notifications

Luzerner Kantonsrat versenkt höchst umstrittene Sparmassnahme

Das Parlament stimmt der Änderung des Justizgesetzes und weiterer Gesetze einhellig zu. Allerdings nur, weil die Mehrheit der Parteien bei der einen vorgesehenen Massnahme im Vorfeld ein Machtwort gesprochen hat.
Das Luzerner Kantonsgericht muss bis 2021 rund 700'000 Franken einsparen. (Symbolbild: Pius Amrein (19. Juni 2017))

Mit Blick auf das derzeitige Treiben auf russischem Grün liesse sich über die Debatte des Luzerner Kantonsrats vom Montagvormittag zu geplanten Änderungen beim Kantonsgericht folgende Bilanz ziehen: Das Spiel war schon vor Anpfiff entschieden worden.

Worum gehts? Im Rahmen des Sparprogramms Organisationsentwicklung 2017 ist dem Kantonsgericht auferlegt worden, bis 2021 rund 700'000 Franken einzusparen. Die Geschäftsleitung des Gerichts schlug daher - in Zusammenarbeit mit der Leitung des Arbeitsgerichts - unter anderem vor, die 16-köpfige paritätische Kommission der Schlichtungsbehörde Arbeit abschaffen.

Statt mit einem Richter und zwei paritätischen Kommissionsmitgliedern sollten Schlichtungsverfahren schneller durch Einzelrichter bearbeitet werden. Sparpotenzial: 60'000 Franken. Die Idee fiel in der Vernehmlassung allerdings komplett durch: Nebst allen Verbänden und Parteien – ausser der FDP – beurteilte auch das betroffene Arbeitsgericht den Abbau kritisch.

Einhellige Zustimmung zur Gesetzesanpassung

Die Regierung beantragte dem Kantonsrat in der Folge keine Abschaffung der Schlichtungsbehörde Arbeit mehr. Diese Haltung teilte das Parlament am Montag einstimmig. Die vorgesehene Änderung des Justizgesetzes ist bei der ersten Beratung mit 110 zu 0 Stimmen bei einer Enthaltung durchgewunken worden.

Als fairer Verlierer präsentierte sich dabei der im Ratssaal anwesende Kantonsgerichtspräsident Marius Wiegandt. Er sagte: Angesichts der «grossen politischen Opposition» sei es «aussichtslos», an der Sparmassnahme festzuhalten. Nur zwei weitere Kantone hätten heute noch eine solche Schlichtungsbehörde. «In Luzern ist dies offenbar ein Produkt, das man sich leisten will.» Wo das Gericht die 60'000 Franken nun einspare, sei ihm «ein grosses Rätsel. Aber wir arbeiten daran.» Das Kantonsgericht könne nicht abbauen, nur umbauen.

Mehreinnahmen von 15'000 Franken jährlich

Welche Anpassungen bleiben damit übrig? Solche, die Mehreinnahmen von maximal 15'000 Franken jährlich bringen dürften: Eingeführt werden soll per 1. Januar 2019 unter anderem die Nachzahlungspflicht der unentgeltlichen Rechtspflege in Verwaltungsverfahren, wie sie auch Schwyz, Ob- und Nidwalden kennen: Wer nicht über die nötigen finanziellen Mittel verfügt, hat in einem Schlichtungsverfahren Anspruch auf Rechtsbeistand. Verbessert sich die wirtschaftliche Situation, hat die Verfahrenspartei nebst den Anwaltskosten künftig auch amtliche Kosten zurückzuzahlen.

Hans Stutz, Kantonsrat der Grünen aus der Stadt Luzern, beantragte die Streichung dieser Änderung. Während Vermögende in der Vergangenheit zahlreiche Erleichterungen erhalten hätten, «macht man unten die Hand auf und will Geld einziehen». Der Antrag wurde mit 86 zu 19 Stimmen klar abgelehnt. Unterstützt wurde Stutz einzig von der SP: Wie Peter Fässler (Kriens) ausführte, frage sich seine Fraktion, ob es sich lohnt, für die wohl bescheidene Summe so viele Personalressourcen des Gerichts zu beanspruchen.

Die Gesetzesänderung erweitert ferner die Kompetenzen für Einzelrichter, womit Verfahren rascher erledigt werden dürften.
Neu beurteilt werden zudem die Kostenfolgen im Kindes- und Erwachsenenschutz: Das Gericht kann die Verfahrenskosten neu unabhängig von Obsiegen und Unterliegen der Parteien nach Ermessen verteilen.

Kommentare (0)