Philipp Unterschütz
Philipp Unterschütz
Der dreimonatige Versuch im vergangenen Winter war ein voller Erfolg. Durch die Verarbeitung von Molke aus der Schaukäserei zu Methangas für Strom und Heizwärme konnte die Abwasserreinigungsanlage ARA Engelberg etwa 2000 Liter Heizöl sparen. «Wir waren energieautark», berichtet ARA-Bereichsleiter Robert Schleiss. Walter Grob, Inhaber der Schaukäserei Engelberg, freut sich dagegen, dass die Molke, die bei der Käseproduktion anfällt, nicht mehr als Futtermittel in Schweinemastbetriebe in Nidwalden geliefert werden muss. Längere Transportwege entfallen. «Damit kommen wir unserem Ziel, dass Engelberger Milch das Tal höchstens als Käse verlässt, immer näher», so Walter Grob
Diese Win-Win-Situation soll weitergeführt werden. Laut Robert Schleiss verwertet die ARA bereits seit einem Monat wieder Molke aus der Schaukäserei. Der Versuchsbetrieb soll diesmal ein ganzes Jahr dauern. Gerechnet wird mit etwa 700000 Litern pro Jahr oder etwa 1800 Litern täglich. Man wolle weitere Daten gewinnen, die teilweise direkt online erfasst würden. «Das Ziel ist mindestens ein Nullsummen-Spiel für die Gemeinde, damit wir eine dauerhafte Verwertung der Molke einführen können», meint Robert Schleiss, der nach den bisherigen Versuchen sehr optimistisch ist, dieses Ziel zu erreichen.
Molke besteht zwar zu 90 Prozent aus Wasser, aber die restlichen 10 Prozent aus Milchzucker, Fetten und Eiweiss haben extrem hohe Energiewerte. Die Molke wird zusammen mit anderen Feststoffen aus dem Abwasser im Faulraum der ARA vergärt. Dabei entsteht Methangas, das im betriebseigenen Blockheizkraftwerk (BHKW) verbrannt wird. Mit der dabei entstehenden thermischen Energie werden der Faulraum selbst und auch die Betriebsgebäude geheizt und nebenbei wird mit dem nachgeschalteten Generator beim BHKW noch einiges an zusätzlicher elektrischer Energie erzeugt, die vollumfänglich ins öffentliche Netz abgegeben wird.
Versuchsjahr soll Energie-Bilanz liefern
Besonders wichtig ist diese Energiegewinnung in der Zwischensaison von Mitte Oktober bis Mitte Dezember, wenn weniger Touristen in Engelberg sind. In dieser Zeit fällt weniger Abwasser an, wodurch die Energieproduktion der Abwasserreinigungsanlage geringer ausfällt.
Ganz so einfach ist es aber nicht, eine Bilanz zu erstellen, ob die Molkeverwertung für die Gemeinde dauerhaft Sinn macht. «Wir müssen sicherstellen, dass es beim langandauernden und komplizierten Abbauprozess im Faulraum nicht zu Nebenwirkungen kommt und der Faulungsprozess nicht mehr korrekt abläuft», erklärt Robert Schleiss. Weil durch die Molke mehr Gas anfalle, laufe das Blockheizkraftwerk etwa 15 Prozent mehr, und auch andere Aggregate würden stärker beansprucht. Genau geprüft wird auch, wie sich diese Beanspruchung auf den Wartungsaufwand oder den Energieverbrauch auswirkt, oder auch auf die Kosten durch die zusätzliche externe Mehrentsorgung des anorganischen Restmaterials der Molke.
Mit grossem Interesse verfolgen auch andere Betreiber von Abwasseranlagen das Projekt in Engelberg. «An Fachtagungen sind viele Kollegen überrascht, dass es mit der Molkeverwertung so gut funktioniert. Das ist gar noch nicht so bekannt in unserer Branche und es bestehen noch einige Vorurteile», sagt Robert Schleiss. Gut möglich also, dass die Erkenntnisse aus Engelberg der Molke zum weiteren Durchbruch als Energieträger verhelfen könnten.