Urs Hanhart
Urs Hanhart
Urs Hanhart
Beim Uri-Triathlon, der am Sonntag bei perfekten Bedingungen in Seedorf ausgetragen wurde, lag der Hauptfokus für einmal – zumindest aus Urner Sicht – nicht auf dem Rennen über die Olympische Distanz, sondern auf dem Duathlon. Dort kam es nämlich zum ebenso brisanten wie hochkarätigen Duell zwischen der zweifachen Langdistanz-Vizeweltmeisterin Melanie Maurer (Zofingen) und der Urnerin Jolanda Annen um den Schweizer-Meister-Titel. Dieses verlief ungemein spannend. Auf der ersten Laufstrecke (5 Kilometer) knöpfte die vom Publikum frenetisch angefeuerte Schattdorferin ihrer Widersacherin 16 Sekunden ab. Dank eines deutlich schnelleren Wechsels wuchs der Vorsprung gar auf 26 Sekunden an. Doch auf der 20 Kilometer langen Radstrecke, auf der im Gegensatz zum Triathlon über die Olympische Distanz Windschattenfahren nicht erlaubt war, drehte Maurer den Spiess dann um.
Die begnadete Pedaleurin machte schnell Boden gut und Riss die Führung an sich. Vor dem Wechsel zum abschliessenden Laufabschnitt (2,5 Kilometer) lag Annen schon fast hoffnungslos mit 49 Sekunden im Hintertreffen. Aber der Publikumsliebling steckte nicht auf und versuchte alles, um die Leaderin noch abzufangen. Maurer verwaltete ihr recht komfortables Polster jedoch gekonnt und rettete davon 19 Sekunden ins Ziel. Die beiden Weltklasse-Athletinnen deklassierten das restliche Feld richtiggehend. Bronzemedaillengewinnerin Anna Zehnder (Basel) büsste mehr als 5 Minuten auf das Spitzenduo ein.
Vorübergehend den Fokus verloren
Trotz der knappen Niederlage lief Annen nicht etwa enttäuscht, sondern mit einem zufriedenen Lächeln über die Ziellinie. Dementsprechend lautet auch ihr Fazit: «Angesichts der Tatsache, dass ich vor sechs Jahren meinen letzten richtigen Duathlon bestritten habe und in dieser Disziplin nur über wenig Erfahrung verfüge, bin ich absolut zufrieden mit meiner Leistung», so Annen.
«Ich freue mich sehr über diese SM-Silbermedaille. Vielleicht hätte ich auf der ersten Laufrunde noch etwas mehr Gas geben sollen. Dann hätte es möglicherweise zum Sieg gereicht.»
Matchentscheidend war wohl, dass die frisch gebackene Schweizer Meisterin mit einem aerodynamisch optimierten und auf Maximalspeed ausgelegten Zeitfahrvelo unterwegs war, während ihre Herausforderin lediglich ein «normales» Rennrad mit kleinem Triathlonaufsatz verwendete. Zur vorentscheidenden Phase auf der Radstrecke sagte Annen: «Eigentlich war ich überrascht, dass mich Melanie Maurer erst auf der zweiten von drei Runden überholen konnte. Als sie an mir vorbeizog, bekundete ich eine Zeit lang Mühe, den Fokus zu behalten. Dabei habe ich wohl entscheidend Zeit eingebüsst.»
Der Druck ist nun weg
Vor rund drei Wochen bestritt die schnelle Schattdorferin in Tokio den olympischen Triathlon und belegte dort den hervorragenden 19. Platz. In der Triathlon-Staffel holte sie als Mitglied des Schweizer Teams sogar ein olympisches Diplom (7. Rang). Im Gegensatz zu Seedorf mussten die Rennen in Japan ohne Publikum abgehalten werden. Dazu meinte Annen:
«Mein Heimrennen war der Hammer. Ich habe es sehr genossen, vor heimischer Kulisse antreten zu können. Die Ambiance war super.»
Für die Olympia-14. von Rio ist die Saison längst noch nicht vorbei. Es stehen noch einige Highlights an. Ende August bestreitet sie einen Bundesliga-Triathlon und im September ein Weltcup-Rennen im tschechischen Karlsbad. Danach folgt noch ein Wettkampf in Hamburg, der zur WM-Serie zählt. Zu ihrer aktuellen Gemütslage verriet die Profi-Triathletin: «Nach Tokio ist von mir ein grosser Druck abgefallen. Alles, was jetzt noch kommt, kann ich locker angehen und geniessen. Für die restlichen Rennen bin ich top motiviert.»
Mit 7-minütigem Vorsprung gewonnen
Beim Uri-Triathlon, wo sie nebenbei auch noch als OK-Präsidentin amtierte, feierte die Ausnahmekönnerin doch noch einen Sieg. Zusammen mit Radfahrer Philipp Schuler und Läufer Andrew Kelly gewann Annen, die den Schwimmpart übernahm, den Team-Experience-Triathlon und zwar mit einem gigantischen Vorsprung von über 7 Minuten auf das zweitplatzierte Team.