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Oberägeri

Neue Kinderärztin: «Ich will jedem Kind und auch mir gerecht werden»

Im Ägerital gibt es seit Juni wieder eine Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin. Sabine de Lage stammt ursprünglich aus Deutschland und zog mit ihrer Familie nach Oberägeri, um zu bleiben.
Die Gemeinschaftspraxis Gesundheitspunkt in Oberägeri hat seit Juni eine eigene Kinderärztin: Sabine de Lage in ihrem kindgerecht eingerichteten Behandlungsraum.
(Bild: Matthias Jurt (12. August 2021))
Die Fachärztin in Kinder- und Jugendmedizin freut sich auf junge Patientinnen und Patienten aus dem Ägerital. 
(Bild: Matthias Jurt (Oberägeri, 12. August 2021))

Cornelia Bisch

 

Sabine de Lage hat ein ansteckendes Lachen, ihr warmer, aufmerksamer Blick drückt echtes Interesse aus. Man glaubt ihr aufs Wort, wenn sie sagt:

«Ich habe einen sehr guten Draht zu Kindern. Ich mag sie und sie mögen mich.»

Das ist auch der Grund, warum sich die deutsche Ärztin für die Fachrichtung Pädiatrie entschieden hat. «Seit ich zwölf Jahre alt war, wollte ich nichts anderes machen.»

Über Umwege hat es sie und ihre Familie in die Schweiz und ins Ägerital verschlagen. «Hier sind wir glücklich, wir wollen bleiben», sagt sie bestimmt. Seit Juni praktiziert sie in der Gemeinschaftspraxis Gesundheitspunkt in Oberägeri. «Ich wurde von den Eltern sehr freundlich aufgenommen», sagt sie erfreut. Das sind gute Nachrichten für junge Familien im Ägerital, die in den vergangenen Jahren für die medizinische Versorgung ihrer Kinder nach Zug fahren mussten.

Keine Fliessbandmedizin

Die erfahrene Ärztin will sich für jeden ihrer kleinen Patienten genug Zeit nehmen können. «Ich will keine Fliessbandmedizin praktizieren, sondern mich ganz auf die Kinder und Eltern einlassen, damit ich jedem Patienten und auch mir selbst gerecht werde.» Vor allem bei Kindern mit komplexen Krankheitsbildern sei dies besonders wichtig. So könne sie abends mit gutem Gewissen nach Hause gehen im Vertrauen darauf, an alles gedacht zu haben.

Ebenfalls wichtig ist für sie das Vertrauensverhältnis zwischen Ärztin, Patienten und Eltern. «Dieses Vertrauen muss wachsen können. Das braucht Zeit», weiss sie aus Erfahrung. Während ihrer früheren Praxistätigkeit sei es manchmal vorgekommen, dass auch 18-Jährige noch ihren medizinischen Rat gesucht hätten, nachdem sie bereits während ihrer Kindheit bei ihr in Behandlung gewesen seien.

«Ich würde mich freuen, wenn ich auch hier im Ägerital ein langjähriges Vertrauensverhältnis zu den Patienten und ihren Eltern aufbauen könnte.»

Sabine de Lage versucht, spielerisch auf die Kinder einzugehen und jedes in seiner Eigenart ernst zu nehmen. Die hochdeutsche Sprache kommt ihr dabei nicht in die Quere. «Die Kinder verstehen mich mit wenigen Ausnahmen sehr gut. Das bringt wohl der heutige Medienumgang mit sich. Umgekehrt brauche ich manchmal Übersetzungshilfe von den Müttern», stellt sie lachend fest.

Kinder haben andere Bedürfnisse als Erwachsene

Die erfahrene Pädiaterin absolvierte nach ihrer Facharztausbildung in Frankfurt und Mainz Weiterbildungen in Kinderendokrinologie – jenem Fachgebiet, das sich mit hormonellen Störungen befasst – und Diabetologie, dem Gebiet der Zuckerkrankheit. Als «kleines Schmankerl» bezeichnet sie ihren Abstecher in die Frauenheilkunde und Geburtshilfe. «Ich habe 62 gesunde Babys auf die Welt gebracht», erzählt sie stolz. Während 15 Jahren führte sie gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem Hämato-Onkologen Tristan de Lage, eine eigene Praxis.

Von ihrer vielfältigen Erfahrung werden die Kinder im Ägerital nun profitieren können. «Ich höre manchmal, dass Kinder doch keine eigenen Ärzte benötigen, sondern von Allgemeinärzten betreut werden können.» Aus ihrer Sicht ist das nicht korrekt.

«Kinder sind nicht einfach nur kurze Erwachsene. Sie haben ihre ganz eigenen Bedürfnisse und spezifischen Krankheiten.»

Probleme wie Klein- oder Hochwuchs erkennt die Kinderärztin durch ihre langjährige Erfahrung viel früher als ein Allgemeinmediziner und kann rechtzeitig Massnahmen einleiten.

Wichtig ist ihr auch das Thema Impfung. «Ich bin eine starke Impfbefürworterin», betont sie. Denn nur durch konsequentes Impfen würden schwere Krankheiten wie Polio oder Kinderkrankheiten wie Masern, die ebenfalls einen schweren Verlauf nehmen können, dauerhaft verschwinden. «Ich habe bereits festgestellt, dass es eine grosse Gemeinschaft an Impfgegnern im Ägerital gibt und hoffe, dass ich ihnen erklären kann, warum mir das so wichtig ist.»

Oberägeri ist für sie ein Traum hoch drei

Die Ärztin lebt bereits seit vier Jahren in der Schweiz, die ersten drei davon im Kanton Bern. «Wenn wir auswandern, dann ganz», lautete die Devise der Familie. Zurück liess sie einzig den bereits erwachsenen Sohn. In Bern fassten Sabine de Lage, ihr Mann und die 12-jährige Tochter nicht so recht Fuss, sodass sie sich nach einem neuen Wohn- und Arbeitsort umsahen.

«Zug lernten wir in den Ferien kennen und lieben.»

Als eine Oberarztstelle im Kantonsspital Zug frei wurde, griff sie zu. «Kurze Zeit später erfuhr ich, dass im Ägerital ebenfalls eine Kinderärztin gesucht wird.» Sie suchte das Gespräch mit ihren Vorgesetzten und kam mit ihnen überein, den befristeten Vertrag nach zehn Monaten nicht weiter zu verlängern und stattdessen in die Gemeinschaftspraxis zu wechseln. «Ich kann mich hier frei entfalten und fühle mich sehr wohl», betont sie.

Die Familie fand eine Wohnung in Gehdistanz zur Praxis, und die 12-jährige Tochter ist glücklich in ihrer neuen Schulklasse. «Oberägeri ist ein Traum hoch drei», stellt die Ärztin begeistert fest. Ihr Mann fand eine Oberarztstelle in der Zentralschweiz und ist ebenfalls zufrieden mit der Entscheidung der Familie. Diese hatte sie sich nicht leicht gemacht: «Nochmals neu und ganz von vorne zu beginnen, erforderte schon Mut», gesteht die zweifache Mutter.

«Aber nach zwei Monaten kann ich bereits sagen, es war die richtige Entscheidung.»

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