Herbert Huber
Dass wir das noch durchleben müssen. Bis mindestens Ende Februar ist uns von der Obrigkeit aus dem Palais Federal ein strenger Müssiggang verordnet worden. Weder Theater noch Kino, weder Beizen-Stammtisch noch sonstige Ausgehvergnügen.
Das ist für viele Menschen verdammt hart, vor allem für Junge und Alleinstehende, aber auch unternehmungslustige Alte wie mich. Der Mensch braucht irgendeine Beschäftigung. In den letzten von Geschäftigkeit und Gier geprägten Jahren wurde zwar vielen Menschen der Müssiggang abgewöhnt. Und jetzt ist er da. Plötzlich und unangemeldet.
Was ist eigentlich Müssiggang? Meine Grossmutter pflegte zu sagen, ein Müssiggänger würde dem Herrgott die Zeit stehlen. Oder aller Laster Anfang, wie ein Sprichwort sagt? Da und dort vielleicht schon. Aber ich meinti, der uns befohlene Müssiggang kann auch die Chance für eine Rückbesinnung und einen Neuanfang sein. Wir können, nein, müssen wieder lernen, uns bewusst Zeit zu nehmen. Wir müssen wieder lernen, sein zu können – statt tun zu müssen!
Musik hören, malen, dösen, lesen, kochen ... Ich habe mir vorgenommen, die Zeit des Nichtstuns ohne schlechtes Gewissen wahrzunehmen, denn im Müssiggang ist auch die Musse enthalten. Freie Zeit, keine Zwänge, kein Druck. Nach dem Motto: Müssiggang ist des wahren Lebens Anfang!
Als Gastronom habe ich einige Tipps gegen den Müssiggang. Unter anderem, sich vermehrt mit dem Kochen zu beschäftigen. Dies gilt insbesondere für Männer, die sich üblicherweise nur bekochen lassen. Man(n) kann ganz klein anfangen, etwa mit dem Männerstolz, dem Spiegelei. Oder zur Abwechslung mal ein Ruhrei mit Tomaten- und Olivenwurfelchen vermischen. Eine Eieromelette (also ohne Mehl – sonst wäre es ein Pfannkuchen) muss am Schluss innen noch etwas «baveuse» sein. Will heissen: Nicht ganz durchgegart.
Das Wintergemüse Knollensellerie eignet sich hervorragend für ein Piccata: Dünne, kurz blanchierte Selleriescheiben leicht mehlen und im aufgeschlagenen Ei im Olivenöl goldbraun backen. Dazu ein sämiges Risotto.
Oder schnetzeln Sie gemeinsam (Achtung: maximal dürfen sich 5 Personen beteiligen) das Gemüse für eine Minestrone. Oder kreieren Sie ein Kernser Pasta-Gericht mit Spiralen und einer pfiffigen Steinpilz Sauce. Fotografieren Sie, was sie jeweils vollbracht haben, als Souvenir, für die Zeit nach Corona. Für Anfänger wie Fortgeschrittene gibt es zuhauf Rezepte, auch im Internet.
Ich meinti, die Coronakrise hat den Trend, zu Hause zu kochen, extrem beschleunigt. Das ist gut so. Wir dürfen jedoch nie vergessen, dass das gemeinsame Essen in einem Lokal weitere Qualitäten bietet, als wenn man sich zu Hause trifft. In Restaurants wird das öffentliche Leben spürbar: Man zieht sich geziemend an, man lässt sich vom Koch und seinen Kreationen überraschen, geniesst das Ambiente, den Service, die Begegnungen mit anderen Menschen. So erlebt man das Essen im Restaurant als Gesamtkunstwerk völlig anders als am Esstisch zu Hause. Auf diese geselligen Zeiten freue ich mich inbrünstig.
Herbert Huber, Koch, dipl. Hotelier und Buchautor aus Stansstad, äussert sich an dieser Stelle abwechselnd mit anderen Autoren zu einem selbst gewählten Thema.