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Luzern

Luzerns grösstes Terrassenhaus soll dank Aufstockung noch grösser werden

47 statt wie bisher 28 Wohnungen wird das markante Terrassenhaus im Würzenbach-Quartier nach der Totalsanierung enthalten. Weil es zu einem schützenswerten Ensemble gehört, ist die Bauherrschaft nicht völlig frei.
Es grünt so grün auf den Terrassen an der Würzenbachstrasse 17. (Bild: Manuela Jans-Koch (Luzern, 15. Mai 2020))
(Bild: Manuela Jans-Koch (Luzern, 15. Mai 2020))
(Visualisierung: PD/gzp Architekten)
(Bild: Manuela Jans-Koch (Luzern, 15. Mai 2020))
(Bild: PD)
(Bild: PD)

Roman Hodel

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Roman Hodel

Ausladende Terrassen bei Wohngebäuden sind ein Markenzeichen des 2018 verstorbenen, bekannten Luzerner Architekten Joseph Gasser. Ein markantes Beispiel ist das Wohnhaus Würzenbachstrasse 17 in Luzern.

27 der 28 Wohnungen verfügen über grosse Terrassen, welche die ganze Fassade einnehmen. Der von 1976 bis 1979 erstellte Komplex ist allerdings in die Jahre gekommen und hat eine Sanierung nötig. Eine solche ist gemäss eines Baugesuchs, das zurzeit öffentlich aufliegt, nun geplant.

Die Eigentümerin Reel Immobilien AG will das fünfstöckige Terrassenhaus bis auf den Rohbau zurückbauen. Danach werden Gebäudehülle und -technik dem heutigen Standard angepasst. Und es folgt eine Aufstockung um zwei Etagen, wie die Bauprofile zeigen:

Und so soll sich das Gebäude von der Schädrütistrasse her nachher präsentieren:

Die Aufstockung wird aus statischen Gründen zwar in Holz ausgeführt, doch die für das Gebäude typischen vertikalen Rippen und die Balkonbrüstungen...

...sollen bis ins oberste Stockwerk weitergeführt werden. So behält das Haus seinen Charakter – was die Stadtbaukommission begrüsst. Denn es ist zwar nicht im Bauinventar eingetragen, lediglich dokumentiert – aber zählt zum architekturhistorisch und städtebaulich einzigartigen Ensemble rund um die St. Johanneskirche. «Deshalb müssen Veränderungen mit besonderer Sorgfalt ausgeführt werden», sagt Stadtarchitekt Jürg Rehsteiner. Das Terrassenhaus selber verfüge ausserdem über charakteristische Merkmale, die vom US-amerikanischen Architekten Frank Llyod Wright geprägt sind – Gasser war ein grosser Bewunderer von ihm. Dazu zählen beispielsweise die schrägen Balkonbrüstungen, die mit einem ornamentalen Motiv «laufende Hunde» verziert sind. «Ferner ist der Bau hervorragend in die anspruchsvolle Topografie gesetzt und harmonisiert bestens mit der benachbarten Kirche, dem Schulhaus und dessen Baumbestand», so Rehsteiner.

Laut Luzi Andreas Meyer, Mitinhaber von gzp Architekten Luzern, erfordert ein solches Sanierungsprojekt viel Fingerspitzengefühl:

«Wir haben uns mit der Philosophie des Architekten intensiv auseinander gesetzt.»

Zwar habe sein Büro schon viele Häuser etwa in der Neu- oder Altstadt saniert. «Doch ein Gebäude aus den 1970er Jahren mit einer solch prägnanten Struktur hatten wir noch nie.» Damit spricht er etwa die die schlauchartigen Räume an, die auf die grossen Terrassen zuführen.

«Spannend ist zudem, dass wir an diesem Gebäude weiterbauen dürfen – bei inventarisierten Gebäuden ist dies oft gar nicht möglich», so Meyer.

