Lucien Rahm
Lucien Rahm
Ein betrunkener Lastwagenfahrer kommt mit seinem Gefährt auf die Gegenfahrbahn, als er den Gotthardtunnel durchquert. Dort prallt er in einen entgegenkommenden Laster. Die beiden Fahrzeuge entzünden sich, elf Menschen sterben – die meisten an einer Rauchvergiftung. Zu diesem gravierenden Unfall kam es vor 20 Jahren. Seither hat sich die Sicherheit auf der Gotthardachse stetig verbessert und die Zahl der Unfälle reduziert.
Nun soll der Verkehr auf den alpenquerenden Strassen nochmals sicherer werden: Für sämtliche Lastwagen, die darauf unterwegs sind, soll künftig eine «Ausrüstungspflicht für unfallvermindernde Assistenzsysteme» gelten. Dies schlägt die nationalrätliche Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen der grossen Kammer vor. Den entsprechenden Gesetzesentwurf, der auf eine Standesinitiative des Kantons Tessin zurückgeht, hat sie kürzlich an den Nationalrat überwiesen. Dieser wird sich womöglich in seiner Sommersession mit der beantragten Revision des Strassenverkehrsgesetzes befassen. Solche Systeme, die Pflicht werden sollen, warnen zum Beispiel beim Abbiegen vor Fussgängern, regeln automatisch den Abstand zu anderen Fahrzeugen oder lassen das Lenken des Fahrzeugs nur im nüchternen Zustand zu.
Urner Regierungsrat ist dafür
«Die vorgeschlagene Änderung des Strassenverkehrsgesetzes hat das Potenzial zu einer deutlichen Steigerung der Verkehrssicherheit», freut sich beispielsweise der Verein Alpeninitiative über den Vorschlag. Zustimmung findet die Idee aber auch beim Urner Regierungsrat, der sich in seiner Vernehmlassungsantwort an die Kommission für die geplante Änderung ausgesprochen hat.
«Die Revision bezweckt die Verbesserung der Verkehrssicherheit. Vor diesem Hintergrund befürwortet der Kanton Uri im Prinzip eine Ausrüstungspflicht mit neuartigen Assistenzsystemen.»
Mit Obligatorium, das für neue Fahrzeuge zur Pflicht würde (ältere müssen nicht nachgerüstet werden), könnte sich für Uri zudem die Chance bieten, das Personal im SVZ weiter aufzustocken. In seiner Vernehmlassungsantwort schreibt der Regierungsrat: «Die Einhaltung der verschärften Vorschriften ist für die Polizeiorgane nur mit Mehraufwand zu kontrollieren. Bei einer allfälligen Umsetzung der Vorlage beantragt der Kanton Uri vom Bund eine angemessene Unterstützung der Schwerverkehrszentren.»
Welches Ausmass an zusätzlichen Kontrollen und zusätzlichem Personal durch die Änderung nötig würde, lässt sich beim SVZ noch nicht genau einschätzen, wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilt.
«Das kann man zurzeit nicht genau definieren. Aus Sicht des SVZ gehen wir jedoch von einem gesteigerten Arbeitsaufwand aus.»
Das technische Know-how zu den heute vorhandenen Assistenzsystemen für Schwerfahrzeuge sei im SVZ aber bereits vorhanden. «Die Mitarbeitenden bilden sich hier auch in Zusammenarbeit mit den Herstellern ständig weiter.»
Mehr Kontrollen würden für den Kanton Uri tendenziell auch mehr Einnahmen bedeuten. Bereits heute nimmt die Urner Staatskasse durch die Bussen, die im Schwerverkehrszentrum verteilt werden, jährlich rund fünf Millionen Franken ein. Das letzte Mal hat der Bund dem SVZ im Jahr 2018 eine neue 100-Prozent-Stelle genehmigt.
Josef Dittli ist als Verbandspräsident gegen die Änderung – als Ständerat noch unentschlossen
Weniger Begeisterung für die Gesetzesanpassung scheint – zumindest auf den ersten Blick – beim Urner FDP-Ständerat Josef Dittli zu herrschen. Seine Unterschrift ist auf der Vernehmlassungsantwort von Cargo Forum Schweiz zu finden, der Dachorganisation mehrerer Transportwirtschaftsverbände. Der Dachverband spricht sich gegen die «Schweizer Sonderregelung im Transitverkehr» aus. «Wir empfehlen aus Gründen der Gleichbehandlung aller Akteure sowie insbesondere der Praxistauglichkeit, auf jeden Schweizer Sonderstatus zu verzichten», heisst es in der Vernehmlassungsantwort. Zur Dachorganisation gehört auch der Verband der verladenden Wirtschaft (VAP), der von Dittli präsidiert wird. Es ist eines seiner sechs bezahlten Mandate, die er neben seiner politischen Arbeit wahrnimmt.
Auf Nachfrage relativiert der Urner Ständerat jedoch: Seine persönliche Meinung zur geplanten Gesetzesänderung sei noch nicht gemacht.
«Ich selber werde die Vorlage erst im Detail studieren und meine Haltung dazu festlegen, wenn ich die definitive Vorlage mit den Beschlüssen des Nationalrats im Ständerat auf dem Tisch habe und auch die Stellungnahme des Bundesrates kenne.»
Er habe lediglich als Präsident des VAP kurz Kenntnis genommen von der Vernehmlassungsvorlage. «Aufgrund des Vernehmlassungsberichts war der in die Vernehmlassung gegebene Entwurf ja ziemlich umstritten, auch bei den Kantonen.» Zumindest beim Kanton Uri scheint dies aber nicht der Fall zu sein.