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Luzern

Nach Knatsch um Ausschluss: Kleine Fraktionen sollen im Luzerner Kantonsrat nicht mehr benachteiligt werden

Eine Projektgruppe hat das Luzerner Parlamentsrecht unter die Lupe genommen. Sie schlägt mehrere Anpassungen vor, unter anderem einen Paradigmenwechsel beim Amtsgeheimnis.
Blick in den Kantonsratssaal, wo die 120 Parlamentarierinnen und Parlamentarier tagen. (Bild: Alexandra Wey/Keystone (28. Januar 2019))

Lukas Nussbaumer

Der Parlamentsbetrieb im Kanton Luzern ist bis ins Detail geregelt. Es gibt kaum eine Frage, die im Kantonsratsgesetz oder in der Geschäftsordnung nicht beantwortet wird. Auch Raum für Interpretationen lässt das letztmals vor sieben Jahren überarbeitete Parlamentsrecht wenig – mit mindestens einer Ausnahme: Die Vertretung der Fraktionen in den neun ständigen Kommissionen ist offen formuliert. Nun soll der Passus, die Fraktionen sollen «in der Regel im Verhältnis ihrer Mitgliederzahl vertreten sein», konkreter werden. Künftig soll das Einsitzrecht generell und ausnahmslos allen Fraktionen zugestanden werden.

Das schlägt eine Projektgruppe vor, die das Parlamentsrecht in Zusammenarbeit mit der Stabsgruppe der Geschäftsleitung des Kantonsrats überarbeitet hat. Der Vorschlag ist eine Lehre aus der Legislatur 2015 bis 2019, als die GLP und die Grünen aufgrund ihrer Verluste bei den Wahlen von mehreren Kommissionen ausgeschlossen wurden. Das habe sich als «unbefriedigend» herausgestellt, heisst es in den Unterlagen. In der Tat: Die Mitglieder der ausgeschlossenen Fraktionen mussten ihre Detailfragen im Plenum stellen, was die Effizienz des Ratsbetriebs beeinträchtigte.

Wenn die Aufsichtskommission fragt, muss alles offengelegt werden

Zu einer bedeutenden Änderung soll es auch beim Amtsgeheimnis kommen. Wer von der Aufsichts- und Kontrollkommission (AKK) befragt wird oder Einsicht in Akten gewähren soll, muss bis anhin von der Regierung vom Amtsgeheimnis entbunden werden. Neu soll der Grundsatz gelten, dass es gegenüber der AKK und ihren Ausschüssen keine Entbindung vom Amtsgeheimnis mehr braucht. Der AKK werden damit grundsätzlich eine uneingeschränkte Einsicht und umfassende Informationsrechte gegenüber der Verwaltung gewährt.

Das sind weitere Vorschläge, zu denen sich die Parteien, Fraktionen, Departemente und andere kantonale Stellen noch bis Ende April äussern können:

  • Der Kantonsrat hat im Mai 2020 ein Postulat des inzwischen aus dem Parlament ausgeschiedenen Herbert Widmer auf Antrag der Regierung hin erheblich erklärt. Der frühere Stadtluzerner Freisinnige verlangte gute Rahmenbedingungen für Ratsmitglieder, die kleine Kinder haben. Nun soll die Abgabe von Betreuungsgutscheinen an Parlamentarierinnen und Parlamentarier analog den Angestellten des Kantons Luzern im Kantonsratsgesetz verankert werden. Das führt zu geringen Mehrkosten. Beitragsberechtigte Ratsmitglieder können abhängig von ihrem Gesamteinkommen jährliche Beiträge von 1000 bis 3100 Franken budgetieren, rechnete die Regierung in ihrer Antwort auf das Postulat Widmers vor.
  • An den konstituierenden Sitzungen des Kantonsrats darf das älteste Mitglied jeweils eine Rede halten, ebenso das jüngste. Heisst das älteste (oder im unwahrscheinlicheren Fall auch das jüngste) Mitglied gleich wie vier oder acht Jahre zuvor, kann dieses also mehrmals eine Ansprache halten. Das soll sich jetzt ändern: Hatte ein Kantonsrat oder eine Kantonsrätin bereits einmal das Alterspräsidium inne, übernimmt diese Aufgabe das zweitälteste Mitglied.
  • Bei den zeitlichen Abläufen schlägt die Projektgruppe zwei Änderungen vor. Sessionstage sollen nicht mehr erst um 18 Uhr enden, sondern schon um 17.30 Uhr. Dafür wird die Mittagspause um eine halbe auf eineinhalb Stunden gekürzt. Auch beim Zeitplan für die Dringlichen Vorstösse soll es eine Anpassung geben. Diese Vorstösse sollen nicht mehr bis am Freitag um 6 Uhr vor der jeweils am Montag beginnenden Session eingereicht werden können, sondern bis am Donnerstag um 14 Uhr.

Nicht Teil der Revision sind Vorstösse über die Sicherstellung politischer Prozesse in Krisenzeiten und über die Möglichkeit zur digitalen Teilnahme an Sessionen. Das seien komplexe, ineinandergreifende Themen, die eine sorgfältige Auslegeordnung und Analyse der bestehenden Prozesse nötig machen würden, heisst es in den Vernehmlassungsunterlagen. So wäre für die Möglichkeit einer digitalen Teilnahme an Sessionen gar eine Verfassungsänderung nötig.

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