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Militär

Luzerner Mitte-Politiker will Änderung bei Wehrpflichtabgabe – mit Unterstützung aller Parteien

Wer an Diabetes oder Hämophilie leidet, darf heute keinen Dienst leisten und muss eine Ersatzabgabe zahlen. Das soll sich ändern, fordert Kantonsrat Daniel Piazza. Luzern soll dafür eine Kantonsinitiative einreichen.

Wer nicht einrücken darf, muss zahlen – das soll sich ändern. 
Bild: Symbolbild: Severin Bigler / AAR

Die Situation ist paradox. Hans Müller* aus einer Luzerner Agglogemeinde will Militär- oder Zivildienst leisten, darf aber nicht. Denn seit Geburt leidet Müller an Hämophilie, auch Bluterkrankheit genannt. Verletzt er sich, stoppt der Blutfluss nicht nach kurzer Zeit.

Obwohl der junge Mann zu 100 Prozent als Schreiner arbeitet und in der Freizeit viel Sport treibt, wurde er als dienstuntauglich erklärt – und hätte Wehrpflichtersatz zahlen müssen. Erst als sich die Hämophilie-Gesellschaft beim Bund beschwerte, wurde Müller von der jährlichen Zahlung von drei Prozent seines steuerpflichtigen Einkommens befreit (wir berichteten).

Dienstwillige mit Geburtsgebrechen sollen nicht mehr zahlen müssen

Männern wie Hans Müller, die etwa auch an Diabetes leiden, möchte Daniel Piazza helfen. Der Mitte-Kantonsrat aus Malters fordert, dass dienstwillige Personen mit Geburtsgebrechen von der Wehrpflichtersatzabgabe befreit werden. Zwar fand ein ähnlicher Vorstoss Piazzas im Dezember 2021 keine Mehrheit im Parlament. Damals aber mit der Begründung, dass der Bund dafür zuständig sei.

Mitte-Kantonsrat Daniel Piazza aus Malters.
Bild: Bild: PD

Deshalb doppelt der 44-jährige Unternehmer und Kommunikationsberater nun mit einer Motion nach. Luzern soll in Bundesbern eine Kantonsinitiative einreichen, mit der das Anliegen auf nationaler Ebene behandelt würde.

Wie schon beim letzten Vorstoss haben Piazzas Motion Mitglieder aller anderen Parteien unterschrieben. Die Chance ist also gross, dass sie eine Mehrheit finden wird. Wann das Anliegen beraten wird, ist unklar.

Regierung- und Bundesrat sind dagegen

Die Unterstützung der Regierung hat Piazza nicht. Sie beantragt, die Motion abzulehnen. Das Anliegen würde zu einer Rechtsungleichheit führen. Weil kein Anspruch auf den normalen Militärdienst bestehe, gebe es konsequenterweise auch keinen Anspruch darauf, dass Untaugliche keine Wehrpflichtersatzabgabe bezahlen müssten, wenn sie zwar gerne Dienst leisten würden, jedoch nicht zugelassen werden.

Die Begründung ist für Daniel Piazza nicht stichhaltig. Er sagt:

«Man akzeptiert die Ungerechtigkeit für einen Teil derjenigen, die gerne Dienst leisten würden, aber nicht dürfen. Ich bin überzeugt, dass der Bund ein Gesetz ausarbeiten kann, das für alle Dienstleistenden korrekt und fair ist.»

Mit seiner Argumentation folgt die Regierung jener des Bundesrats. Dieser hatte sich 2020 zum Thema geäussert, als die Freiburger Mitte-Nationalrätin Marie-France Roth Pasquier eine Interpellation eingereichte.

Bund- und Regierungsrat erwähnen beide, dass die Handhabung der Wehrpflicht bereits 2013 fairer ausgestaltet wurde. Wegen eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte wurde ein militärischer Spezialdienst geschaffen. Seither können Personen mit einer Integritätsschädigung von weniger als 40 Prozent unter Umständen als Betriebssoldat ohne Waffe Dienst leisten.

Das allein reicht Daniel Piazza nicht. Er sagt:

«Das System ist nach wie vor ungerecht.»

In Bern haben Kantonsinitiativen allerdings einen schweren Stand. Wenn sie im Kantonsrat eine Mehrheit fände, würde Piazza deshalb auf nationaler Ebene Unterstützung suchen. Und die Direktbetroffenen ins Boot holen, so Piazza – «wer mit ihnen spricht, ist sofort überzeugt, dass es eine Änderung braucht».

*Name der Redaktion bekannt.

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