Sanierungspläne schmiedet die Reel Immobilien schon seit Längerem. Bereits 2014 gewannen gzp Architekten den entsprechenden Wettbewerb. Danach geschah lange nichts. «Wir mussten die Sanierung und Ergänzung unserer Wohnüberbauung Triangel gegenüber dem Terrassenhaus vorziehen», sagt Reel-Geschäftsführer Felix Egle. Die beiden bestehenden Häuser dort stammen ebenfalls von Architekt Joseph Gasser. Eines davon ist ab Juni bezugsbereit und der Neubau ab Oktober.

Die Bewohner des Terrassenhauses wurden Anfang diese Jahr über die geplante Sanierung informiert. Weil es sich um eine Totalsanierung handelt, müssen alle Mieter raus. Wann ist noch offen. Egle betont: «Ab bewilligtem Bauprojekt werden sie mindestens ein Jahr Zeit haben, um eine neue Wohnung zu finden.» Nach dem Umbau wird das Gebäude 47 statt wie bisher 28 Wohnungen zählen, die Hälfte davon mit 2,5 Zimmern. Hierfür werden fast alle Maisonette-Wohnungen aufgeteilt. «Im Quartier fehlt es an Kleinwohnungen», begründet Egle und ergänzt:

«Dabei würden viele ältere Würzenbächler gerne hier wohnen bleiben, doch was sollen sie in einer zu gross gewordenen Familienwohnung?»

Allerdings muss es dann auch ins Budget passen. Für ein Preisbeispiel sei es noch zu früh, aber die Mietzinse werden laut Egle «im mittleren Preissegment» liegen: «Dafür bieten wir einen hohen Standard an einer bevorzugte Wohnlage mit toller Aussicht.» Letzteres zumindest so lange das zweistöckige Einkaufszentrum vor dem Terrassenhaus, das der Wespi GmbH gehört, nicht aufgestockt wird. Konkrete Pläne existieren zwar nicht. Doch Egle sagt: «Es gibt diesbezüglich Überlegungen, schliesslich ist es im Sinne der Raumplanung, dass wir die Quartiere verdichten.»

Ursprünglich war ein Grand-Hotel mit 200 Zimmern geplant

Auf dem Areal, wo das Terrassenhaus steht, hatte Hans Lustenberger, der Grossvater von Reel-Geschäftsführer Felix Egle – bis in die 1950er Jahre seinen Bauernhof betrieben – hier eine Aufnahme von 1921:

Hans Lustenberger und sein Bruder Alois waren massgeblich an der Entwicklung des Würzenbach-Quartiers beteiligt. Viele Mehrfamilienhäuser gehören heute noch der Familie, respektive der Reel Immobilien AG. Wichtig war den Brüdern, dass auf ihrem Land nicht nur Wohnhäuser entstehen, sondern auch ein Quartierzentrum mit öffentlichen Einrichtungen. Zu diesem Zweck verkauften sie im Vorderwürzenbach Land an die katholische Kirche (St.-Johannes-Kirche, eröffnet 1970) und an die Stadt (Schulhaus Schädrüti, eröffnet 1973).

Als krönender Abschluss war daneben ein Grand-Hotel mit 200 Zimmern mitsamt einer Siedlung aus Bungalow-Häusern vorgesehen. So hätte das Ganze laut einem Modell aussehen sollen:

Weil aber Zweifel an der Rentabilität aufkamen, geriet das Projekt ins Stocken, wie in der Quartierchronik «Der See, der Bach, die Bütten» nachzulesen ist. Stattdessen schwenkten die Brüder Lustenberger auf ein Terrassenhaus und ein kleines Einkaufszentrum um. Letzteres wurde von Peter Wespi, dem Schwiegersohn von Alois Lustenberger, realisiert und 1977 als Perry-Markt eröffnet. Der Bezug der Wohnungen im Terrassenhaus folgte zwei Jahre später, als Bauherrschaft fungierten die Nachkommen von Hans Lustenberger.

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