teilweise noch verbreitet ist. Ich bin aber zuversichtlich, dass sich dies durch den Wechsel im Gemeinderat langsam ändert. Ich spüre eine Art Aufbruchstimmung. Die neuen Gemeinderäte sind Teamplayer, sie diskutieren im Gremium, hören den Fachleuten zu. An der Gemeinderatssitzung zur Budget-Lesung war ich zum Erklären und Beraten dabei. Früher kam so etwas nicht vor.
Mit dem neuen Finanzdirektor Patrick Schnellmann ist ein Kurswechsel spürbar: Der strikte Investitionsplafond wird gelockert, eine neue Systematik ist geplant.Mittlerweile haben alle erkannt, dass es eine nachhaltige Lösung für die Investitionsplanung braucht. Ich selbst habe den Plafond früher unterstützt. Aber fixe Maximalausgaben funktionieren nicht, wenn man einen grösseren Investitionsstau verhindern will. Wir müssen den gesetzlichen Auftrag erfüllen, zu dem der Erhalt und Ausbau der Infrastruktur gehört. Die Investitionen hat man teilweise vernachlässigt – wofür der Einwohnerrat mitverantwortlich ist.
Unter dem ehemaligen Finanzdirektor Urs Dickerhof (SVP) wurde oft eher optimistisch budgetiert. Die Rechnungen wichen dadurch stark vom Budget ab. Auch das soll sich ändern.Lange Zeit ging man wegen des Wachstums von einer grösseren Steuerkraft aus. Es hätte vielleicht schon früher eine Steuererhöhung gebraucht, aber im Nachhinein ist man immer schlauer. Der Gemeinderat hat erkannt, dass die Steuereinnahmen zu optimistisch budgetiert wurden. Auch der Einwohnerrat fordert realistischere Budgets. Wichtig ist, dass der Gemeinderat den Fachpersonen zuhört und nach bestem Wissen entscheidet. Ein Budget ist aber immer noch ein Budget und basiert auf Annahmen und Prognosen.
Was muss sich sonst noch verändern?Wir brauchen eine andere technische Lösung. Derzeit arbeiten wir mit einer Finanz-Software, für welche die Gemeinde Emmen eher zu gross ist. Oft müssen wir auf Word und Excel zurückgreifen, was ineffizient ist. Auch die internen Prozesse müssen optimiert werden. Ich habe den vergangenen Budgetprozess fast schon als «never ending story» erlebt, der klar zu lange dauert und die Fachbereiche von ihren eigentlichen Aufgaben abhält. Das muss straffer und verbindlicher werden.
Aus Ihren Antworten höre ich Kritik an den früheren Finanzverantwortlichen heraus.Das ist keine Kritik. Es waren einfach andere Rahmenbedingungen und andere Personen in der Verantwortung. Die Unternehmenskultur hat sich seither verändert.
Ob Sie es besser machen als Ihre Vorgänger, sehen wir in zehn Jahren.Ich hoffe, schon früher.
Letzte Woche ist das Budget 2020 veröffentlicht worden. Dank der kantonalen Aufgaben- und Finanzreform AFR 18 und dem Finanzausgleich sieht es nicht schlecht aus. Trotzdem macht der Steuerfussabtausch die Steuererhöhung von 2018 zunichte. Ist die AFR 18 tatsächlich so gut für Emmen?Die Reform ist mitverantwortlich, dass Emmen für 2020 und auch danach positive Ergebnisse budgetieren kann. Für Emmen war es wichtig, dass der Kanton einen grösseren Anteil der Bildungskosten übernimmt, weil wir eine so hohe Schülerdichte haben.
2021 will der Gemeinderat die Steuern dennoch wieder erhöhen. Wie erklären Sie das dem Volk?Das wird nächstes Jahr unsere schwierigste Aufgabe sein. Der Einwohnerrat wird dabei Verantwortung übernehmen und mitarbeiten müssen. Tatsächlich ist es so, dass wir ohne Steuererhöhung auskommen würden, wären da nicht die anstehenden Investitionen in die Infrastruktur. Die Verschuldung würde weiter steigen – und Schulden bringt man ohne höhere Einnahmen nicht weg.
Können die Emmer Finanzen denn überhaupt nachhaltig gesunden?Ich bin optimistisch, dass wir die Finanzen ins Lot bringen. Aber dafür brauchen wir – zumindest vorübergehend – höhere Steuern. Auch dann werden wir uns keinen Luxus leisten können.