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Luzern

Luzerner Stadtrat will autofreie Bahnhofstrasse schon ab Ostern – Kantonalbank droht mit Beschwerde

Der Luzerner Stadtrat will die Bahnhofstrasse offenbar doch schon diesen Frühling für den Verkehr sperren. Das sorgt für harsche Kritik.
Die Bahnhofstrasse im Bereich des Luzerner Theaters: Hier soll künftig ein Fahrverbot gelten. (Bild: Pius Amrein, 4. Januar 2019)

Robert Knobel

Robert Knobel

Robert Knobel

2013 haben die Stadtluzerner Stimmberechtigten Ja gesagt zur Initiative «attraktive Bahnhofstrasse». Damit verbunden war auch die Absicht, die Strasse möglichst verkehrsfrei zu halten. Ab Karfreitag, 19. April 2019 soll dieser Wunsch nun umgesetzt werden – zumindest auf dem Abschnitt zwischen Theater und Seidenhofstrasse. Das verlangt das Stadtparlament. Kurz vor Weihnachten hatte es einen Vorstoss der Linken überwiesen (wir berichteten).

Der Stadtrat argumentierte damals, dass sich die Strassensperrung nicht einfach so spontan realisieren lasse. So brauche es etwa eine Anpassung der Kreuzung Winkelried-/Pilatusstrasse, weil diese künftig mehr Verkehr schlucken muss. «Das wird sehr schwierig, diese Forderung umzusetzen», sagte Stadtrat Adrian Borgula während der Ratsdebatte – allein schon deshalb, weil die Stadt wegen des budgetlosen Zustands gar keine baulichen Massnahmen realisieren könne.

Doch inzwischen tönt es ganz anders. «Wir setzen alles daran, diesen politischen Auftrag termingerecht zu erfüllen», sagt Dario Buddeke, Projektleiter im Luzerner Tiefbauamt.

Knackpunkt Parkhaus Kantonalbank

Doch gegen die Pläne regt sich Widerstand: «Wenn der Stadtrat die Bahnhofstrasse per Ostern sperren will ohne die Anpassungen der Verkehrsführung, welche bei der Simulation als zwingend notwendig erkannt wurden, werden wir Beschwerde einreichen», sagt Daniel von Arx, Sprecher der Luzerner Kantonalbank (LUKB). Die Kantonalbank besitzt das gleichnamige Parkhaus unter dem LUKB-Hauptsitz. Wer von dort Richtung Seebrücke oder zum Bahnhof gelangen will, kann heute über die Bahnhofstrasse fahren. Wird diese für den Verkehr gesperrt, so führt der Weg zur Seebrücke neu über die Winkelried- und Pilatusstrasse (siehe folgende Grafik):

Wer vom Kantonalbank-Parking zum Bahnhof will, muss sogar einen Umweg über den Bundesplatz in Kauf nehmen:

Entsprechend wird der Verkehr auf den umliegenden Strassen zunehmen. Eine Simulation der Stadt Luzern aus dem Jahr 2015 zeigte, dass die Pilatusstrasse in Spitzenzeiten am Abend 100 zusätzliche Fahrzeuge pro Stunde schlucken muss. Das zeigt folgende Grafik:

Diese Verkehrszunahme ist zwar verkraftbar, erfordert aber wie erwähnt einige bauliche Anpassungen insbesondere im Bereich der Winkelriedstrasse. Zu diesem Schluss kam unter anderem ein von der LUKB beauftragtes Ingenieurbüro, welches die Simulationen der Stadt begleitete. Konkret soll gemäss dem Wunsch der LUKB die Winkelriedstrasse mit einer eigenen Ampel versehen und eventuell sogar zur Einbahn umfunktioniert werden.

Zudem brauche es eine eigene Velospur, und es müsse sichergestellt werden, dass die einfahrenden Autos nicht durch stehende Busse auf der Pilatusstrasse blockiert werden. Eine solch umfassende Umgestaltung der Winkelriedstrasse sei aufgrund der knappen Zeit nicht möglich, sagt hingegen Dario Buddeke. Die Stadt plant als ersten Schritt lediglich die Signalisation eines Rechtsabbiegeverbots von der Winkelried- in die Pilatusstrasse.

