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Zug

Mäuseplage führt im Kanton Zug zu Ertragsausfällen

Dank dem milden Winter konnten sich Mäuse früher als sonst vermehren. Auch in den Zuger Gemeinden sind die Landwirte nun gefordert.
Raymund Gmünder, Prorektor des landwirtschaftlichen Bildungs - und Beratungszentrums (LBBZ) Schluechthof Cham, zeigt eine der verteilten TopCat-Mausefallen.
(Bild: Maria Schmid (Cham, 13. März 2020))
Ein Mäusezaun samt Lebendfangfallen: Raymund Gmünder, Prorektor des landwirtschaftlichen Bildungs - und Beratungszentrums (LBBZ) Schluechthof Cham, hat vorgesorgt.
(Bild: Maria Schmid (Cham, 13. März 2020))

Laura Sibold

Laura Sibold

Wenig Frost und gemässigte Temperaturen: Der rekordwarme Winter hat Folgen für die Landwirtschaft. So nehmen die Populationen der Schermäuse – eine Gattung der Wühlmaus – immer weiter zu. Das geht aus einer Erhebung von Agroscope und der Arbeitsgemeinschaft zur Förderung des Futterbaus hervor, welche jedes Frühjahr die Dichte der Mäusepopulationen an rund 50 Standorten in der Deutschschweiz messen. Das Schermausradar zeichnet besonders für den Kanton Luzern ein tristes Bild: Die Mäusebestände sind in Luzern im Vergleich zum Vorjahr fast überall gewachsen.

Im Kanton Zug führt Agroscope nur einen Standort, und zwar beim landwirtschaftlichen Bildungs- und Beratungszentrum (LBBZ) Schluechthof in Cham. Dort sind die Zahlen derzeit mit fast 250 Schermäusen pro Hektare noch höher als im Kanton Luzern. Seit 2017 gab es beim Schluechthof nie weniger als 200 Mäuse pro Hektare. Flächen mit 200 bis 300 Mäusen pro Hektare werden als «beinahe Totalschaden» gewertet. Das heisst, dass bereits die halbe Wiese braun – also lückig mit vielen fehlenden Futterpflanzen durchsetzt ist, mehr Unkraut entsteht und in der Folge die Wiesenerträge zurückgehen.

Zyklen der Mäuse sind kürzer geworden

«In den letzten Jahren hat der Schädlingsdruck im ganzen Kanton Zug massiv zugenommen», sagt Thomas Rickenbacher, Präsident des Zuger Bauernverbandes. Das betreffe nicht nur die Mäuse, sondern auch Milben oder Läuse. Von einer frappanten Mäuseplage für den gesamten Kanton will Rickenbacher nicht sprechen, aber:

«Wir haben alle paar Jahre ein Mäusejahr, das die Landwirte fordert. Durch milde Winter nimmt die Problematik jedoch noch zu.»

Diesen Eindruck teilt Raymund Gmünder, Prorektor des LBBZ Schluechthof. Früher hätten die Mäuse eher noch einen klassischen Zyklus gehabt: Nach einer starken Massenvermehrung sei die Population alle fünf bis sieben Jahre wieder zusammengebrochen, wohl wegen Dichtestress. «Wir bemerken nun, dass die Zyklen kürzer geworden sind und der ‹Mäusedruck› konstant hoch ist», sagt Gmünder. Schuld daran ist der milde Winter, dank dem die Nager früher als sonst mit der Vermehrung beginnen können. Entsprechend können schon ein bis zwei zusätzliche Würfe pro Jahr zu einer Verdoppelung der Population führen.

Maushaufen verschmutzen das Futter

Zwar betonen der Zuger Bauernverband und das LBBZ Schluechthof, dass die Lage angespannt sei. Doch der Mausradar-Standort Schluechthof ist laut Experten nur bedingt repräsentativ für den gesamten Kanton Zug. Cornel Stutz, zuständig für das Schermausradar bei Agroscope, erklärt:

«Je mehr zusammenhängendes Wiesland es in einer Region hat, desto ausgeprägter entwickeln sich die Mäusezyklen.»

Der Schluechthof sei landschaftlich gesehen wie eine Insel, umgeben von Siedlungsgebiet, Autobahn und Wald. Deshalb könnten sich die Mäuse weniger gut ausbreiten als in offenen Landschaften wie im Zuger Mittelland oder Richtung Zugerberg. Stutz betont, dass die Beobachtungsstandorte Kappel am Albis und Maschwanden für das Zuger Mittelland aussagekräftiger seien. Dort gehen die Mäusepopulationen seit einem Jahr zurück und nähern sich dem vertretbaren Wert von 40 Tieren pro Hektare an. Nur unter diesem Wert lohnt sich eine Bekämpfung mit herkömmlichen Methoden wie Fallen oder Vergasung. Ist die Mäusepopulation grösser, kann ein Anstieg der Tiere im Futterbau kaum mehr wirkungsvoll verhindert werden.

Im vergangenen Jahr sei es deswegen im Kanton Zug teilweise zu Ertragsausfällen gekommen, betonen Rickenbacher und Gmünder. Denn die durch die Mäuse aufgestossenen Erdhaufen können ins Futter gelangen und dieses verschmutzen. Kommt es im Silo dann zu Fehlgärungen, bleibt Landwirten nichts anderes übrig, als das Futter wegzuwerfen.

Kombinierter Schaden, auch durch Trockenheit

«Die Mäuse allein sind da kein grosses Problem», relativiert Ueli Staub, Geschäftsführer des Zuger Bauernverbandes. «Doch viele Bauern leiden noch immer unter dem extrem trockenen Jahr 2018, das die Wiesenbestände arg in Mitleidschaft gezogen hat.» Entsprechend hätten die Futterreserven vieler Landwirte noch nicht wieder den gewohnten Stand erreicht, was die Ertragsausfälle durch Schermäuse noch weniger verzeihe. Den Wiesenbestand mittels Grassaaten wieder zu sanieren und Futter zuzukaufen, ist zudem ein kostspieliges Unterfangen.

Um die Mäusepopulationen zu minimieren, empfehlen Experten ein einfaches Mittel: Auf die Natur zu setzen und die Präsenz der natürlichen Feinde zu erhöhen. Hecken und Steinhaufen bieten Fuchs, Wiesel, Hermelin und Katze Unterschlupf, während Sitzstangen Greifvögel anlocken. Bei Obstanlagen sind drastischere Massnahmen nötig. Da Mäuse die Wurzeln der Bäume anknabbern, kann eine grosse Mäusepopulation gravierende Folgen für eine Obstplantage haben.

Bei der vor zwei Jahren neu gepflanzten Obstplantage im Schluechthof Cham habe man daher frühzeitig einen Mäusezaun installiert, sagt Prorektor Raymund Gmünder. Ein Drahtmaschengitter hält Mäuse von der Plantage fern und ist mit Fallen ausgestattet. Läuft eine Maus den Zaun entlang, gerät sie in eine Lebendfangfalle und kann dort von einem tierischen Räuber herausgefischt werden. Denn nichts kann eine Mäuseplage schliesslich besser lösen als die Natur.

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