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Luzerner Handelsschulen verlieren wegen der Coronakrise potenzielle Schüler – Schulleiter nehmen Stellung

Sie bangen um den Arbeitsplatz und zögern bei der Weiterbildung: Für die kommenden Kursbeginne in Handelsschulen melden sich zurzeit massiv weniger Personen an als noch in den Vorjahren. Doch nicht alle Bildungsinstitute sind gleich stark betroffen.
Lukas Keiser. (Bild: PD)
Schüler an der Seitz Handelsschule Luzern. (zVg)

Livia Fischer

Livia Fischer

Sie ist die grösste Handelsschule der Zentralschweiz, doch nun harzt es gewaltig. Der Seitz Handels- und Kaderschule fehlen die Interessenten –oder zumindest ein grosser Teil. «Im Vergleich zum Juni 2019 sind bis jetzt gerade einmal halb so viele Anmeldungen für die Handelsschule eingegangen», sagt Schulleiter Lukas Keiser. Konkrete Zahlen kommuniziert er keine.

Warum die Anmeldezahlen so tief sind, darüber kann Keiser nur spekulieren. Er ist sich aber ziemlich sicher: Es hat mit der Coronakrise zu tun. Viele Handelsschüler kämen aus handwerklichen Berufen oder arbeiten im Detailhandel. «Ich vermute, dass sie nun besonders stark von Kurzarbeit betroffen und darum unsicher sind, ob sie ihre Stelle behalten können», sagt Keiser. Ein weiteres Hindernis: Viele Interessenten fragten sich, ob sie nach der Weiterbildung überhaupt eine Chance hätten, im kaufmännischen Bereich einzusteigen.

Trotz Corona sieht Zukunft vielversprechend aus

Keiser versteht die Ängste, ist aber überzeugt: Bildung kann bei der Bewältigung einer Krise helfen. «Gerade wenn ebenso viel Unsicherheit herrscht, ist es wichtig, dass man die Zeit nutzt, um sich besser zu positionieren. Dann kann man gestärkt aus der Krise gehen und richtig durchstarten.» Dies sei auch im Hinblick auf die wirtschaftlich schwierige Lage wichtig.

Der Schulleiter macht sich Sorgen. «Nicht nur um uns, unsere Schule gerät deswegen nicht in existenzielle Nöte, sondern um die gesamte Bildungslandschaft und um einen Mangel an Kaufleuten nach der Krise.» Denn jetzt habe es vielleicht weniger Arbeitsplätze, aber wenn sich die Wirtschaft erholt habe, gebe es wieder einen Schub mit neuen Stellen.

«Und dann braucht es genau diese Leute. Wenn sie sich jetzt nicht weiterbilden, besteht das Risiko, dass sie zum gegebenen Zeitpunkt nicht bereit dafür sind.»

Schwarzmalerei ist aber fehl am Platz. Aktuell führt Keiser viele Beratungsgespräche, und mit der allmählich beruhigten Lage treffen nun auch wieder vermehrt Anmeldungen ein. «Man macht sich jetzt nicht mehr nur Gedanken zur Existenz, sondern auch wieder über die Zukunft.» Semesterbeginn ist Ende August, bis dahin kann man sich noch für die Kurse einschreiben. «Vorausgesetzt, es kommt nicht zu einer zweiten Welle, wird bis dahin bestimmt noch einiges gehen», so Keiser. Dass die Seitz Handelsschule die Vorjahreszahl wieder erreichen kann, denkt er dennoch nicht.

Weiterbildungsinstitute schalten mehr Werbung als üblich

Für jene, die sich für die Handelsschule entscheiden, gibt es zumindest schulisch eine Absicherung: Die Seitz Handelsschule hat für den Schulstart im August eine Durchführungsgarantie ausgesprochen. Zudem wollen die Verantwortlichen Zwischenzertifikate einführen – so können sich die Handelsschüler schon früher bewerben – und ein Bewerbungscoaching als zusätzliche Unterstützung wegen der Coronakrise anbieten. Keiser hofft, dass die Schüler dadurch einen Wettbewerbsvorteil haben.

