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Zug

«Meine Berner Woche»: Eine Woche geprägt vom Krieg

Nationalrätin Manuela Weichelt gibt Einblicke in die Sessionswoche.

Montag, 7. März: Zwar sitzen wir im Nationalratssaal nicht mehr hinter Plexiglas, dafür sind wir fassungslos, was für ein grauenhafter Krieg den Tod von unzähligen Kindern, Frauen und Männern zur Folge hat.

Der Bundesrat hat meine Fragen zu einem Kassensturz-Bericht über einen Skandal im Zusammenhang mit der PMEDA AG beantwortet, der den Verdacht weckt, dass eine strafrechtliche Aufarbeitung unseriöser IV-Gutachten praktisch unmöglich ist. Die Antwort befriedigt mich nicht. Ich reiche für nächste Woche eine Anschlussfrage ein.

Zudem möchte ich vom Bundesrat wissen, ob er bereit ist, den Handel mit «Hard Commodities» durch russische Staatsfirmen in der Schweiz zu sanktionieren. Und welche Rolle der Schweizer Rohstoffhandelsplatz für die Staatseinnahmen Russlands spielt, denn 80 Prozent des russischen Rohstoffhandels wird über die Schweiz gehandelt.

Dann geht es weiter mit dem Bundesgesetz über die Regulierung der Versicherungsvermittlertätigkeit. Wer kennt nicht die unliebsamen Telefonanrufe während des Nachtessens von Versicherungsvermittelnden? Die bürgerliche Mehrheit im Nationalrat will diesen Anrufen nur halbherzig einen Riegel schieben.

Dienstag, 8. März: Der Internationale Tag der Frau beginnt um 7 Uhr mit einem VBS-Frühstück zum Thema «Die Lage in der Ukraine und die Sicherheitspolitik der Schweiz», unter anderem mit der SRF-Korrespondentin Luzia Tschirky. Wirklich essen mögen wir nicht mehr.

Leider kann ich nicht an den Aktivitäten zum Tag der Frau im Kanton Zug teilnehmen. Dafür besuche ich über Mittag die Frauenveranstaltung für Frieden und Entmilitarisierung in Bern.

Am Nachmittag finden die Fraktionssitzungen statt. Einmal mehr wird die Swiss National Covid-19 Science Task Force virtuell zugeschaltet, damit wir unsere Fragen stellen können. Und wir diskutieren unsere grüne Friedens- und Sicherheitspolitik im Kontext des Ukraine-Kriegs. Es braucht eine klare Haltung des Bundesrates, die den Krieg verurteilt, wirtschaftliche Sanktionen ergreift und das Angebot für Friedensgespräche macht. Zudem müssen wir unkompliziert Flüchtlinge aus der Ukraine aufnehmen.

Mittwoch, 9. März: Am Morgen rapportierte ich als Präsidentin der Subkommission GPK Gerichte/Bundesanwaltschaft über unsere Tätigkeit im vergangenen Jahr.

Um 10 Uhr unterbricht die Grüne Nationalratspräsidentin Irène Kälin die Debatte, damit wir alle auf den Bundesplatz können für das Glockengeläute. Wir gedenken allen Menschen, die mitten im Krieg stehen.

Anschliessend geht die Politik im Kleinen weiter. Statt die Sicherheit im Verkehr zu erhöhen, zieht die Mehrheit dem Raserartikel die Zähne. Es soll keine Mindeststrafe mehr geben, für ein Raserdelikt nur noch zwölf statt 24 Monate Entzug des Führerscheins und die Nachschulung für Delinquenten soll abgeschafft werden. Anstatt den Fussverkehr zu stärken, will die Mehrheit im Nationalrat neu die Parkierung von Motorrädern auf dem Trottoir erlauben. Statt die Emissionen des Verkehrs zu senken, wird das Verbot für Rundstreckenautorennen aufgehoben. Die Grünen haben als einzige Fraktion im Nationalrat diese Gesetzesrevision abgelehnt.

Über Mittag nehme ich an der Kundgebung der Behindertenorganisationen teil. Vor knapp acht Jahren hat die Schweiz die UN-Behindertenrechtskonvention ratifiziert. Diese Woche beginnt die Überprüfung der Schweiz durch die UNO-Kommission in Genf. Weit sind wir mit «gleiche Rechte für Menschen mit Behinderung» nicht.

Donnerstag, 10. März: Heute muss Bundesrat Cassis zu 20 Vorstössen Stellung nehmen. Leider wird mein Vorstoss zur Anerkennung des Genozids in Bosnien aus Zeitgründen vertagt. Am Nachmittag reise ich zurück nach Zug. Danach nehme ich als Vorstandsmitglied noch an der Sitzung der kantonalen Winterhilfe teil und die Vorbereitung der dritten Sessionswoche steht bevor.

In der Rubrik «Meine Berner Woche» geben eidgenössische Parlamentarierinnen und Parlamentarier aus Zug Einblick in ihr persönliches Tagebuch, das sie während der Session für die «Zuger Zeitung» führen.

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