Wer vom Parking Kantonalbank Richtung Pilatusplatz will, muss künftig also über die Hirschmattstrasse in die Pilatusstrasse einbiegen (grüne Linie). Die Fahrt Richtung Seebrücke erfolgt wie erwähnt über die Winkelried-/Pilatusstrasse (blaue Linie).

Doch bei der LUKB pocht man auf die baulichen Massnahmen. «Solange diese nicht umgesetzt sind, darf die Bahnhofstrasse auf keinen Fall gesperrt werden», sagt Daniel von Arx. Andernfalls, so die Befürchtung der LUKB, können die Parking-Kunden vor allem in Richtung Seebrücke/Bahnhof nur noch erschwert wegfahren, was zu Spitzenzeiten auch ein Verkehrschaos rund um die LUKB hervorrufen dürfte. Dies wiederum könnte sich negativ auf die Frequenzen der Innenstadt-Geschäfte auswirken. «Unser Parkhaus und seine gute Erreichbarkeit sind ein wichtiger Faktor, dass die Innenstadt attraktiv bleibt», so von Arx.

Ärger bei Wirtschaftsverbänden

Entsprechend ärgern sich auch City Vereinigung und Wirtschaftsverband über die baldige Sperrung der Bahnhofstrasse: «Damit werden all jene vor den Kopf gestossen, welche im partizipativen Verfahren zur Lösungsfindung beim komplexen Projekt Bahnhofstrasse beigetragen haben. Für weitere anstehende Mitwirkungsprozesse ist dies eine denkbar schlechte Voraussetzung», schreiben sie in einer Mitteilung.

SP-Grossstadtrat Nico van der Heiden gehört zu den Verfechtern einer raschen und unkomplizierten Sperrung und glaubt nicht, dass es die von der LUKB geforderten Massnahmen braucht: «Wenn dem so wäre, dann müssten wir ja bereits seit Jahren jeden Samstagmorgen ein totales Verkehrschaos haben». Tatsächlich ist die Bahnhofstrasse samstags jeweils wegen des Markts gesperrt.

Luzerner Theater freut sich auf autofreie Strasse

Vorläufig nicht betroffen von einer allfälligen Sperrung der Bahnhofstrasse ist der Abschnitt zwischen Seidenhofstrasse und Hauptpost. An der Seidenhofstrasse liegt das öffentliche Parkhaus Flora. Im gesperrten Bereich zwischen Theaterstrasse und Seidenhofstrasse liegt überdies eine private Tiefgarage mit über 100 Plätzen. Diese gehört ebenfalls teilweise der Luzerner Kantonalbank. Beide Parkhäuser werden weiterhin über die Bahnhofstrasse erschlossen. Für das Parkhaus Flora ist längerfristig vorgesehen, dass die Ein- und Ausfahrt über die Pilatusstrasse erfolgt. Die private Tiefgarage hingegen kann ausschliesslich über die Bahnhofstrasse erreicht werden, nämlich über eine Einfahrt neben der Confiserie Kurmann.

Die Bahnhofstrasse wird also nie vollständig autofrei sein. Dies auch wegen des Luzerner Theaters, welches auf Anlieferungsmöglichkeiten angewiesen ist. Severin Barmettler, Mediensprecher des Theaters, sagt: «Wichtig ist, dass betrieblich bedingte Zu- und Abfahrten weiterhin möglich sind, um beispielsweise Bühnenbilder zu transportieren.» Auch Taxis sollen weiterhin vor dem Theater halten dürfen. Mit einer sofortigen Sperrung der Bahnhofstrasse hätte das Theater aber kein Problem, wie Barmettler betont. Überhaupt freue man sich darauf: «Eine fröhliche, lebendige Flaniermeile ist Teil unserer Vision eines neuen Theatergebäudes.»

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