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Luzern

Nach Massenkündigung in Kriens: Eigentümerin besänftigt Bewohner mit grosszügigen Mieterstreckungen

Previs gewährt an der Brunnmattstrasse Mieterstreckungen teils bis 2023 – und wendet damit alle Kündigungsanfechtungen ab. Als Grund gibt die Pensionskasse Corona an – doch das dürfte nicht der Einzige sein.
(Bild: Corinne Glanzmann (Kriens, 5. Februar 2020))

Roman Hodel

Gross war die Empörung im vergangenen Februar, als die Pensionskasse Previs ihren 94 Mietern an der Krienser Brunnmattstrasse die Wohnungen per Ende Juni 2020 kündigte wegen einer geplanten Totalsanierung. Hier die Überbauung im Bild:

So gross, dass Previs an einer Medienkonferenz wieder zurückkrebste und Mieterstreckungen für das eine Haus bis Oktober 2020 und für das andere bis Juli 2021 in Aussicht stellte. Doch ein bereits gegründetes Mieterkomitee gab sich nicht damit zufrieden und forderte schriftlich, die Sanierung zu verschieben oder zu sistieren. Unterstützung erhielt es vom Mieterverband. Zudem kündigten über 40 Mieter an, sich an die Schlichtungsbehörde zu wenden – es hat genützt.

Bereits Mitte März kommunizierte Previs den Mietern eine neue Mieterstreckung – und was für eine: Jene im Haus Brunnmattstrasse 20/20A können bis 30. Juni 2022 bleiben (statt 31. Oktober 2020) und jene im Haus 18/18B sogar bis 31. März 2023 (statt 31. Juli 2021). Dies bestätigt Stefan Ernst, Leiter Kommunikation, und sagt dazu: «Aufgrund der schwierigen Situation, verursacht durch die Coronakrise, hat Previs Vorsorge die Fristen für die Sanierungsetappen verlängert.» Dadurch hätten sämtliche Kündigungsanfechtungen beigelegt werden können, «und die Stimmungslage hat sich entsprechend normalisiert.» An den geplanten Sanierungsplänen halte Previs hingegen fest.

Über die Hälfte der Mieter sind schon ausgezogen

Allerdings nutzen längst nicht alle die Mieterstreckung aus, wie sich jetzt schon zeigt: Im Haus 20/20A sind bereits 25 der 42 Mieter ausgezogen. Und selbst im Haus 18/18B, wo der Auszug erst in zweieinhalb Jahren nötig ist, sind 20 der 42 Mieter weg. Die leerstehenden Wohnungen dieser Sanierungsetappe werden in Kürze wieder zur Miete angeboten; laut Ernst «in etwa zum gleichen Mietzins». Für die bevorstehenden Leerstände prüfe man «verschiedene Szenarien». Zu den bereits ausgezogenen Mietern sagt er:

«Ein Grossteil davon hat Interesse bekundet, nach der Sanierung zurückzukehren.»

Nur werden sie ihr Budget anpassen müssen. Kostet eine 4,5-Zimmer-Wohnung heute je nach Grösse, Lage, Etage und Mietdauer zwischen 1250 und 1800 Franken, werden es künftig zirka 1840 bis 2130 Franken sein.

«Fast immer ist eine Waschmaschine frei»

Ein Mietzins, der für Hatun Huber zu hoch ist. Sie wohnt nach wie vor in der Überbauung und ist mit der Mieterstreckung bis 2023 zufrieden. «So kann meine 9-jährige Tochter die Primarschule im Quartier beenden – das war meine grösste Sorge.» Deshalb habe sie sich ursprünglich auch an die Schlichtungsbehörde wenden wollen. Dass viele Mieter schon ausgezogen sind, wundert sie nicht: «Einige haben genug von Previs.» Sie selber geniesst derweil das halbleere Haus, «denn jetzt ist fast immer eine Waschmaschine frei.»

Auch die Mutter von Dave Büttler, der im Februar den ganzen Mieteraufstand orchestriert hat, wohnt noch hier. Er ist ebenfalls froh um die Mieterstreckung, sagt aber: «Das Grundproblem, wonach Pensionskassen derart unreguliert und aggressiv in den Immobilienmarkt reindrängen, bleibt bestehen.» Und noch etwas anderes betont er:

«Ohne unseren öffentlichen Druck hätte Previs niemals so grosszügig Mieterstreckung gewährt.»

Das sieht Cyrill Studer Korevaar, Geschäftsleiter des Luzerner Mieterverbands, genau so: «Ohne den Widerstand der Mieter wäre es kaum zu einer solchen Lösung gekommen.» Die ganze Bewegung rund um Dave Büttler sei vorbildlich gewesen. Laut Studer geht die Mieterstreckung von Previs tatsächlich über das hinaus, was vor der Schlichtungsbehörde zu erwarten gewesen wäre. «Und sie nützt allen Mietern und nicht nur jenen, die sich wehren.» Allerdings macht er sich keine Illusionen – Massenkündigungen wie in Kriens werde es auch künftig geben. «Denn Pensionskassen haben den Auftrag, möglichst viel Gewinn zu erzielen und Immobilien versprechen eben eine hohe Rendite.» Nur sei es besonders stossend, wenn mit Previs ausgerechnet die staatsnahe Pensionskasse der Berner Gemeinden derart dilettantisch vorgehe.

Und welche Lehren zieht Previs aus Kriens? «Wir haben die Erkenntnisse in unsere Prozesse einfliessen lassen», lautet die übliche Antwort auf eine solche Frage aus der Kommunikationsabteilung. Stefan Ernst ergänzt: «Künftige Sanierungen werden wir unter Berücksichtigung der gemachten Erfahrungen in Kriens umsetzen.» Wobei er anmerkt, dass jedes Sanierungsprojekt individuell zu betrachte sei.

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