Simon Mathis und Jérôme Martinu
Simon Mathis und Jérôme Martinu
Pro: Es braucht mehr Veloabstellplätze am Bahnhof
Ja, es ist ein stolzer Betrag, der die unterirdische Velostation an der Luzerner Bahnhofstrasse kosten soll: Rund 19 Millionen Franken will der Stadtrat in Bau, Betrieb und Unterhalt investieren. Vorgesehen sind zunächst 1200 Veloabstellplätze, später könnten es bis 1500 sein. Das Preisschild lässt einige Bürgerinnen und Bürger leer schlucken. Dennoch ist ein Ja für die Velostation vernünftig – und das Kosten-Nutzen-Verhältnis vertretbar.
Das Projekt muss als Investition in die Zukunft betrachtet werden. Der Veloverkehr in der Stadt Luzern hat in den vergangenen Jahren markant zugenommen. Deshalb ist es konsequent, wenn der Stadtrat die Zahl der Veloplätze am Bahnhof bis 2035 mehr als verdoppeln will: von ungefähr 3200 auf 7000. Diese Strategie stützt einen Mobilitätstrend, der vor allem aus Gründen des Klimaschutzes sehr zu begrüssen ist. Da sich die Station besonders an Pendler richtet, fördert sie auch den ÖV und entlastet die Strassen. Indirekt profitieren also auch Autofahrende – und Fussgängerinnen und Fussgänger, da die Bahnhofstrasse entrümpelt wird.
Mobilitätsdirektor Adrian Borgula (Grüne) betonte gegenüber unserer Zeitung, dass es zum Standort Bahnhofstrasse keine Alternative gebe, 14 andere geprüfte Standorte hätten sich als unrealistisch erwiesen. Wenn das Vorhaben scheitert, droht also ein noch stärkerer Velowildwuchs. Schon jetzt sind die Abstellflächen in Bahnhofsnähe teils zum Bersten voll. Und während des Baus des Durchgangsbahnhofs fallen viele davon weg. Darauf zu hoffen, dass sich später dann schon eine günstigere Lösung ergibt, wirkt blauäugig.
Wir müssen uns vom hehren Traum verabschieden, dass Veloinfrastruktur grundsätzlich kostengünstig ist. Zwar wird die Stadtluzerner Velostation teurer als etwa jene in Sursee. Doch die Baubedingungen in Luzern gestalten sich nun einmal wesentlich schwieriger. Die Exekutive kann die Werkleitungen und die Seenähe nicht einfach wegzaubern.
Wer glaubt, die Velostation würde kaum genutzt, malt schwarz. Weshalb würde jemand lieber oben an der Ampel warten, als über eine Rampe direkt in den Bahnhof zu fahren? Zudem wird die Nutzung in den ersten zwei Jahren kostenlos sein – und eine Bewirtschaftung nur teilweise eingeführt.
Um am Bahnhof weitere Veloplätze zu schaffen, werden Stadt, Kanton und SBB an einem Strang ziehen müssen. Ein Ja zur Velostation wäre ein starker Startschuss für dieses Unterfangen, das durch den geplanten Durchgangsbahnhof nur noch an Wichtigkeit gewinnen wird.
Contra: Falscher Ort, falsches Konzept und viel zu teuer
Keine Frage, das Velo bietet als urbanes Nahverkehrsmittel viele Vorteile. Klar ist, dass aufgrund des steigenden Anteils der Zweiräder und wegen der städtischen Strategie zur Förderung des Langsamverkehrs der Bedarf an innerstädtischen Abstellplätzen steigen wird. So sinnvoll die Luzerner Veloförderung – gerade auch klimapolitisch – insgesamt auch sein mag, im Fall der geplanten unterirdischen Velostation ist sie nur eines: komplett unverhältnismässig bei Kosten und Nutzen.
Der Steigerungslauf ist erschreckend: Zunächst ausgehend von 11 Millionen Franken sind die Kosten für Bau und Betrieb auf 19,3 Millionen angewachsen. Nicht zu vergessen: Die 2 Millionen für die Projektierung sind darin nicht einmal enthalten. Das «U-Veloparking» kostet also insgesamt gar 21,3 Millionen – alles mit Volksvermögen zu bezahlen.
Die hohen Baukosten, so die Befürworter, seien «legitim, besonders im Verhältnis zu dem, was in den letzten Jahrzehnten in die Infrastruktur für Autos, also Strassen oder Parkhäuser, investiert worden ist». Das ist faktisch falsch und politisch höchst unfair: Die Parkhäuser sind nicht mit Steuergeld gebaut worden. Ja, die Stadtkasse profitiert sogar von ihnen, dank Baurechtszinsen und Aktienanteilen. Es wäre keine Überraschung, würden die Baukosten letztlich gar höher ausfallen. Denn die Velostation soll auf schwierigem Baugrund entstehen: direkt an der Reuss, mitten im Grundwasser, ein Untergrund voller Werkleitungen und angrenzende Gebäude mit komplexer Statik.
Dass die Bahnhofstrasse der einzig taugliche Standort sei, ist zu bezweifeln. Denn die «Bestvariante» bringt für Velopendler im Vergleich zu heute keinen Zeitgewinn auf dem Weg zu den Perrons. Ineffizient ist auch, dass rund um den Bahnhof insgesamt gar nicht mehr Abstellplätze entstehen. Nicht einmal der Wegfall aus dem Bau Durchgangsbahnhof kann aufgefangen werden.
Das unterirdische Parking widerspricht diametral dem ureigenen Vorteil des Velos: unkompliziert und rasch ganz nah ans Ziel zu kommen. In Veloförderungszeiten ist es darum auch recht absurd, dass der Stadtrat die Bahnhofstrasse oberirdisch nahezu komplett von Zweirädern befreien will – zumal er kaum kein Parkverbot wird durchsetzen können. Das freie Abstellen ist laut Bundesrecht explizit erlaubt.
Ganz wichtig in der Gesamtsicht: Die Stadtluzerner Veloförderung steht und fällt in keiner Art und Weise mit dem Bau dieser überteuerten und ineffizienten Velostation. Und wer allein aus ökologischer Überzeugung etwas anderes behauptet, der macht sich sachpolitisch unglaubwürdig.