Mittels fleissiger Werbung auf den sozialen Medien versucht die Seitz Schule, nun noch mehr potenzielle Lernende anzulocken. Und sie sind nicht die Einzigen, die auf viel Werbung setzen. «Ich sehe derzeit viele Plakate von anderen Weiterbildungsinstituten. Ein Indikator, dass es in der gesamten Branchen nicht so läuft, wie man will», meint Keiser.

Während etwa die Höheren Fachschulen für Wirtschaft oder Tourismus in Luzern kaum von einem Rückgang der Anmeldungen betroffen sind, bestätigt Thomas Strub von der Bénédict-Schule Luzern diesen Verdacht. «Bis im Mai hatten wir für all unsere Lehrgänge sehr wenige Anfragen», sagt der Schulleiter der Privatschule und führt dies ebenfalls auf die Coronakrise zurück. Die Interessenten seien zurückhaltender geworden; besonders aber jene der Handelsschule. Das Resultat: um die 40 Prozent weniger Anmeldungen. Konkrete Zahlen will auch Strub keine nennen.

So ähnlich ernüchternd das Ergebnis der Seitz- und Bénédict-Schulen ist, so ähnlich hoffnungsvoll sind die beiden Schulleiter. «Ich bin sehr positiv eingestellt. Bildung ist und bleibt zentral», betont Strub. Seine Zukunftsprognose sieht jener von Keiser ähnlich:

«Ob wir den Verlust bis zum Semesterbeginn wieder wettmachen können, ist fraglich. Aber ich kann mir vorstellen, dass viele jetzt zuerst mal abwarten, wie die Situation nach den Sommerferien aussieht.»

Die Unsicherheit der potenziellen Schüler war laut CEO Heinz Sommer auch bei der HSO Wirtschafts- und Informatikschule Luzern spürbar, jedoch nicht folgenreich. So haben sich die Anmeldezahlen für die Handelsschule bei der HSO bis zum jetzigen Zeitpunkt «weitestgehend wieder auf dem Vorjahresniveau eingependelt» – trotz Sorgen der Interessenten um ihren Arbeitsplatz und deren Angst vor einem coronabedingten Abbruch der Weiterbildung.

Sommer glaubt, den Grund dafür zu kennen. Einerseits kämen viele Handelsschulinteressenten aufgrund von Empfehlungen bereits bestehender Schüler zu ihnen. Andererseits habe sich die Handelsschule der HSO während der Coronakrise von der Konkurrenz abheben können, da sie schon vor drei Jahren digitale Unterrichtsformen eingeführt habe. Und: «Da wir vierteljährlich einen Kursbeginn anbieten, sind wir zudem in der Lage, auch mit kleineren Klassen zu starten und zu einem früheren Zeitpunkt die Durchführung zu garantieren.»

Der Standort Luzern der Handels- und Berufsmaturitätsschule Minerva bietet zwar keinen berufsbegleitenden Lehrgang für das Handelsdiplom VSH an, jedoch lassen sich auch hier einige Erwachsene in der Vollzeitausbildung umschulen und schliessen ihre kaufmännische Ausbildung mit dem eidgenössischen Fähigkeitszeugnis ab oder holen die Berufsmaturität nach.

«Sowohl besorgte Eltern als auch Erwachsene auf der Suche nach einer Zweitausbildung kommen für Beratungsgespräche zu uns. Ihnen stellt sich die Frage, ob sie die Kosten trotz beruflicher Unsicherheiten tragen können», erzählt Standortleiter Marco Julita. Die Sorgen scheinen sie jedoch nicht davon abzuhalten, sich für die Ausbildung anzumelden. Denn bis jetzt hat die Minerva gleich viele Anmeldungen wie vor einem Jahr. Doch auch hier gilt: Abwarten, was bis nach den Sommerferien noch passiert.

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