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Zug

Neue Steuerpläne könnten Zug hart treffen

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung will das Steuersystem seiner Mitgliedsländer total umkrempeln.

Nach dem Ja des Schweizer Stimmvolkes zur Unternehmenssteuerreform im Mai steht die Schweiz bereits vor der nächsten Steuerhürde. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) will «Neue Steuerstandards» einführen (Ausgabe von gestern). Zwei an sich harmlose Wörter hinter denen sich eine fundamentale Umkrempelung des geltenden internationalen Steuerrechts verbirgt.

«Das Projekt ist mir bestens bekannt», sagt der Zuger Finanzdirektor und SVP-Ständeratskandidat Heinz Tännler. Das neue Steuerregime sei kürzlich an einer Sitzung der Schweizer Finanzdirektoren ein Haupttraktandum gewesen. «Grosse internationale Konzerne sollen neue Steuerregeln erhalten, die es ihnen erschweren, Gewinne in steuerlich vorteilhafte Staaten zu verschieben», umschreibt der Zuger Finanzdirektor die allgemeine Stossrichtung. Der Taktgeber für die Anpassungen des Steuerregimes sind Konzerne mit vorwiegend digitalen Projekten wie zum Beispiel Google und Amazon, die, wie sich Heinz Tännler ausdrückt, in «vielen Staaten mangels Niederlassung überhaupt keine Steuern bezahlen, obwohl sie mit der dortigen Kundschaft erhebliche Gewinne erzielen».

Jetzt kristallisiert sich heraus, dass nicht nur im Kreis der betroffenen Konzerne, sondern auch bei der Art der Besteuerung der Hebel angesetzt wird. Entscheidend sei, so Tännler, nicht mehr nur der Ort der Produktion, sondern auch der Ort, wo sich die Kundschaft befindet. Der Konzerngewinn von multinationalen Unternehmen soll mittels eines noch zu definierenden Schlüssels auf die Staaten verteilt werden, in dem er aktiv ist. Der Zuger Finanzdirektor nennt noch eine weitere Praxisänderung, welche die OECD anregt: «Festlegung eines international gültigen Mindest-Gewinnsteuersatzes.»

Die Auswirkungen auf die Steuererträge sind unklar

Tännler macht sich keine Illusionen: «Negativ betroffen von den Umbauplänen sind tendenziell vor allem kleinere Staaten mit stark exportorientierten Unternehmen und vielen globalen oder regionalen Konzernzentralen, somit auch die Schweiz und nicht zuletzt Zug mit einer hohen Dichte an international tätigen Unternehmen.» Dann fügt er noch an: «Das Modell könnte also den Kanton Zug empfindlich treffen.»

Die «Neue Zürcher Zeitung» nennt in ihrer gestrigen Ausgabe einen Rückgang der Gewinnsteuereinnahmen zwischen einer bis fünf Milliarden Franken. Das eidgenössische Finanzdepartement hat diese Schätzung genannt.

Der Zuger Finanzdirektor mahnt zur Vorsicht: «Die Schätzungen basieren auf rudimentären Mutmassungen und Szenarien. Gesichert ist aber wohl, dass Steuerausfälle entstehen werden.»

Fehlerhafte Schätzung bei einer Abstimmung

Aber mit den Zahlen ist das bei solchen komplexen Umlagerungen so eine Sache. In bester Erinnerung ist die Abstimmung über die Unternehmenssteuerreform II, welche die Stimmbürger 2008 knapp angenommen haben. Die vom Bund im Abstimmungsbüchlein genannten Steuerausfälle haben sich als viel zu tief erwiesen.

Verlässlichere Zahlen in Bezug auf die Neugestaltung des globalen Gewinnsteuerregimes sollen, so Tännler, 2020 vorliegen. Es sind aber nicht nur die finanziellen Auswirkungen des OECD-Projekts unklar, auch die Länge der Zeitachse für die Umsetzung ist ambitioniert. Bis 2023 soll das neue Steuerregime greifen. Heinz Tännler sagt, dass «im Minimum mit drei bis vier Jahren zu rechnen ist».

Heinz Tännler, der einmal Stadionspeaker in der altehrwürdigen Herti-Halle gewesen ist, greift auf einen Begriff aus dem Eishockey zurück, um den Charakter der Steuernovelle zu beschreiben: «Es handelt sich um ein Powerplay der Grossen.» Es sei deshalb «essenziell, dass sich die Schweiz mit anderen betroffenen Staaten zusammenschliesst». Bei all den anstehenden Prozessen mahnt Tännler den respektvollen Umgang untereinander an. Ist das, wenn es um Geld geht, mehr als nur ein frommer Wunsch?

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