Endlich ist es soweit: Vor dem Eingang zum Theater Uri in Altdorf herrscht feierliche Stimmung. Die Maturanden haben sich in den Anzug geworfen, die Maturandinnen ins Kleid. Jessica Fereira (19) aus Erstfeld ist eine von ihnen. «Ich bin erleichtert und glücklich, dass alle bestanden haben», sagt sie und lächelt entspannt. Sie hat einen grossen Auftritt vor sich und das nicht nur wegen ihres Zeugnisses. «Wir haben in letzter Zeit viel geprobt», sagt sie mit Vorfreude.
Der Saal ist bis auf den letzten Platz gefüllt, als die Maturanden auf der Bühne einen Dialog anstossen. Die Worte kommen abwechslungsweise aus den verschiedensten Reihen: «Im Namen der sechsten Klasse, grüsse ich sie herzlich… im ersten Gymi hiess es doch, ihr müsst das ‹CH› weich sagen… aber ich kann es immer noch nicht… erste Sorge war es, das richtige Zimmer zu finden… Ich habe gemeint, der Besenschrank sei das Handarbeitszimmer… am Anfang haben uns zwei Prüfungen aus den Socken gehauen… zum Glück gingen die Gymi-Prüfungen nur 5 Tage…».
«Sie lebe hoch! Sie soll gedeihen! Sie möge blühen»
Einbisschen Nostalgie gehöre dazu, kommentiert Rektor Daniel Tinner. Er grüsst das Publikum, die geladenen Gäste und übergibt das Wort an Regierungsrat Beat Jörg. Dieser überbringt zum Auftakt die Glückwünsche des Mittelschulrates und der Regierung. «Vivat! Crescat! Floreat!», ruft er den Maturanden mit Blick auf die Studentenverbindung Rusana auf Latein zu, was so viel heisst wie: «Sie lebe hoch! Sie soll gedeihen! Sie möge blühen.» Jörg lobte: «Sie haben den Mut gehabt, sich mit der Matura ein hohes Ziel zu setzen.»
Dieses Ziel könne aber niemand allein erreichen. Schülerinnen und Schüler könnten es nicht herbeilernen, der Lehrer könne es nicht herbeidozieren, die Eltern nicht herbeiwünschen, der Rektor nicht herbeibefehlen und der Bildungsdirektor nicht herbeiregieren. Erst die Verbindung mache es. «Im Grunde sind es immer die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben», zitiert er den preussischen Bildungspionier Wilhelm von Humboldt. «Jetzt stehen Ihnen die Tore der Universitäten und Hochschulen im Land weit offen», so Bildungsdirektor Jörg.
Jéssica Ferreira stimmt daraufhin zusammen mit Evrim Senpinar, Raphael Thalmann, Leandro Bisatz, Max Wipfli, David Stöckli und Zuzug Elia Trachsel das Lied «Three Little Birds» von Bob Marley an. Es kommt Stimmung auf. Jeder Ton sitzt. Das Publikum quittierte den Auftritt mit viel Applaus.
Maturaarbeit: Arlette Journeaux brillierte mit Fischgraben
Thomas Tresch von der Maturaarbeits-Jury betritt die Bühne. Er prämiert aus einer Liste von acht Nominationen die zwei besten Maturaarbeiten. Der zweite Preis geht an Leandro Bisatz. «Was war bei seiner Arbeit herausgekommen? 5 Minuten und 53 Sekunden Musik», so Tresch. Es ging um ein «Gloria» in vier Landessprachen. Den ersten Preis heimst Arlette Journeaux ein für ihre Arbeit «Gewässeruntersuchung beim Fischgraben zwischen Realp und Hospental». «Meine Arbeit konnte zeigen, dass die Revitalisierung des Fischgrabens gelungen ist», sagt Journeaux nach der Feier. Als nächstes will sie ein Medizinstudium in Angriff nehmen.
Gastredner Bruno Staffelbach, Rektor der Universität Luzern wandelt ein Sprichwort so ab, dass es zur Maturafeier passt: «Drei Dinge im Leben sind kostbar: die Gesundheit, die Familie, die Liebe. Drei Dinge, sollten wir nie verlieren: Die Geduld, die Hoffnung, die Ehrlichkeit. Drei Dinge ruinieren uns: Trägheit, Stolz, Eifersucht. Und schliesslich, drei Dinge kehren nie zurück: Das Wort, die Zeit und die Maturafeier.» Für ihre Zukunft wünsche er den Maturanden alles Gute, viel Erfolg und persönliche Erfüllung. Er gibt ihnen aber auch Kost zum Nachdenken mit: «Warum tun Menschen bei vollem Bewusstsein nicht das, was sie wissen?» Was er damit ansprechen will, macht er mit einem Beispiel deutlich: So gebe es Menschen, die auf die Resultate einer Gendiagnostik verzichteten, obwohl diese auf Krankheiten hinweisen könne. Gleichzeitig gebe es Personalentscheide, die aufgrund von Horoskopen gefällt würden. «Wozu braucht es eine Matura, wenn sie in der Praxis nicht angewendet wird», so Steffelbach. «Tun Sie das, was sie gelernt haben!», schliesst er.
Matura-Note: Max Wipfli schwang oben aus
Höhepunkt der Feier ist die Übergabe der Maturazeugnisse. Insgesamt sind 48 Kandidaten zur Matura angetreten, 26 Damen und 22 Herren. Bestanden haben alle 48. Die beste Note erzielte Max Wipfli mit einem Schnitt von 5,8, dicht gefolgt von Arlette Journeaux (5,7). Unter den neun unmittelbar nachfolgenden (siehe Kasten) sind acht Frauen. «Kein schlechtes Zeichen so unweit des Frauenstreiktages», so der Rektor. Auf die Frage, was der sehr gute Abschluss für ihn persönlich bedeute, muss Max Wipfli einen Moment überlegen. «Es ist schön, dass es diese Ehrung gibt für den Besten, aber schlussendlich kommt es gar nicht so sehr darauf an, ob man mit einer 4,0 oder einer 5,8 abschliesst, weil man hat die Matura im Sack und man kann weiter machen», sagt er nach der Feier. Es sei aber trotzdem schön gewesen. Am Montag gehts in die Rekrutenschule. Später will er wahrscheinlich Elektrotechnik an der ETH studieren.
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