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Luzern

Luzerns grösstes Reformprojekt droht zu scheitern – doch eine Verschiebung könnte es retten

Politreporter Lukas Nussbaumer begründet, warum die Luzerner Aufgaben- und Finanzreform besser zu einem späteren Zeitpunkt beraten werden soll.
Lukas Nussbaumer
Bild: Pius Amrein

Lukas Nussbaumer

Das grösste Reformprojekt des Kantons Luzern seit zehn Jahren droht zu scheitern. Gleich drei kantonsrätliche Kommissionen wollen die Aufgaben- und Finanzreform (AFR) 2018 entweder zurückweisen oder verlangen eine Verschiebung der Beratungen im Parlament. Wer den steinigen Weg des vor mehr als drei Jahren in Angriff genommenen Projekts nachverfolgt, kann die grosse Skepsis gut verstehen.

Strittig bei der AFR 18, mit der Aufgaben zwischen dem Kanton und den Gemeinden in der Höhe von 200 Millionen Franken verschoben werden sollen, sind aber nicht etwa die Kernpunkte. Sowohl die Übernahme der Kosten im Wasserbau von 20 Millionen durch den Kanton als auch der neue Kostenteiler bei der Volksschulbildung, der den Kanton um 160 Millionen zusätzlich belastet, haben solide Mehrheiten.

Umstritten: Verknüpfung mit Steuerreformen

Das Problem ist die Verknüpfung der Reform mit der Steuervorlage des Bundes und der kantonalen Steuergesetzrevision. Obwohl beide Steuergeschäfte noch nicht unter Dach und Fach sind, hat die Regierung die Erträge (oder Teile) daraus in der AFR 18 einberechnet. Das Luzerner Stimmvolk soll gemäss dem Plan der Regierung also im Mai 2019 über die AFR 18 befinden – ohne zu wissen, ob die Steuervorlage des Bundes eine Mehrheit findet und wie die kantonale Steuergesetzgebung angepasst wird. Das erhöht die Chancen für ein Ja des Volks zur Reform, die von der bürgerlichen Mehrheit des Kantonsrats im Kern akzeptiert ist, nicht gerade.

Vor diesem Hintergrund ist der Antrag der Kommission für Wirtschaft und Abgaben, die AFR 18 an die Regierung zurückzuweisen und dem Kantonsrat zusammen mit der kantonalen Steuergesetzrevision zu unterbreiten, verständlich. Die Forderung, mit der Beratung der AFR 18 zuzuwarten, bis die Steuergesetzrevision abgewickelt ist, entspricht jener, die in der Vernehmlassung mehrfach gestellt wurde. Auch das ist nachvollziehbar: SVP und FDP sowie die Wirtschaftsverbände haben wiederholt betont, sie würden die vorgesehene Erhöhung der Firmengewinn- und Vermögenssteuern bekämpfen, notfalls mit dem Referendum.

Gibt es eine Sondersession?

Folgt der Kantonsrat in der Session vom 3. Dezember der Kommission, ist das gleichbedeutend mit einer Verzögerung der AFR 18. Das wiederum würde das geplante Inkrafttreten auf 2020 hin wohl verunmöglichen und dem Kanton ein Loch von etwa 20 Millionen Franken in die Kasse reissen. Ausser, erstens: Die Regierung macht ihre Drohung, die Verknüpfung der AFR 18 mit der Steuergesetzrevision brauche zwei Monate Zeit, nicht wahr. Ausser, zweitens: Das Parlament schiebt nach der Mai-Abstimmung, also noch in seiner alten Zusammensetzung, eine Sondersession ein. Und ausser, drittens: Die Gemeinden erhalten im Juni provisorische und nicht bereits definitive Verfügungen über die Höhe des Finanzausgleichs, was ihnen etwa drei Monate zumutbare Planungsunsicherheit bescheren würde.

Die bessere Lösung wäre jedoch eine Verschiebung des Pakets um ein Jahr. Entscheidet sich der Kantonsrat dafür, käme auch das keiner Überraschung gleich: Der enge Zeitplan der Regierung wurde in der Vernehmlassung und auch nach der Präsentation der überarbeiteten Vorlage vor drei Wochen von allen Seiten entweder hart kritisiert oder zumindest stark in Frage gestellt. Zu Recht: Eine seriöse Vorberatung dieses hochkomplexen Geschäfts mit all seinen Verknüpfungen braucht Zeit. Zeit, die vor allem jene Parlamentarier benötigen, die sich nicht in erster Linie der Finanzpolitik widmen.

Mögliche Lösung: Schuldenbremse lockern

Das Unschöne an einer Verschiebung wären die Diskussionen darüber, wie der Kanton das 20-Millionen-Loch in seiner Kasse stopfen soll. Der mächtige Verband der Luzerner Gemeinden, der sich wie die Regierung für ein Durchpeitschen der AFR 18 einsetzt, warnt denn auch bereits eindringlich davor, diese Summe den Gemeinden aufzubürden. Wie der klamme Kanton den fehlenden Betrag ohne die Unterstützung der finanziell gut dastehenden Kommunen kompensieren soll, weiss derzeit niemand.

Es käme jedoch einem Armutszeugnis gleich, wenn Regierung und Parlament den 3,7 Milliarden Franken schweren Haushalt nicht um ein halbes Prozent verändern könnten. Eine mögliche Lösung wäre auch, die Schuldenbremse erneut etwas zu lockern. Dies im Wissen darum, dass der Kanton Luzern ab 2024 massiv mehr Geld aus dem nationalen Finanzausgleich erhält. Gemäss der Steuervorlage des Bundes sind es pro Jahr über 90 Millionen Franken zusätzlich – vorausgesetzt natürlich, die Vorlage wird angenommen. Ein möglicher Geldsegen, der in all den Diskussionen über die AFR 18 bis jetzt von der Regierung nicht erwähnt wurde.

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