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Neue Erkenntnisse über das alte Flüelen

Flüelen hatte vor einigen hundert Jahren grosse Bedeutung als Umschlagplatz für Waren vom See auf den Landweg. Neue Grabungen unter dem ehemaligen Hotel Weisses Kreuz bringen alte Mauern, Gassen Münzen und Keramikscherben zu Tage.
Archäologe Christian Auf der Maur erklärt am Tag der offenen Grabung, was man in Flüelen nach dem Abbruch des Hotels Weisses Kreuz alles gefunden hat. (Bild: Urs Hanhart (Flüelen, 16. Juni 2018))

Wo einst das ehemalige Hotel Weisses Kreuz stand, graben zurzeit Archäologen im grossen Stil. Zahlreiche alte Mauern und Reste von früheren gepflästerten Strassen sind frei gelegt worden. «Die Mauern, auf denen Sie stehen, sind fünfhundert Jahre alt», erklärte Archäologe Christian Auf der Maur den Besuchern am Tag der offenen Grabungen. Darunter sind Vorgängerbauten zu sehen, die noch ein paar Jahrhunderte älter sind.

Untersuchungen alter Balken im Hotel Weisses Kreuz liessen den Bau auf das Jahr 1608 datieren. Die unter dem Mauergeviert liegenden Fundamente wurden viel früher gebaut. Die ältesten Überreste stammen aus dem späten Mittelalter. Die Mauern dürften zwischen dem 13. bis 15. Jahrhundert entstanden sein.

Münzen und Keramikreste gefunden und dokumentiert

Viele antike Münzen aus der Schweiz, aber auch aus Mailand wurden gefunden. Zahlreiche Scherben aus Keramik weisen darauf hin, dass auch wohlhabende Menschen in Flüelen einen Zwischenhalt eingeschlagen haben. Nur wenige Schritte weiter wurde mit dem ehemaligen Gasthaus Ochsen vor ein paar Jahren das älteste Holzhaus in Uri auf die Jahre 1327/28 datiert.

Das Ufer des Urnersees reichte damals weiter Richtung Dorf. Das Hotel Weisses Kreuz grenzte direkt an die Hafenstrasse. «Erst mit der Axenstrasse und dann mit dem Bau der Gotthardbahn verlegte man das Ufer des Sees», so Auf der Maur. Gut zu sehen ist, dass man in Flüelen stets eine neue Schicht auf die alte legte. «Der Seespiegel ist über die Jahrhunderte immer mehr angestiegen», erklärt der Archäologe. Flüelen war bereits vor vielen Jahrhunderten ein wichtiger Umschlagplatz. Bei den Grabungen stiess man auf Steine alter Gassen und Plätze. Eduard Müller, Denkmalpfleger ad interim beim Kanton, spricht von einem «historischen Brennpunkt». Die Waren kamen mit Nauen über den See. Die Säumer zogen von hier über den Gotthardpass. «Fleisch, Käse und Wein wurden transportiert. Schon früh entstand ein reger Handel, der ab 1200 so richtig Fahrt aufnahm.»

150000 Franken werden für Grabungen aufgewendet

Umgesetzt werden die bauarchäologischen Massnahmen von der Abteilung Natur- und Heimatschutz des Kantons Uri. Der Landrat hat einen Nachtragskredit von 170 000 Franken gesprochen. 150 000 Franken können für die Grabungen aufgewendet werden. 20 000 Franken waren der Kostenanteil an die Bodenentfernung der Betonplatte.

«Der Tag der offenen Grabungen bietet uns Gelegenheit, der Bevölkerung zu zeigen, wozu das Geld gebraucht wird», so Auf der Maur. «Ich denke, es ist gut investiert für die Forschung der Geschichte des Kantons Uri.» Der Flüeler Dorfkern ist als so genanntes archäologisches Funderwartungsgebiet ausgeschieden. Gemäss Kunstdenkmälerband Uri II von Helmi Gasser könnten auf dieser letzten zusammenhängenden Fläche innerhalb des Dorfkerns von Flüelen Spuren menschlicher Besiedlung sogar aus dem ersten Jahrtausend vorhanden sein.

Wissenschaftliche Publikationen sind geplant

Noch zwei Wochen kann in Flüelen gegraben werden. «Alles können wir nicht untersuchen», sagt Auf der Maur. «Wir müssen Prioritäten setzen.» So möchte man zu einem späteren Zeitpunkt allenfalls weiter nach Spuren einer einstigen Kapelle suchen. Die Experten sind sich aber einig, dass man in Flüelen bei den jüngsten Grabungen reiche Funde machte. Alles wird genau dokumentiert. Insbesondere machte man auch Aufnahmen mit Drohnen aus der Luft. «Es wird einiges an Zeit in Anspruch nehmen, bis alles ausgewertet ist», sagt Müller. Auch wissenschaftliche Publikationen sind geplant. Bedeutende Fundgegenstände kommen ins Staatsarchiv.

Punktuell kann noch weiter gegraben werden

Im Juli beginnen die Bauarbeiten für die 32 behindertengerechten Eineinhalb- bis Dreieinhalbzimmerwohnungen, ein Café sowie zwei grössere Gewerberäume. Punktuell kann an wenigen Stellen weiter in die Tiefe gegraben werden. «Wir hoffen in tieferen Schichten auf Spuren noch früherer Zeiten zu stossen», so Auf der Maur. «Allenfalls reichen diese bis in die römische Zeit zurück.»

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