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Luzern

Schliessen oder nicht? Uneinigkeit über die Kita-Situation und Luzerner Spital-Kita wird mit Anfragen überhäuft

Ein Verband fordert, Kitas nur noch für Kinder von Eltern mit Gesundheitsberufen zu öffnen. In Luzern kommt diese Idee ganz schlecht an.
Die Small-Foot-Kita in Hochdorf nimmt derzeit auch neue Krippenkinder auf. (Bild: Pius Amrein (18. März 2020))

Evelyne Fischer

In der Kita-Frage herrscht grosse Verwirrung: Zwar dürfen Kinderkrippen gemäss bundesrätlicher Verordnung nur geschlossen werden, wenn die Behörden «andere geeignete Betreuungsangebote» vorsehen. Dennoch haben Kantone wie Wallis, Basel-Stadt oder auch Genf Kinderkrippen stillgelegt.

In der Zentralschweiz bleiben die Kitas offen. «Es braucht ein Betreuungsangebot, um berufstätige Eltern in dieser schwierigen Situation nicht zusätzlich zu belasten», liess sich dazu der Zuger FDP-Regierungsrat Andreas Hostettler am Dienstag in einer Mitteilung zitieren. Gemäss dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) seien Kinder in diesem Alter nicht der Haupttreiber des Corona-Virus. Auch in Luzern verlautete der parteilose Bildungsdirektor Marcel Schwerzmann: «Die Kitas sind gehalten, geöffnet zu bleiben.»

Eine andere Haltung vertritt der VPOD, der Verband des Personals der öffentlichen Dienste. Am Montag teilte er mit, es sei angesichts der geschlossenen Schulen «widersinnig und verantwortungslos, den Betrieb der Kitas weiterzuführen». Es gelte einzig, die Notfallbetreuung für das Personal der Grundversorgungsberufe zu gewährleisten. In einem weiteren Schreiben vom Dienstag forderte der VPOD den Bundesrat und die Kantone auf, den Kitas einen klaren Auftrag zu geben und diesen auch zu finanzieren.

Personalverband moniert Ungleichbehandlung

Christine Flitner, Zentralsekretärin des VPOD, bezeichnet die Kommunikation des BAG auf Anfrage als «widersprüchlich». Der Verband störe sich vor allem an der Ungleichbehandlung zwischen Schulen und Kitas. «Kitas können die empfohlenen Schutzbestimmungen nicht einhalten, die Angestellten sind stark verunsichert. Sollen die Krippen bei der Grundversorgung mithelfen, muss das auch entsprechend finanziell gewürdigt werden.» Krippen hätten eine «extrem dünne Kapitaldecke».

Was ist ihre Meinung?

Über die Äusserungen des VPOD kann Fabian Haindl, Geschäftsleiter der in Luzern ansässigen Small Foot AG, nur den Kopf schütteln. «Das ist schlicht untragbar und absurd.» Die Small-Foot-Gruppe betreibt in den Kantonen Luzern und Zug sowie im Freiamt 23 Krippen. Haindl sagt:

«Für die Wirtschaft und insbesondere das Gesundheitssystem wäre es derzeit fatal, wenn man Kitas schliessen würde.»

Insbesondere gefragt sind Krippenplätze im Spitalumfeld. 2015 hat die Small Foot AG die Kita am Luzerner Kantonsspital übernommen. 83 Plätze umfasst diese derzeit. Dies reiche aber aktuell bei weitem nicht aus, sagt Haindl. Auch weitere Partnerfirmen würden sich zusätzliche Betreuungsplätze wünschen. «An unseren Standorten nehmen wir deshalb aktuell auch spontan Kinder auf, solange pädagogisch und gesetzlich vertretbar und zulässig.»

Freiwilliger Verzicht führt zu zusätzlichen Kapazitäten

Lili Löhrer, welche die Small-Foot-Krippe in Hochdorf leitet, bestätigt: «Mütter und Väter, die im Gesundheitswesen oder im Verkauf arbeiten, sind derzeit besonders stark auf externe Kinderbetreuung angewiesen.» Da ihre 30 Krippenplätze – auch aus strategischen Gründen – nicht ausgelastet seien sowie einige Eltern ihre Kinder zu Hause betreuen und den Krippenplatz explizit freigeben würden, habe man täglich Kapazität für zusätzliche Kinder. «Daraus schlagen wir nun aber nicht Profit», sagt Löhrer.

Die Stimmung im zehnköpfigen Team sei trotz des Corona-Virus positiv. «Ich halte meine Angestellten zum regelmässigen Händewaschen an, auch die Spielsachen werden häufiger gereinigt. Desinfektionsspender gehören bei uns seit jeher zur Infrastruktur.» Noch haben bei der Small-Foot-Gruppe zwar aufgrund der aktuellen Lage keine Eltern den Krippenplatz gekündigt. Haindl stellt aber fest, dass gerade auf dem Land Familien auf den Krippen-Besuch ihrer Schützlinge verzichten.

Stadt Luzern spürt «grosses Pflichtbewusstsein»

Die schweizweit unterschiedliche Umsetzung der Kita-Weisung hat auch bei Monika Hürlimann, Leiterin des Bereichs frühkindliche Bildung und Betreuung bei der Stadt Luzern, zu vielen Telefonaten geführt. «Die Kommunikation rund um die Betreuungsmöglichkeiten sorgt für Verwirrung. Wir spüren aber ein sehr grosses Pflichtbewusstsein und Engagement der Kitas.»

Hürlimann stellt klar: Eltern, die von Betreuungsgutscheinen profitieren, ihre Kinder nun aber zu Hause hüten, würden nicht mit Rückforderungen bestraft. «Schliesslich sind die allermeisten Eltern nach wie vor in einen Vertrag mit der Kita eingebunden und müssen deren Kosten trotzdem bezahlen.»

Kita-Verband warnt vor Ad-hoc-Angeboten

Die heterogene Handhabung der Bundesvorgabe in den Kantonen wird vom Verband Kinderbetreuung Schweiz (Kibesuisse) stark kritisiert. Sprecherin Prisca Mattanza sagt: «Kibesuisse verlangt dringend eine einheitliche Umsetzung.» Es sei zwar sinnvoll, Kinder nach Möglichkeit selber zu hüten, um Betreuungseinrichtungen zu entlasten und die Angebote so mittelfristig aufrechterhalten zu können. «Dieser Verzicht ist aber ein solidarischer Akt, der keinesfalls von der Pflicht befreit, die regulären Elternbeiträge zu bezahlen.» Auf der anderen Seite fürchtet Kibesuisse, dass gewisse Betriebe aufgrund der unklaren Situation Ad-hoc-Angebote mit unausgebildetem Personal aus dem Boden stampfen. Mattanza warnt: «Insbesondere im Frühbereich ist eine Betreuung im gewohnten Umfeld mit vertrauten Bezugspersonen von grosser Wichtigkeit.»

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